Georg Lange

Vor der Glastüre stapeln sich die Stiefel. Im Eingangsbereich bittet Johanna Krämer die Gäste, die Schuhe auszuziehen. Die Pfälzerin lebt in Radolfzell und übernimmt bei den Naturschutztagen den Wachdienst in der Turnhalle der Tegginger Schule. Rund 50 Gäste meldeten sich beim diesjährigen Veranstalter Naturschutzbund (Nabu) für eine Übernachtung in der Turnhalle an. Vornehmlich wegen des günstigen Preises. Für die drei Nächte bezahlen die Übernachtungsgäste einen Betrag von 7,50 Euro. Mit diesem werden die Kosten für Heizung und Wasser gedeckt. Johanna Krämer ist eine Art Consierge und öffnet den Gästen ab 17.30 Uhr die Pforten. Sobald der erste Besucher zu schlafen wünscht, löscht sie die Lichter in der Turnhalle.

Seit drei Jahren kommt Jakob Jungwirth zu den Radolfzeller Naturschutztagen. Zum ersten Mal übernachtet der 14-Jährige in der Turnhalle der Grund- und Werkrealschule. Seine Eltern übernachten während den Naturschutztagen in einem Radolfzeller Hotel. Sie erlaubten ihm mit seiner acht Jahre älteren Schwester, gemeinsam in der Turnhalle zu übernachten. "Ich will nicht unnötig Geld für mich ausgeben", so das Motiv des Schülers. Die spartanische Übernachtung in der Halle auf Isomatte und im Schlafsack betrachtet er als konsequente Fortführung seines Umweltgedankens: Man zahle nicht nur einen Beitrag, sondern überwindet sich auch, ohne großen Komfort zu schlafen. "So wenig Müll wie möglich machen", so sein Credo. Und dazu gehöre auch eine Übernachtung in der Turnhalle anstelle von einer in einem Hotel. Jacob Jungwirth ist genügsam und das Übernachten auf hartem Boden gewohnt.

Er geht gerne wandern und übernachtet dabei auch eine Woche lang auf einer Isomatte. Die erste Nacht in der Turnhalle endete um sieben Uhr mit einem Rascheln. Nach und nach standen die Übernachtungsgäste auf. Für die Besucher stehen in der oberen Etage Umkleidekabinen und Duschen zur Verfügung. Zum Frühstücken geht er in das Café im Milchwerk oder in die nahe gelegene Bäckerei.

Anna, Marlene, Patricia und Simon machen ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ). Kennen gelernt hatten sich die 18- bis 19-Jährigen auf Seminaren für das FÖJ, die von der Diözese Rothenburg Stuttgart organisiert werden. Bei den Radolfzeller Naturschutztagen sind sie zum ersten Mal dabei. Und sie sind sich einig, dass es keine Alternative für die Turnhalle gegeben habe. Der Preis sei für sie bezahlbar. Das erste Frühstück fiel für die Jugendlichen aus. Auf den Schlafmatten stapeln sich in einer Rolle Kekse, die den kleinen Hunger stillem. Am zweiten Abend sind sie dann gemeinsam in einem Imbiss essen gegangen.

Anna begreift die Naturschutztage als eine Fortbildung. Ihr FÖJ macht sie gemeinsam mit Patricia in Tübingen in einem Ökomobil. Das rollende Labor vermittelt auf Anfrage den Gedanken des Naturschutzes. Spielerisch leiten sie die Kinder im Ökomobil an und unterstützen sie bei ihren Exkursionen. Marlene und Simon machen ihr FÖJ im Naturschutz-Zentrum in Wilhelmsdorf bei Ravensburg. Während der Naturschutztage betreuen sie einen eigenen Stand. Simon zeigt sich nicht nur an den Naturschutz-Trends interessiert, sondern auch an der Wissensvermittlung am Stand sowie an der Kunst, Menschen zum Besuch im Naturschutz-Zentrum anzuregen.

Mit Patricia war er bei einer Exkursion im Wollmatinger Ried. Patricia schätzt bei den Naturschutztagen die geführten Exkursionen, die sie alleine nicht machen würde. Spannend fand sie den Vortrag über die Fledermäuse und ihren Kampf mit den Windkraftanlagen: er habe das Spannungsfeld gezeigt, das zwischen Naturschutz einerseits und dem Streben nach einer Energiewende bestehe.

Zur Tagung

Die Naturschutztage sind die größte Fachmesse im deutschsprachigen Raum und werden im Wechsel vom BUND und Naturschutzbund veranstaltet. Bei den Naturschutztagen treffen sich viele Jugendliche, die Spaß haben, Ideen im Natur- und Umweltschutz umzusetzen. Im Jugendraum gab es täglich Aktionen, die von der Jugendgruppe NAJU des Naturschutzbundes veranstaltet wurden. Der Nabu organisierte auch eine Übernachtungsmöglichkeit zu günstigen Preisen in der Turnhalle der Teggingerschule. (gla)