Claudia Salzmann-Eltermann

Alle acht Kinder singen mit beim Begrüßungslied: „Wie sagt am Morgen die Katze zum Floh? Hallo, hallo, hallo…“. Es ist ein Morgenkreis wie in jedem Kindergarten. Fast. Denn die Gruppe steht unter einem riesigen, 50 Jahre alten Walnussbaum auf dem Vorplatz des Öhninger Linsenbühlhofs. Im Stall gegenüber muhen zwölf Milchkühe und ihre Kälber. Hofhund Linn kommt angerannt und will spielen.

Das Schwalbennest ist ein Bauernhof-Kindergarten – gegründet von Familie Häberle, die aus dem Nebenerwerbshof bereits einen Lern- und Mitmachbauernhof gemacht hatte. Seit Mai dieses Jahres bietet das Schwalbenest zehn Kindern aus der Region einen Kindergartenplatz. Ab September sind eine weitere Gruppe und damit insgesamt 20 Plätze geplant. Träger ist der Verein Bauernhofpädagogik Linsenbühlhof.

Bevor das morgendliche Vesper beginnt, werden Tiere gefüttert und ein eigenes Beet der Kinder gegossen. „Seid leise beim Beitreten des Hühnergeheges, damit wir die Tiere nicht erschrecken“, erinnert Daniela Ruckh (26), leitende Erzieherin, die kleinen Nachwuchsbauern. Erzieherin Britta Gamp (37) schließt das Zauntor hinter der Gruppe, lockt die Hühner und Hahn Hubert aus dem Holzstall auf die Wiese. Flüsternd verteilen die Kinder Körner und Wasser auf den Schalen am Boden. Die dreijährige Pauline sammelt stolz drei frische Eier aus den Nestern auf und legt sie in einen kleinen Tragekorb. „Der Name Schwalbennest steht für Geborgenheit und Schutz“, beschreibt Daniela Ruckh, Erzieherin aus dem Stuttgarter Raum mit der Zusatzausbildung „Fachwirt für Organisation und Führung“.

Einstieg in den Tag: Daniela Ruckh (links) und Britta Gamp füttern im Bauernhof-Kindergarten Schwalbennest auf dem Linsenbühlhof ...
Einstieg in den Tag: Daniela Ruckh (links) und Britta Gamp füttern im Bauernhof-Kindergarten Schwalbennest auf dem Linsenbühlhof gemeinsam mit den Kindern die Hühner und Hahn Hubert. | Bild: Claudia Salzmann-Eltermann

Sie hat die eigene Kindheit auf dem elterlichen Milchviehbetrieb verbracht. „Als ich dort als Babysitterin auf kleinere Kinder aufpasste, berichteten mir die Eltern, welch tollen Einfluss diese Umgebung auf die Kleinen hat“, erinnert sie sich. Daher suchte sie später einen Hof mit Bauernhof-Kindergarten für eine Anstellung.

Bauernhofpädagogin Marion Häberle (34) suchte eine leitende Erzieherin mit genauer dieser Vision. Über gemeinsame Kontakte haben sich die beiden gefunden und gemeinsam die Planungsphase bestritten. „Unsere Schwerpunkte sind unter anderem die tiergestützte Pädagogik, natürliche Bewegung zu fördern und gesunde Ernährung“, sagt Häberle bei einem Rundgang. Zusätzlich zum üblichen Kindergartenalltag sollen die Kinder mit allen Sinnen die Natur entdecken, lernen Tiere zu versorgen und bei der Gartenarbeit mithelfen. Aber auch das Basteln, Malen und Vorschulprojekte kommen hier nicht zu kurz.

Am Spätvormittag spielen die Kinder in einem riesigen Sandhaufen vor dem Gruppenraum. „Elin, vergiss das Trinken nicht“, ermahnt Britta Gamp an diesem heißen Sommertag. Die Dreijährige sitzt an einem Tisch unter dem Pavillondach und schneidet Figuren aus Papier aus. Ihren Kindern behutsam einen Bezug zu Tieren, Natur und gesunder Ernährung zu ermöglichen, ist auch Katrin Utz aus Wangen wichtig. „Über die Mitmachtage auf dem Lernbauernhof habe ich vom geplanten Kindergarten erfahren – und war sofort begeistert“, berichtet die 37-Jährige. Tochter Johanna (4) wird ab Herbst, der zweijährige Valentin ab März 2017 dort einen Platz erhalten.

Am Ende des Kindergartentages läutet eine Glocke. „Noch fünf Minuten Zeit zum Spielen“, ruft Daniela Ruckh. Einige Kinder werden abgeholt. Andere bleiben zum gemeinsamen Essen, dem eine Ruhephase und die zweite Abholzeit folgen. Im Kuhstall ist es auch ruhig geworden, die zwölf Milchkühe kauen zufrieden ihr Futter. Eine Katze schläft im Heu. Morgen warten neue Abenteuer auf die Kinder des Schwalbennests.


Hof und Kindergarten

  • Der Bauernhof-Kindergarten Schwalbennest auf dem Öhninger Linsenbühlhof hat ab September für Kinder ab 2,9 Jahren noch Plätze zu vergeben. Die Öffnungszeiten sind vorerst von 7.30 bis 13.30 Uhr. Eine ortsnahe Tagesmutter bietet bei Bedarf zusätzliche Betreuung für den Nachmittag an. Es gibt eine offene Bringzeit und zwei feste Abholzeiten sowie 25 Schließtage im Jahr. Ein Platz kostet monatlich 150 Euro, für Kinder aus der nahen Schweiz 600 Euro. Die Gruppe nutzt einen beheizten Raum sowie das freie Hofgelände. Ausflüge in der Umgebung gehören zum festen Programm. Neben dem Versorgen der Tiere und Freispiel gibt es auch Projekte und spezielle Angebote. Die leitende Erzieherin Daniela Ruckh wird bislang von Britta Gamp und Patricia D'Ambrosio mit ihrem Therapiehund Sam unterstützt.
  • Familie Häberle bewirtschaftet den Linsenbühlhof in der dritten Generation im Nebenerwerb. Dort leben unter anderem Milchkühe, Kaninchen, Hühner, Schafe, Gänse, Katzen und Hofhund Linn. Bäuerin Marion Häberle ist Bauernhofpädagogin sowie angehende Hauswirtschaftsmeisterin. Sie arbeitet eng mit dem Kindergarten-Team zusammen. (cse)Hier gibt's Informationen: www.bauernhofkindergarten-hoeri.de
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