Ines, Sabrina und Kathrin haben dasselbe Problem wie alle Eltern: Ihre Kinder streiten sich sehr oft. „Bei uns eskaliert es jeden Tag“, sagt die zweifache Mutter Sabrina. Ines fragt sich, ob ihre Kinder den Konflikt allein lösen können und wann sie eingreifen soll. Und Kathrin kann die Lage oft nicht auflösen, weil sie meist mit den Kindern allein ist. „Wenn ich beide gleichzeitig in den Arm nehmen will, treten sie sich mit den Füßen weiter“, erzählt sie.

„Hey, was soll das? Lass mich in Ruhe!“ Die Schwestern Nike und Neah streiten, wie alle Kinder, auch gern mal.
„Hey, was soll das? Lass mich in Ruhe!“ Die Schwestern Nike und Neah streiten, wie alle Kinder, auch gern mal. | Bild: Kirsten Astor

Ihre Sorgen werden die drei Mütter bei einem Online-Workshop von Tine Machill und Stefanie Mädel los. Tine Machill ist Sozialpädagogin und Leiterin der Familienbildung beim Deutschen Roten Kreuz Konstanz. Stefanie Mädel arbeitet freiberuflich als Psychologin und ist Trainerin für Stressbewältigung. Beide sind zweifache Mütter und wissen, wie sehr Geschwisterstreit die Familien belasten kann.

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Geschwisterstreit als wichtiges Lernfeld

Dennoch ist für Stefanie Mädel eines wichtig: „Eltern sollten den Streit ihrer Kinder nicht um jeden Fall verhindern, denn Konflikte in der Familie sind ein gutes Lernfeld.“ Dabei übt der Nachwuchs, im besten Fall Streit auch mal allein zu lösen und Kompromisse zu finden – wichtig fürs ganze Leben.

Doch meist funktioniert das nicht. „Kinder brauchen beim Konfliktlösen bis ins Schulalter Begleitung“, sagt Stefanie Mädel. Dabei sollten Eltern aber genau hinzuschauen, wann das nötig ist. „Wir tendieren dazu, uns als Eltern viel zu schnell einzumischen“, findet Tine Machill. Die Expertinnen unterscheiden mehrere Arten von Streit. Nicht bei allen müssen Mama und Papa eingreifen.

„Wir tendieren dazu, uns als Eltern viel zu schnell einzumischen“, findet Sozialpädagogin Tine Machill.
„Wir tendieren dazu, uns als Eltern viel zu schnell einzumischen“, findet Sozialpädagogin Tine Machill. | Bild: Tine Machill

Generell gilt: Es kommt bei Geschwisterstreit nicht darauf an, den Schuldigen zu suchen. „Viel wichtiger ist es, langfristig in die Qualität der Beziehung zwischen den Geschwistern zu investieren“, sagt Stefanie Mädel. Denn: „Die Geschwisterbeziehung ist die längste Beziehung, die wir im Leben haben.“

Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Verhalten der Eltern, denn dies kopieren ihre Kinder. Wenn Mama und Papa sich gegenseitig oder die Kinder anmeckern, werden die Kinder auch öfter streiten. „Entspannte Eltern haben entspannte Kinder“, sagt Stefanie Mädel. Deshalb rät sie den Erwachsenen, sich regelmäßig Pausen zu gönnen und ums eigene Wohlbefinden zu kümmern.

„Eltern sollten den Streit ihrer Kinder nicht um jeden Fall verhindern, denn Konflikte in der Familie sind ein gutes ...
„Eltern sollten den Streit ihrer Kinder nicht um jeden Fall verhindern, denn Konflikte in der Familie sind ein gutes Lernfeld“, sagt Psychologin Stefanie Mädel. | Bild: Patrick Pfeiffer

Die wichtigsten Tipps für Eltern bei Geschwisterstreit

  • Faustregel: Kinder beim Streit begleiten, wenn nötig, und sich zurückziehen, wenn möglich.
  • Auf keinen Fall zu einem aggressiven Kind selbst aggressiv sein. Das heizt die Situation noch an. Außerdem sind Eltern damit kein gutes Vorbild.
  • Schimpfen und Bestrafen sind zu vermeiden.
  • Gern auch mal so reagieren, wie Kinder es gar nicht erwarten: gemeinsam kochen, Quatsch oder Sport machen als Ausweg aus der Situation.
  • Keinen Schuldigen suchen und nicht werten, wer Recht hat.
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  • Geschwister nicht miteinander vergleichen. Das schürt nur noch mehr Rivalität.
  • Keine Entschuldigung beim Kind einfordern. Wer sich nur den Eltern zuliebe bei Bruder oder Schwester entschuldigt, meint es nicht ernst und ist noch böser auf das Geschwisterkind.
  • Beim Bedürfnis nach Ruhe nicht die Kinder wegschicken, sondern lieber selbst den Raum verlassen und durchatmen.
  • Wenn Eltern selbst gerade gestresst sind: Den Streit Streit sein lassen und sich um das Auftanken der eigenen Akkus kümmern.