Als ob Corona nicht schon Katastrophe genug wäre; jetzt hat auch noch die Vogelgrippe den Landkreis Konstanz erreicht. Im Schwarzwald-Baar-Kreis war die hochansteckende Tierseuche bereits bei einem verendeten Mäusebussard festgestellt worden, weshalb dort schon seit Dezember Stallpflicht für alle Nutzgeflügel besteht. Jetzt wurde das Virus H5 auch bei einem verendeten Schwan am Seerhein in Konstanz nachgewiesen. Der Landkreis ist alarmiert und hat allen Geflügelhaltern per Allgemeinverfügung strenge Hygienevorschriften auferlegt.

Schon 2015 wütete die Geflügelpest im Hegau
Für die Betriebe im Hegau ist das nicht die erste Erfahrung mit der Geflügelpest. Die Landwirte erinnern sich gut an einen Ausbruch im Jahr 2015. „Das war damals sehr heftig“, sagt Walter Käppeler vom Singener Schwärzehof. Zusammen mit seiner Frau Maria betreibt er den Hof mit 30 Hektar Land. Er stellt eigene Obstbrände her, betreibt ein bisschen Ackerbau und hat Pensionspferde. Den Haupterwerb erwirtschaftet der Selbstvermarkter mit seinen rund 1500 Legehennen. „Wenn bei uns die Geflügelpest ausbrechen würde, hätten wir ein Problem“, sagt er. „Das wäre existenszbedrohend.“ Deshalb darf außer ihm und seiner Frau niemand mehr den Stall betreten. Es könnte ja infizierter Kot von Wildvögeln an den Schuhsohlen kleben. Wenn eine seiner Hennen sich anstecken würde, würde sich das Virus ganz schnell in seinem Bestand verbreiten.

Eierhöfe mit Bodenhaltung haben es jetzt leichter
Ein Vorteil gegenüber der Freilandhaltung ist für Käppeler jetzt die Bodenhaltung. Bei dieser Haltungsform leben die Tiere im Stall und dürfen nach getaner Arbeit ab etwa 10 Uhr in den Wintergarten. Das ist ein offener Stall mit einem Gitter. „Seit 2015 haben wir einen zusätzlichen Windfang, den wir bis zum Boden runterfahren können. Dann sind die Hühner gut geschützt“, erklärt Käppeler. Bis vor fünf Jahren durften auch Besucher, Familien mit Kindern, in den Stall. Seit der damaligen Geflügelpest ist das dem Landwirt zu riskant. Vom Hofladen aus können die Besucher durch ein Fenster in den Stall schauen und die Hühner beobachten.
Der Schwärzehof ist eine Rarität im Hegau
1963 begann Käppelers Vater mit den Legehennen. 2002 baute der Sohn den neuen Stall. Er verkauft seine Eier auf Wochenmärkten, im Hofladen oder fährt sie direkt zur Kundschaft. Bei ihm gibt es auch besonders große Eier, die man in Supermärkten nicht findet.

In Steißlingen gibt es einen großen Automatenladen
Maier-Eier gibt es hingegen auch in den Edeka-Märkten oder im Steißlinger Dorfladen und in Bäckereien. „Und im größten Automatenladen Deutschlands“, wie Rita Maier ihren Selbstbedienungsladen stolz nennt. „Als wir vor zehn Jahren unseren Hühnerstall gebaut haben, haben die Leute gefragt, wo es die Eier gibt. So waren wir die ersten im Hegau, die so einen Automaten aufgestellt haben.“

Stefan und Rita Maier liefern Eier an Lebensmittelketten
Für Stefan und Rita Maier wäre es eine Katastrophe, wenn in ihrem Stall die Vogelgrippe ausbrechen würde. Deshalb gehört bei ihnen zur Stallhygiene, dass bei jedem Betreten die Schuhe gewechselt werden. Wie Walter Käppeler hat sich auch der Steißlinger Landwirt auf Bodenhaltung spezialisiert, allerdings in größerem Stil. „Unsere Tiere sind es also gewöhnt, im Stall zu sein“, sagt Stefan Maier. „Bei uns kommt kein Wildtier in den Wintergarten rein.“ Vielleicht hat er deshalb noch kein Aufklärungsschreiben vom Landratsamt bekommen. Der Bürgermeister habe ihn aber schon informiert, bevor die Verfügung im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Bei Temperaturen unter fünf Grad lässt Stefan Maier seine Hennen sowieso nicht in den Kaltscharr-Raum (Wintergarten), weil sie sich erkälten könnten.
Simon Ruh ist froh, dass er mit der Freilandhaltung noch nicht begonnen hat
Simon Ruh aus Gottmadingen hat 2015, im Jahr der letzten Vogelgrippe, mit seinen Legehennen angefangen. Er hat in seinem Betrieb mit den rund 2000 Hennen von Anfang an auf strenge Hygiene geachtet. „Beim Betreten des Stalls ziehen wir uns immer um“, erzählt er. „Vor jedem Stall steht eine Desinfektionswanne.“ Er will im kommenden Jahr auch in die Freilandhaltung einsteigen. Bisher leben seine Hennen ausschließlich in Bodenhaltung. „Das ist jetzt ein Vorteil, weil sie sich jetzt nicht umgewöhnen müssen“, tröstet er sich über die Stallpflicht. Im Sommer hatte er Hühner an Familien mit Privatgärten vermietet, was zu einer großen Nachfrage führte. Die Hühner sind jetzt alle wieder in seinen Stall zurückgekehrt.

Der Sonnenbühlhof ist einer der größeren Eier-Produzenten in Baden-Württemberg
Der Sonnenbühlhof von Sven Fülle ist ein großer Eierhof mit Boden- und Freilandhaltung bei Engen. Fülle legt Wert darauf, dass es sich um einen Familienbetrieb handelt. Und doch gehört er zu den 30 größeren Produzenten in Baden-Württemberg, zur sogenannten 08er-Gruppe (die 08 kennzeichnet die Herkunft der Eier aus Baden-Württemberg). An 2015 erinnert er sich sehr gut: „Damals wurden sehr viele infizierte Wildvögel gefunden. Da hatte ich große Angst, dass das Virus auf unseren Hof überspringen könnte.“ Damals hat er rigoros auf höchste Sicherheit gesetzt.

Sven Fülle lässt keine Besucher mehr auf den Hof
Das Konzept hat Sven Fülle beibehalten. Er betritt seine Ställe durch eine Hygieneschleuse. Er zieht einen Einweg-Overall an und wechselt die Schuhe. Wer den Eierhof besuchen will, bekommt derzeit eine Absage. „Wir müssen die Besuche auf Minus runterfahren“, sagt er. Jeder Besucher könnte mit seinen Schuhen den Boden ungewollt mit dem Erreger kontaminieren. Wie sich das auswirkt, könne man in den Niederlanden, Norddeutschland oder Polen sehen. So weit will es Sven Fülle nicht kommen lassen. Deshalb schottet er sich jetzt lieber ab. Nachdem er vom Veterinäramt angerufen wurde, befinden sich seine Tiere seit dem 11. Januar im Stall. Die Stallpflicht gilt bis zum 15. März.
Der Landkreis hat ein Bürgertelefon eingerichtet
Seit dem 11. Januar gilt für die Geflügelhalter die vom Landkreis Konstanz erlassene Stallpflicht. Mit der Allgemeinverfügung will das Kreisveterinäramt die Verbreitung der Geflügelpest stoppen. Bei einem Schwan war das hochpathogene aviäre Influenzavirus (HPAIV) des Subtyps H5 nachgewiesen worden. Das Landratsamt ruft die Bürger auf, verendete oder kranke wildlebende Wasservögel und Greifvögel den jeweiligen Städten oder Gemeinden zu melden. Die Tiere sollten nicht angefasst werden. Sie werden von den Gemeinden eingesammelt. Das Veterinäramt Konstanz hat ein Bürgertelefon unter der Telefonnummer 07531/800-2579 eingerichtet, das von Montag bis Donnerstag von 8 bis 12Uhr und von 14 bis 16 Uhr und am Freitag von 8 bis 12Uhr erreichbar ist.