Dieses Treffen hätte auch anders ausgehen können. Denn 590 Millionen Euro stehen im Raum – mehr als eine halbe Milliarde Euro soll es kosten, die genau 59,05 Kilometer lange Bahnstrecke zwischen Radolfzell und Friedrichshafen-Stadtbahnhof mit einer Oberleitung auszustatten und auszubauen. Die Elektrifizierung ist die Voraussetzung dafür, dass schnelle Regionalzüge fahren und zugleich ein S-Bahn-ähnlicher Verkehr aufgebaut werden kann. Die zuletzt stark gestiegenen Kosten setzten ein Fragezeichen hinter den Plan. Jetzt aber sagen die Mitglieder eines Lenkungskreises mit Vertretern von Land, Landkreisen und Bahn: Wir nehmen es dennoch in Angriff.

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Das geht aus einer Pressemitteilung hervor, die das Verkehrsministerium des Landes am Donnerstag veröffentlicht hat. Demnach traf sich der so genannte Lenkungskreis Bodenseegürtelbahn erstmals in Stuttgart. Mit dabei waren: die Landräte des Bodenseekreises, Lothar Wölfle, und des Kreises Konstanz, Zeno Danner, der Bevollmächtigte der Deutschen Bahn für Baden-Württemberg, Thorsten Krenz, sowie der Verbandsdirektor des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben, Wolfgang Heine, sowie als Leiter Amtschef Berthold Frieß.

(Archivbild) Für die einen ein lieb gewordener Anblick, für die anderen ein unhaltbarer Zustand: Der Bahnhof Sipplingen an der ...
(Archivbild) Für die einen ein lieb gewordener Anblick, für die anderen ein unhaltbarer Zustand: Der Bahnhof Sipplingen an der Bodenseegürtelbahn, der bis heute nur mit Diesellokomotiven erreicht werden kann. Doch nicht jedem gefällt die Idee, im Rahmen einer Elektrifizierung hier Strommasten aufzustellen. | Bild: Schnurr, Michael

Wohl wichtigstes Thema war, dass die Kosten für den Ausbau inzwischen auf 590 Millionen Euro geschätzt werden – 2019 war man noch 350 Millionen ausgegangen. In der Folge wurden Befürchtungen laut, dass das Projekt ganz gekippt werden könnte oder nur in abgespeckter Form eine Chance bekommt. Die Landräte, das Verkehrsministerium und die Bahn halten nun aber an der so genannten Vorzugsvariante fest. Sie sieht unter anderem mehr zweigeleisige Abschnitte vor. Sie machen es möglich, dass mehr Züge fahren können und das Risiko von Verspätungen sinkt.

Beispiel Südbahn zeigt: Die Bahn wird den Ausbau ihrer Strecke nicht allein zahlen

Die Pressemitteilung zeigt aber auch, dass neben dem guten Willen noch nicht so viel mehr da ist – vor allem ist unklar, wer den Bahn-Ausbau eigentlich bezahlen soll. So heißt es aus Stuttgart wörtlich: „Im Lenkungskreis wurde übereinstimmend festgestellt, dass die Suche nach machbaren Finanzierungswegen noch nicht abgeschlossen ist.“ Man stehe aber „im konstruktiven Austausch“. Zuständig wäre theoretisch der Bund, denn ihm gehört über die Deutsche Bahn AG das Streckennetz. Schon bei der Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Lindau wurde aber deutlich, dass die Bahn ohne Beteiligung von Land und Kommunen nicht zu investieren bereit ist.

Wenn‘s um Geld, ist eigentlich nur von „Herausforderungen“ die Rede

So werden auch die Landräte Wölfle und Danner mit einem bezeichnenden Satz zitiert: „Wir wissen die konstruktiven Gespräche mit dem Verkehrsministerium sehr zu schätzen. Die höchste Hürde bleibt für uns leider die Finanzierung.“ Der Amtschef im Stuttgarter Ministerium, Berthold Frieß, spricht von „gewaltigen Herausforderungen“, aber für Klimaschutz und gute Anbindung der Bodenseeregion lohne sich der Mühe. Und: „Das Land wird seinen Beitrag dazu leisten.“

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Das seit Jahren verfolgte Projekt hat einen technischen und einen ökologischen Hintergrund: Von Stuttgart nach Lindau geht es inzwischen mit modernen, elektrisch angetriebenen Zügen. Von Offenburg nach Konstanz auch, ebenso von Stuttgart nach Singen. Auch die Strecke in Richtung Basel wird definitiv mit Oberleitung ausgestattet – nur zwischen Friedrichshafen und Radolfzell droht über Jahre hinweg ein Diesel-Loch. Das bedeutet, dass es weniger durchgehende Züge geben wird wie zum Beispiel den bisher äußerst beliebten Interregio-Express Basel-Ulm.

(Archivbild) Kehrt wieder Leben ein am Bahnhof im Stockacher Stadtteil Espasingen? Schon lange wünschen sich viele Einwohner des Ortes, ...
(Archivbild) Kehrt wieder Leben ein am Bahnhof im Stockacher Stadtteil Espasingen? Schon lange wünschen sich viele Einwohner des Ortes, dass die Züge an dieser Station der Bodenseegürtelbahn nicht nur durchfahren, sondern auch wieder halten. Wenn sie S-Bahn-ähnlich ausgebaut wird, ist das zumindest sehr realistisch. | Bild: Freißmann, Stephan

Diesel-Loch kappt Direktzüge und macht die Bahn unattraktiv

Wenn auf der Bodenseegürtelbahn dagegen vergleichsweise langsame Dieselzüge fahren, ist das Bahnangebot dort weniger attraktiv, was auch zu einer Ausdünnung des Fahrplans führen könnte. Im Gegenzug gilt die Elektrifizierung als wesentlicher Schritt für ein zeitgemäßes Angebot. Der Bahn-Manager Thorsten Krenz spricht deshalb auch von einem „entscheidenden Puzzlestück“.