Das Beamtendeutsch klingt kompliziert – es ist die Rede vom Aufstallungsgebot und vom aviären Influenzavirus. Eigentlich ist die Lage aber ganz einfach: Im Landkreis Konstanz gehaltenes Geflügel ist derzeit erneut dem Risiko ausgesetzt, sich mit der Vogelgrippe zu infizieren.
Laut Veterinäramt Radolfzell wurde kürzlich bei einer Lachmöwe in Friedrichshafen die Vogelgrippe nachgewiesen, die auch Geflügelpest genannt wird – oder unter Tierärzten schlicht H5N1. Anschließend seien im direkten Umland zunehmend mehr Fälle infizierter Tiere aufgetaucht.

Da der Bodensee als ein gemeinsames Ökosystem zu betrachten ist, Möwen einen großen Aktionsradius haben und im Landkreis Konstanz viel Geflügel gehalten wird, musste das Landratsamt reagieren.
Wenn sich Hühner, Puten und andere Vögel anstecken, können sie – je nach Virustyp – Beschwerden wie eine Entzündung der Atemwege und Appetitlosigkeit bekommen oder an der Infektion sterben. Das Land Baden-Württemberg erließ schon Mitte Januar 2023 eine Allgemeinverfügung zum Schutz der Tiere. Der Landkreis Konstanz folgte mit dem Aufstallungsgebot Anfang März 2023.

Das bedeutet: Geflügel im Kreis Konstanz muss bis 31. März 2023 in geschlossenen Ställen untergebracht werden, um Kontakt zu möglicherweise infizierten Wildvögeln zu vermeiden. Erlaubt sind auch Vorrichtungen mit einer geeigneten Abdeckung sowie Seitenwänden, die das Eindringen von Wildvögeln verhindern.
Wichtig ist ebenfalls, dass nicht mehr Personen als nötig die Ställe betreten. Und wer zu den Tieren kommt, muss Schutzkleidung tragen, die danach sofort gereinigt wird. Schuhe müssen vor und nach Betreten des Stalls gewechselt oder desinfiziert werden. Für die Geflügelhalter sind all diese Maßnahmen umständlich – und doch unverzichtbar, um nicht zu riskieren, auf einen Schlag große Teile des Bestands zu verlieren.
Wasser- und Greifvögel sowie Möwen sterben am Virus
Kurz vor Ablauf dieser Frist wird laut Cornelia Pfleghar, Leiterin des Veterinäramts Radolfzell, eine neue Risikoabschätzung vorgenommen. „Maßgeblich ist die Anzahl der Erkrankungen in der Wildtierpopulation, welche mit steigenden Außentemperaturen bisher zurückgegangen ist“, sagt sie.
Im Landkreis Konstanz trat die Geflügelpest bei Wildvögeln erstmals 2006 auf. „Seither wurde sie fast jedes Jahr nachgewiesen“, sagt Cornelia Pfleghar. „Dieses Jahr fällt auf, dass neben dem Wassergeflügel und Greifvögeln vor allem die Möwen an der Virusinfektion sterben.“ Durch die Schutzmaßnahmen sei bisher ein Übergreifen auf Geflügelhaltungen im Kreis Konstanz verhindert worden.

Die Ansteckungsgefahr für die Menschen schätzt das Robert Koch-Institut derzeit als sehr gering ein. In der Regel erkranken nur Vögel. Andere Tiere können das Virus aber bei Kontakt weiterverbreiten, ohne selbst daran zu erkranken. „Daher sollte ein direkter Kontakt von Haustieren – insbesondere Hunden und Katzen – mit toten oder kranken Vögeln vermieden werden“, warnt das Veterinäramt Radolfzell.
Was mache ich, wenn ich einen Wasservogel finde?
Die Menschen können dabei helfen, die Verbreitung der Vogelgrippe zu verhindern. So weist das Bürgeramt der Stadt Konstanz auf das Fütterungsverbot von Tauben hin, das auch in vielen anderen Kommunen gilt. Tauben können Krankheitserreger übertragen.
Auch an der Aufklärungsarbeit können die Bewohner des Kreises Konstanz mitwirken: Wer einen toten wildlebenden Wasser- oder Greifvogel findet, soll dies der jeweiligen Stadt oder Gemeinde melden. In Konstanz bittet das Bürgeramt, dass solche Meldungen unter der Telefonnummer 07531 9007000 an die Feuerwehr gehen.
Zu den Wasservögeln zählen Enten, Gänse, Haubentaucher, Möwen und Schwäne, nicht aber Tauben und sonstige Singvögel. Tote Vögel im Wasser werden von Mitarbeitern des Schifffahrtsamts eingesammelt. Die Tiere werden ins Veterinäramt Radolfzell gebracht und dort auf eine Ansteckung mit der Vogelgrippe untersucht.