Sie sehen etwas ratlos aus. Und das, obwohl Cornelia Fischerbauer, Walter und Erika Schönberger sich alle an ihren Fahrrädern festhalten. Während Erika Schönberger an der Bahnhofstraße in Konstanz Richtung des Einkaufszentrums Lago zeigt, studiert ihr Mann Walter eine Karte des Bodensee Radwegs. „Wo geht´s denn nun lang?“, fragt er.

Das Dreiergespann aus dem Raum München ist zum ersten Mal am Bodensee. „Wir haben gehört, hier soll es richtig schön sein“, sagt Erika Schönberger. Drei Tage seien sie nun schon mit den Rädern unterwegs. Das, was sie gehört haben, bestätigt sich: „Es ist richtig schön hier. Nur manchmal ist es nicht so einfach, den richtigen Weg zu finden“, sagt Erika Schönberger.
Die Beschilderung ist manchmal problematisch
Von der Fähre von Meersburg haben sie den Weg in die Konstanzer Innenstadt gefunden. Doch jetzt haben die Radtouristen das Hinweisschild mit dem Rad mit dem blauen Hinterreifen aus den Augen verloren – dem offiziellen Schild für den Bodensee Radweg.

Tatsächlich ist das an manchen Stellen des 263-kilometerlangen Radweges ein Problem. Das weiß auch Alexander Weimer. Er ist Koordinator für den Weg der Arbeitsgemeinschaft Bodensee-Radweg. Er kennt jeden Meter der Strecke fast in und auswendig. „Ja, manchmal ist die Beschilderung nicht immer sofort ersichtlich“, sagt er. Aber insgesamt sei die Infrastruktur immer besser geworden.

Dass die Beschilderung nicht einheitlich und manchmal auch gar nicht so leicht zu finden ist, ist auch dem Landkreis Konstanz ein Dorn um Auge. Der Technik- und Umweltausschuss des Konstanzer Kreistages hat daher im März 2023 beschlossen, dass das geändert werden soll. Eine umfassende Beschilderung aller Radwege im Kreis soll folgen. Kostenpunkt 500.000 Euro.
Allerdings können diese Kosten bis zu 80 Prozent durch das Land Baden-Württemberg gefördert werden. Das Land ist für die sogenannten Landesradfernwege zuständig, zu dem auch der Bodensee-Radweg gehört. Laut Aussage des Verkehrsministeriums stellen sie einen wichtigen Baustein für das Land in Sachen Verkehrswende dar. Aus diesem Grund werden sie auch gefördert.

21 solcher Landesradfernwege gibt es in Baden-Württemberg. Pro Jahr investiert das Land 750.000 Euro in die Beschilderung, Pflege und Wartung der Wege. Wie viel dafür für den Bodensee-Radweg ausgegeben wird, konnte das Verkehrsministerium in Stuttgart auf SÜDKURIER-Nachfrage nicht aufschlüsseln.
Entlang des Wegs gibt‘s auch Gefahren- und Engstellen
Dass der Bodensee-Radweg sehr beliebt bei Touristen ist, zeigt das Ranking des ADFC (Allgemeiner Deutschen Fahrradclub). Darin rangiert der Radweg auf Platz 10 der beliebtesten Radstrecken in Deutschland. Jedes Jahr nutzen ihn rund 800.000 Radler. Zu Spitzenzeiten sind nach einer Zählung des Landratsamtes Bodenseekreis und ADFC im Juli 2021 bei Sipplingen und Friedrichshafen 4900 Radler pro Tag auf der Strecke unterwegs.
Bei fast 5000 Radfahrern kann es aber auch schnell zu Problemen kommen. Besonders dann, wenn Fußgänger und Radler sich einen Weg teilen müssen. Das weiß auch der Radweg-Koordinator Weimer. Eine dieser Begegnungszonen, so der Fachausdruck, befindet sich in Konstanz an der Konzilstraße auf Höhe des Inselhotels.

Fußgänger und Radfahrer begegnen sich dort oft unverhofft aufgrund einer Fußgänger Ampel. Dass es dort häufiger zu Unfällen kommt, zeigen die Unfallzahlen aus den Jahren 2016 bis 2021 des Statistischen Bundesamts aus Deutschland. Wo es noch weitere Unfallstellen gibt, können Sie hier nachlesen.
Doch die Städte und Gemeinden reagieren auf diese Gefahrenzonen. Seit kurzen warnen große Piktogramme auf dem Radweg bei der Konzilstraße. Auch auf der anderen Seeseite, wo es öfters kracht, gibt es seit einiger Zeit warnende Piktogramme wie zum Beispiel in Meersburg oder Hagnau. „Wir wollen Rücksichtszonen schaffen“, sagt Weimer.

Der Radweg ist auch ein Wirtschaftsfaktor für die Region
Das ist auch wichtig. Denn: „Der Bodensee-Radweg ist schon ein Magnet und wichtig für die Region“, sagt Weimer. Das sieht auch Stefan Haufs, Radbeauftragter im Landratsamt Bodenseekreis, so. „Davon profitieren die ansässigen Hotels oder auch die Gastronomie, diverse Radverleiher und Radgeschäfte, sodass der Radweg einen erheblichen und nicht zu vernachlässigenden Wirtschaftsfaktor für den Kreis und die Region darstellt“, sagt er.
Deshalb sei es auch so bedeutsam, dass der Radweg gut befahrbar sei. „Ein großes Thema auf der Strecke, sind die Bodenbeläge“, sagt Weimer. Größtenteils ist der Weg asphaltiert. Aber nicht überall ist das so. „An der Mainau führt der Weg zum Beispiel durch ein Naturschutzgebiet. Dort kann man natürlich nicht teeren, weshalb der Weg mit Schotter ausgestattet ist“, sagt Weimer.
Fünf Sterne? „Mit vier Sternen fahren wir wirklich gut“
Aber nicht nur der Untergrund ist für das Vergnügen auf zwei Rädern verantwortlich, sondern auch die Breite des Weges. Schnell kann es nämlich auf dem Radweg sehr eng werden – wie zum Beispiel auf einem kurzen Stück direkt an der Wallfahrtskirche Birnau. Auf einem schmalen Streifen muss sich der Radverkehr in beide Richtungen aneinander vorbeischlängeln. Ragen dann auch noch Gräser in Weg, wird es eng.
Aktuell ist vorgeschrieben, dass bestehende Radwege, wenn sie einspurig sind, mindestens 1,50 Meter breit sein müssen. Sind sie zweispurig, müssen sie eine Breite von zwei Metern aufweisen. Das Land Baden-Württemberg empfiehlt, dass Radwege drei Meter breit sein sollten. Das ist allerdings an vielen Stellen nicht möglich. „Die Natur engt die Bebauung ein“, erklärt Weimer.

Dennoch hat der Bodensee-Radweg seit 40 Jahren nichts von seiner Faszination verloren. Der Weg erhält vom ADFC vier von fünf möglichen Sternen. „Mit vier Sternen fahren wir wirklich gut. Fünf Sterne wären natürlich noch besser. Das können wir erreichen, wenn die Voraussetzungen stimmen“, ist der Radkoordinator überzeugt.