Der Kreis Konstanz hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu sein. Er orientiert sich dabei an den Klimazielen des Landes Baden-Württemberg. Einfach ist die Aufgabe nicht. Zusätzlich zu den Herausforderungen, die der Versuch, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, mit sich bringt, stellt sich die Frage der politischen Möglichkeiten.
Wo kann der Kreis überhaupt eingreifen und Entscheidungen treffen? Meistens sind die Kommunen auf ihrer Gemarkung zuständig. Oder das Land hat die Entscheidungshoheit, etwa, wenn es um Mobilität und den Ausbau des Schienenverkehrs geht.
Das klimaaktive Netzwerk soll weiterhin wachsen
Katrin Roth, Leiterin des Amts für Klimaschutz und Kreisentwicklung, sieht diese Problematik: „Bei vielen Themen hat der Landkreis wenig oder nur indirekten Einfluss“, schreibt sie auf Anfrage. Sie wünscht sich dennoch, dass die Kreispolitik den Klimaschutz voranbringt, „dass wir das nun eingelegte Tempo in der Kreisverwaltung halten und das Netzwerk an klimaaktiven Kommunen, Unternehmen, Verbänden und Bürgern weiter wächst.“
Einen ebenso großen Schwerpunkt legt Roth auf die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Diese sind aktuell schon unübersehbar, in manchen Regionen Deutschlands wird das Grundwasser knapp, auch in der Bodenseeregion nimmt in den Sommer- und Herbstmonaten die Trockenheit zu.
„Da keine Aktivität hier im Landkreis dazu führen wird, dass wir den Klimawandel aufhalten, scheint es mir zudem besonders wichtig, dass wir uns neben der zügigen Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen künftig auch verstärkt der Klimawandelanpassung widmen“, schreibt Katrin Roth. Auch dieses Ziel sei im Klimaschutzkonzept verankert, es wurden Maßnahmen diesbezüglich entwickelt.
Das sind einige der angestrebten Maßnahmen:
- Solaroffensive des Landkreises: Ziel ist es, die CO2-freie Stromproduktion mit erneuerbaren Energien drastisch auszuweiten. Dazu sollen möglichst alle Dachflächen mit PV-Anlagen belegt werden, zusätzlich alle Parkplätze. Drittens sollen zusätzliche Freiflächen PV-Anlagen errichtet werden. Zur Beratung und Unterstützung ist ein Runder Solartisch mit Kommunen, Stadtwerken und dem Regionalverband eingerichtet worden.
- Parkflächen sollen um PV-Überdachungen und Lademöglichkeiten erweitert werden: Geeignete Parkplätze, darunter öffentliche und Firmenparkplätze oder solche, die zu einer großen Wohnanlage gehören, sollen eine PV-Überdachung erhalten. Außerdem sollen dort Ladestationen für E-Autos aufgestellt werden, um den Strom vor Ort zu nutzen.
- Erneuerbare Energien sollen schneller ausgebaut werden: Die Standortsuche etwa für Windkraft- und Photovoltaikanlagen soll beschleunigt werden. Mögliche Standorte seien, so das Integrierte Klimakonzept, ehemalige Deponien, Flächen entlang Bahnlinien und Autobahnen und Ackerflächen.
- Interkommunale Wärmeplanung: Was bedeutet das? Eine durchdachte Wärmeplanung hat das Ziel, den Energieverbrauch zu reduzieren. Zunächst soll der Bestand analysiert werden, das heißt: Aus welchen Quellen wird im Landkreis Energie gewonnen und wie werden Wohnquartiere und Unternehmen mit Wärme versorgt. Zudem sollen weitere Wärmequellen erschlossen werden, zum Beispiel in Form der thermischen Nutzung des Bodensees. Der Anteil an erneuerbaren Energien bei der Wärmegewinnung im Kreis Konstanz liegt derzeit bei nur neun Prozent.
- Thermische Nutzung des Bodensees: Der Bodensee kann als Energiequelle genutzt werden. Die Größe und Tiefe des Sees bedingt, dass die Temperatur konstant bleibt. Mithilfe von Wärmepumpen kann man die Wärme gewinnen. Sollte ein positives Studienergebnis zu dem Thema vorliegen, können die Kommunen des Landkreises mithilfe der Energieversorger den See als erneuerbare Energiequelle nutzen.
- Mobilität: Hier geht es um die Einrichtung von Mobilitätsstationen: Sie sollen vor allem im ländlichen Raum eingerichtet werden, um den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu erleichtern. An diesen Stationen sollen Übergänge zu verschiedenen Verkehrsmitteln geschaffen werden: Carsharing, E-Bikes, E-Roller, Bürgerbus und Rufbus und Mitfahrzentralen.
- Landkreisweite E-Ladeinfrastruktur: Bewohner des Landkreises sollen motiviert werden, auf E-Fahrzeuge umzusteigen. Deshalb müsse die Elektro-Lade-Infrastruktur dringend ausgebaut werden. Momentan gebe es landkreisweit 176 Ladepunkte, heißt es im integrierten Klimaschutzkonzept, und in jeder Gemeinde mindestens einen Ladepunkt. Der Anteil der E-Fahrzeuge an allen Fahrzeugen beträgt 3,2 Prozent im Kreis, diese Zahl solle gesteigert werden.
- Alternative Bootsantriebe: Sie sollen eine weitere Belastung des Sees mit Schadstoffen und Abgasen verringern helfen. Bei Segelbooten sei es leicht, Verbrennungsmotoren durch E-Motoren zu ersetzen. Deshalb sollen E-Seetankstellen eingeführt sowie E-Ladepunkte an Liegeplätzen eingerichtet werden. Der Kreis setzt sich außerdem dafür ein, dass auch die Schifffahrt mittelfristig emissionsfrei wird. Dazu sei es notwendig, eine gemeinsame Strategie aller drei Anrainerstaaten zu finden. Die Internationale Bodensee Konferenz solle dieses Ziel weiter forcieren, heißt es im Klimaschutzkonzept.
- Anpassung an die Folgen des Klimawandels: Da die Auswirkungen des Klimawandels immer drastischer werden, soll ein Konzept erarbeitet werden, um die Bewohner des Landkreises besser gegen diese Folgen zu schützen. Als Risiken werden Trockenperioden, Überschwemmungen, Erosionen, Waldbrände genannt. Mögliche notwendige Maßnahmen seien Aufforstung, Hochwasserschutz, Dachbegrünung. Der Landkreis solle hierbei den Kommunen gegenüber als Impulsgeber auftreten.