Die Alarmmeldung erreichte Matthias Gellert am vergangenen Sonntagvormittag: Der Leiter des Amts für Verbraucherschutz und Veterinärwesen wurde vom Laborbeauftragten eines Tierarztes darüber informiert, dass bei zwei Pferden der Verdacht auf Ausbruch einer gefährlichen Viruserkrankung bestehe. Beide Tiere auf einem Hof in Engeln-Anselfingen seien von der ansteckenden Blutarmut der Einhufer betroffen. Gellert fuhr wenige Stunden später mit einer Kollegin zu besagtem Hof, schaute sich die Tiere an. Zwölf Blutproben wurden genommen. Der Pferdehof wurde zur Sperrzone erklärt.

Für die Tiere wurde Stallpflicht angeordnet, um den Hof herum sicherheitshalber ein Sperrbezirk mit einem Radius von einem Kilometer eingerichtet. Drei Tage später hatten zunächst das staatliche tierärztliche Untersuchungsamt in Aulendorf und dann das Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems den Verdacht bestätigt: Zwei Pferde waren mit der Equinen Infektiösen Anämie (EIA) infiziert. Am Donnerstagabend wurden die beiden erkrankten Tiere getötet. Am Freitag machte die Behörde den Fall öffentlich.

Veterinäramtschef Gellert stellte gegenüber dieser Zeitung klar, dass bei der ansteckenden Blutarmut die Tötung der Tiere zwingend vorgeschrieben sei. "Pferde können nicht gegen die Krankheit geschützt werden. Das Virus zerstört das Blutsystem, die Tiere würden elendiglich zugrunde gehen." Die Equine Infektiöse Anämie betrifft Einhufer wie Pferde und Esel, aber auch Zebras kann es erwischen. Übertragen wird das Virus durch Insekten wie Stechfliegen und Pferdebremsen, nur in Ausnahmefällen wechselt der Erreger direkt von Pferd zu Pferd. Für den Menschen sei die Viruserkrankung nicht ansteckend, so hieß es.

Das Veterinäramt begründet die akribischen Sicherheitsmaßnahmen unter anderem mit dem Hinweis, dass die Krankheit schnell epidemische Ausmaße annehmen könne. Hohe Tierverluste bedeuten gleichzeitig große wirtschaftliche Schäden. Wie Matthias Gellert erläuterte, zahlt die Tierseuchenkasse pro betroffenem Pferd maximal 6000 Euro aus. Viele Zuchtpferde sind aber deutlich teurer. Haben die Besitzer keine gesonderte Versicherung abgeschlossen, legen sie mächtig drauf.

Der Tierbestand auf dem Anselfinger Hof – es handelt sich laut Veterinäramt um 83 Tiere – muss in den nächsten Monaten fortlaufend untersucht werden. Schilder weisen den Sperrbezirk aus. Veterinär Gellert mahnt Pferdehalter zur Aufmerksamkeit.

Krankheit ist unheilbar

  • Die Infektiöse Blutarmut der Einhufer ist nach Angaben des Kreisveterinäramts weltweit verbreitet, tritt in Deutschland aber eher selten auf. 2017 sind bundesweit bisher 17 Erkrankungsfälle registriert, zwei davon sind die aktuellen Diagnosen in Engen-Anselfingen. Erkrankte Tiere zeigen oft nur allgemeine Symptome, wie die Behörde in einer Mitteilung erläutert. Dazu zählen blasse Schleimhäute, Schwäche und Gewichtsverlust.
  • Die Symptome: Tiere mit unklaren Krankheitszeichen wie therapieresistentes Fieber oder Apathie sollten unverzüglich dem Hoftierarzt vorgestellt werden, rät das Kreisveterinäramt, Es weist zudem auf die ernste Dimension des Problems hin. Denn: Die Erkrankung ist nicht heilbar.
    Eine Therapie oder auch Impfung ist weder möglich noch erlaubt. Deshalb ist in Deutschland die Tötung der infizierten Tiere vorgeschrieben.
  • Die Folgen: Die Sperrmaßnahmen um den Pferdehof (Radius: ein Kilometer) dürfen frühestens nach drei Monaten aufgehoben werden, wenn eine Wiederholungsuntersuchung aller Pferde im Sperrbezirk stattgefunden hat und die Befunde negativ waren. Die Ausbreitung des Erregers wäre fatal. Laut Veterinäramt sind im Kreisgebiet derzeit 437 Einhuferhaltungen (Pferde, Ponys, Esel, Maultiere) mit 3611 Tieren registriert.