Nicht nur in Konstanz, auch in anderen Kommunen des Landkreises Konstanz herrscht Wohnungsmangel. Wer findet sich da noch zurecht im Wirrwarr der Mietpreise? Was ist angemessen? Einen Mietspiegel, der zeigt, welche Miete in einer Stadt für Wohnungen üblicherweise gezahlt werden müssen, gibt es derzeit nur in zwei der 25 Kreiskommunen: in Konstanz und Radolfzell. Der Mieterbund Bodensee will das ändern. Er fordert Kooperationen zur Erstellung weiterer Mietspiegel und verweist auf Fördergelder des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums. "Wir haben dem Landrat vorgeschlagen, dass der Landkreis eine koordinierende und aktivierende Rolle übernehmen soll", informierte Winfried Kropp, der Pressereferent des Mieterbunds.
Nach Überzeugung des Vorstands der Interessenvereinigung sorgt ein Mietspiegel nicht für einen Mietenstopp. Aber das Instrument erhöhe die Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt. In vielen Kreisgemeinden gehe die unvollständige Information über die Preise derzeit zu Lasten der Mieter und Wohnungssuchenden. In dieser Gemengelage können derzeit Kommunen, die zur Erarbeitung eines Mietspiegels miteinander kooperieren, Fördergelder des Landesministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau beantragen. "Die Förderung von Kooperationsprojekten zur Erstellung qualifizierter Mietspiegel hat das Ziel, dass sich der Verbreitungsgrad entsprechender Mietspiegel erhöht, um die Rechtssicherheit von Vermietern und Mietern zu der Zulässigkeit der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu stärken", heißt es im Leitfaden für Antragsteller. Das Wirtschaftsministerium will entsprechende Initiativen kooperierender Kommunen 2018 und 2019 mit 50 Cent pro Einwohner, maximal aber mit 50 000 Euro unterstützen.

Der Bodensee-Mieterbund setzt nun darauf, dass Landrat Frank Hämmerle interessierte Städte und Gemeinden zusammenbringt, damit die auch die Fördergelder des Landes abrufen können. Auf Anfrage dieser Zeitung bekundete der Landrat Bereitschaft, aktiv zu werden: "Das werde ich zuerst mit dem Gemeindetag im Landkreis Konstanz besprechen: Die Gemeinden sind an dem Thema näher dran und haben auch die besseren statistischen und technischen Möglichkeiten in diesem Bereich."
Die Mieter-Interessenvertretung ist überzeugt, dass die geforderte qualifizierte Datensammlung dem Kreis unmittelbar nützlich sein könne. Immerhin zahlten Kreissozialamt und Jobcenter viel Wohngeld für die Unterkunft von sozial bedürftigen Menschen. Eine objektive Übersicht über die Mietpreise könnte vielleicht sogar Kosten sparen helfen.
Ein Selbstläufer scheint die Initiative im Landkreis Konstanz nicht zwingend zu werden. Kritik kommt zum Beispiel von der Stadtverwaltung Singen. "Ein Mietspiegel wird in der gegenwärtigen Konstruktion nicht nur Mieterhöhungen nicht verhindern, sondern vielmehr werden die Steigerungen noch verstärkt", führt Stadt-Sprecher Achim Eickhoff in einer Stellungnahme aus. Die Begründung: In den Mietspiegel flössen nicht sämtliche Informationen eines Marktes ein, sondern lediglich die Neu-Mietverträge der vergangenen vier Jahre. Somit erhöhten sich die Preise in einer erhitzten Situation erheblich. In Singen sei der Markt seit geraumer Zeit überhitzt. Es bestehe ein klares Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Einer großen Nachfrage stehe nur ein begrenztes Angebot gegenüber. An dem Zustand werde sich in näherer Zukunft nichts ändern. Für die Stadt bestehe bei der Erstellung eines Mietspiegels ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen.
Vorbild Bodenseekreis
Der Bodensee-Mieterbund lobt in Sachen Mietspiegel die Aktivitäten im Bodenseekreis. Demnach haben sich dort bereits im Jahr 2012 die Mehrzahl der Kommunen zur gemeinsamen Erstellung von Mietspiegeln entschieden. Dabei erhob jede Kommune ihre Daten selbst, die Auswertung erfolgte im Verbund. Über die Vergleichbarkeit von Sozial- und Siedlungsstruktur ergab auch für kleine Gemeinden eine ausreichende Datenbasis. Das Projekt im Bodenseekreis wurde nach Angaben von Mieterbund-Sprecher Winfried Kropp Grundlage für das Förderprogramm des Landeswirtschaftsministeriums.