Veronica Manca konnte sich nie vorstellen, mit alten Menschen zu arbeiten. Nun aber steht sie in der Küche des Konstanzer Luisenheims, backt einen Apfelkuchen und unterhält sich mit den Bewohnern. Später wird sie die Menschen beim Mittagessen unterstützen und mit ihnen spazieren gehen. Die Arbeit macht ihr viel Spaß. "Ich staune über mich selbst", sagt die 28-Jährige aus Konstanz. Sie ist eine von acht Teilnehmerinnen des dreimonatigen Weiterbildungskurses zum Alltagsbegleiter in Teilzeit.
Diesen Kurs des katholischen Verbands In Via gibt es im Landkreis Konstanz seit Jahresbeginn. Er war eine Idee der Caritas Konstanz als Träger. "So können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen", erläutert Projektleiterin Felicitas Weitzer. "Zum einen erhalten Kunden des Job Centers die Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Zum anderen leisten die Kursteilnehmer in einer älter werdenden Gesellschaft wertvolle Unterstützung in Pflegeheimen oder der ambulanten Pflege. Der Fachkräftemangel ist ja bekannt." Die Idee ist einfach: Das Job Center vermittelt Bewerber an In Via. Der Verband bildet sie drei Monate lang von Montag bis Mittwoch (9 bis 13.15 Uhr) theoretisch aus; donnerstags und freitags arbeiten die Teilnehmer in Pflegeheimen im Kreisgebiet, zu denen sie selbst Kontakt aufnehmen. Einrichtungen in Konstanz, Singen, Radolfzell und Stockach sind bereits beteiligt. "Uns wird ein Wahnsinns-Wissen vermittelt", sagt Teilnehmerin Heike Knecht. Auf dem Programm stehen Grundlagen im Umgang mit Demenzkranken, Pflege und Dokumentation, Hauswirtschaft und Ernährung sowie die Organisation des Arbeitsplatzes. "Somit sind die Teilnehmer vielseitig einsetzbar", sagt Felicitas Weitzer. Ein weiterer Vorteil: Sie sprechen mit der Heimleitung selbst ab, in welchem Bereich sie am liebsten arbeiten würden.
Veronica Manca hat sich für Betreuung und Hauswirtschaft entschieden und geht in ihrer Aufgabe voll auf. "Die älteren Menschen sind trotz ihrer Demenz alle so herzlich", schwärmt sie. Durch den Kurs endet für sie eine berufliche Irrfahrt. Nach dem Hauptschulabschluss absolvierte Manca zwei Jahre lang eine Friseurausbildung – bis ihre Chefin kundtat, dass sie gar keine Meisterin sei und nicht ausbilden dürfe. "Die zwei Jahre wurden mir nicht anerkannt, da hatte ich keine Lust mehr", sagt die 28-Jährige. Fortan arbeitete sie im Einzelhandel, aber "das war immer dasselbe". Nach einem halben Jahr als Kundin beim Job Center fand sie nun eine für sie passende Beschäftigung.
Auch die 57-jährige Heike Knecht startet beruflich neu. Die vierfache Mutter erwachsener Kinder war alleinerziehend und pflegte anschließend ihre kranke Mutter bis zu deren Tod. "Dann wollte ich wieder arbeiten, wusste aber nicht, was", erzählt sie. Aufgrund starker Rückenschmerzen kamen körperlich belastende Tätigkeiten nicht infrage. Als Alltagsbegleiterin kann sie trotzdem eingesetzt werden. "Ich gehe mit den Senioren einer Tagesgruppe des Luisenheims spazieren, leite Aktivierungsangebote und spiele Gesellschaftsspiele", so Knecht. Während sie sich nach Kursende bei einem anderen Pflegeheim oder bei der ambulanten Pflege bewerben will, möchte Veronica Manca als Teilzeitkraft im Luisenheim bleiben. Eine weitere Teilnehmerin absolviert anschließend sogar die dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin. "Alle sind motiviert, da sie freiwillig mitmachen und für sich selbst herausfinden können, ob der Bereich Pflege sie wirklich interessiert", sagt Projektleiterin Felicitas Weitzer.
Ralf Veit, Leiter des Konstanzer Luisenheims in Trägerschaft der Spitalstiftung, hält das neue Projekt ebenfalls für sinnvoll: "Ich bin froh über einen bunten Strauß an Mitarbeitern. Die Alltagsbegleiter sind eine gute Ergänzung zu unserem Personal." Felicitas Weitzer wirbt für eine höhere Wertschätzung des Pflegeberufs: "Wir alle werden älter und freuen uns später über eine liebevolle Begleitung."
Zum Projekt
Angebot: Der katholische Verband In Via gewann das Job Center und die Agentur für Arbeit als Partner. Bewerben können sich aber auch Interessierte, die nicht vom Job Center vermittelt werden. Sie bezahlen den Kurs selbst (1040 Euro für drei Monate); für die anderen übernimmt das Job Center die Kosten. In Via freut sich über Spenden für das Projekt, das sich nicht selbst trägt. Kontoverbindung: Liga Bank, BLZ 750 90 300, Kontonummer 107 100 213. Verwendungszweck: Alltagsbegleiter Kreis Konstanz.
Voraussetzungen: Wer Alltagsbegleiter werden will, sollte Freude an der Arbeit mit alten Menschen haben sowie Deutschkenntnisse auf B1-Niveau und ein tadelloses polizeiliches Führungszeugnis. Ein Schulabschluss ist keine Voraussetzung. Der nächste zwölfwöchige Kurs beginnt am Montag, 7. Mai. Die Absolventen bekommen ein Zertifikat. Kontakt: Projektleiterin Felicitas Weitzer. E-Mail: felicitas.weitzer@invia-freiburg.de; Telefon: (0 75 31) 80 45 425.