Im Großformat geben sie dem bunten Leben im Landkreis ein Gesicht: Der Bohlinger, der im Sufismus einen Lebensweg gefunden hat, der Engener, der sich für Flüchtlinge engagiert, die Chinesin, die in Konstanz studiert, oder die Rumänin, die in Singen und Konstanz Wurzeln geschlagen hat. 60 Bewohner des Landkreises aus 50 Nationen sind ab Dienstag, 26. März, auf Plakaten zu sehen. Es ist der Auftakt einer großen Landkreis-Kampagne mit vielen Aktionen, die zu einem Miteinander in Vielfalt einlädt.
"Ich erhoffe mir, dass wir miteinander ins Gespräch kommen und aufeinander zugehen", sagt Landrat Frank Hämmerle bei der Vorstellung des Projekts. Er geht davon aus, dass die großformatigen Plakate echte "Hingucker" werden. Zu sehen sind Gruppenfotos von Menschen mit ganz verschiedenen Lebenswegen und Wurzeln. Ihre einzige Gemeinsamkeit: Ihre alte oder neue Heimat ist der Landkreis.
Oana Ilici: "Ich bin hier offenen Menschen begegnet"
Unter den Abgelichteten ist Oana Ilici. Die studierte Sozialarbeiterin ist vor fast sieben Jahren aus Rumänien in den Landkreis eingewandert und habe hier, wie sie sagt, die Chance bekommen, sich weiter zu entwickeln. "Ich bin hier offenen Menschen begegnet. Ich fühle mich hier daheim." Als sie gefragt wurde, sich an der Kampagne zu beteiligen, habe sie gern zugesagt: "Der Landkreis ist bunt, und ich bin ein Teil davon. Es ist wichtig, dass die Menschen gesehen werden und nicht ihre Herkunft."
Ebenfalls unter den Abgelichteten ist der Flüchtling Intakhab Hussain Qureshi aus Pakistan, der sagt, er sei in seiner Heimat politisch und als Angehöriger der Urdu sprechenden Minderheit verfolgt worden. Seit sechs Jahren bange er um seine Familie in der Heimat, die immer wieder drohenden Übergriffen ausgesetzt sei. Eine Chance die Familie nachzuholen gebe es für ihn aber derzeit nicht. Qureshi hofft darauf, über die Kampagne mit anderen ins Gespräch kommen zu können.
Initiatoren rechnen auch mit Widerspruch
Auf den Plakaten sind auch Einheimische zu sehen, die sich für Flüchtlinge und Integration engagieren. "Zur Vielfalt gehören auch die, die immer schon da sind", sagt Barbara Ette, die Integrationsbeauftragte im Landkreis Konstanz. Ihr und ihren Kollegen sei bewusst, dass es auch Menschen gibt, die Vielfalt nicht wertschätzten und denen die Plakate nicht gefallen werden. Martin Rauwolf, Flüchtlingsbeauftragter der Gemeinde Gottmadingen, sieht Chancen, zu allen Meinungen ins Gespräch zu kommen.
Hinter der Aktion mit großem Begleitprogramm steht der landkreisweite Arbeitskreis der Integrations- und Flüchtlingsbeauftragten. Bei der Umsetzung halfen 40 Studenten aus dem Fach Kommunikationsdesign der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung, unterstützt von Professor Valentin Wormbs. Mit der Plakatserie starten eine Wanderausstellung durch den Landkreis sowie Angebote wie Biografiegespräche, interkulturelle Schulungen und vorbeugende Arbeit gegen Extremismus.
Portraits von Menschen aus dem Landkreis und satirische Zeichnungen
Die Ausstellung "Zuhause im Landkreis" hat zwei Teile. Der eine ist überschrieben mit "Wir im Landkreis". Es handelt sich um eine Porträt-Serie, die mit Fotos und Interviews Einblicke gibt ins Leben von Landkreis-Bewohnern ganz unterschiedlicher Herkunft. Der zweite Teil der Ausstellung ist mit dem englischen Wort Drawer überschrieben, das Schublade bedeutet, aber auch Zeichner. Es zeigt 59 Illustrationen, die sich satirisch mit stereotypen Denken und Vorurteilen auseinandersetzt. Dort lautet beispielsweise die Antwort auf die Frage: Wer trinkt am meisten Bier? "Das Faulbier". Und an der Spitze der Teetrinker steht in diesem Werk der "Teelefant". In den Illustrationen treibt auch das Vorurtier mit seinen Schubladen sein Unwesen. Es liebt die Ordnung, und packt deshalb alles, was es sehen kann, in eine Schublade.
Die Aktionen
- Plakatserie: 70 Plakate mit vier Motiven, jeweils ein Gruppenbild mit Menschen aus dem Landkreis ganz unterschiedlicher Herkunft, sind vom 26. März bis 4. April im ganzen Landkreis zu sehen. Die Botschaft: Im Landkreis geht es bunt zu.
- Ausstellung: Ebenfalls am Dienstag, 26. März, beginnt um 18 Uhr im Landratsamt die Ausstellung "Zuhause im Landkreis" mit den Porträts "Wir im Landkreis" und den Illustrationen "Drawer" gegen das Schubladendenken. Die Schau ist als Wanderausstellung konzipiert. Landkreis-Kommunen können sie vor Ort zeigen.
- Begleitprogramm: Biografiegespräche zwischen Eingewanderten und Einheimischen sollen das gegenseitige Verstehen fördern. Es gibt weitere Angebote zur Demokratieschulung, zur Schulung der interkulturellen Kompetenzen und zur Vorbeugung von Extremismus. (rin)