Ein Zeichen für die deutsch-britische Freundschaft wie auch für den Umweltschutz verbindet ab sofort Konstanz und Meersburg. Das 14. Schiff der fast 100 Jahre alten Fährverbindung wurde am Samstag, 17. Juni, auf den Namen der Konstanzer Partnerstadt Richmond in der Nähe von London getauft.

Und es fährt als erstes der Flotte mit Erdgas und stößt deshalb weniger Abgase aus als ein vergleichbares Diesel-Schiff. Perspektivisch soll das über 27 Millionen Euro teure Schiff mit Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden.
Der Weg bis zu diesem Tag war lange und mühsam
Bei der feierlichen Schiffstaufe wurde nochmals deutlich, wie mühsam der Weg bis zu diesem Freudentag war. Im September 2018 hatte der Bau auf der Werft Pella Sietas in Hamburg begonnen. Nach vielen Irrungen und Wirrungen lag das Schiff dann für die letzten Arbeiten lange am Anleger in Konstanz-Staad. Nun wollen die Konstanzer Stadtwerke es rasch in den Liniendienst übernehmen. Die nach der französischen Partnerstadt benannte Fähre ‚Fontainebleau‘ wird nach stolzen 53 Betriebsjahren außer Dienst gestellt.

Getauft wurde das Schiff fast auf den Tag genau 95 Jahre nach der ersten Fähre für diese Strecke, die als Nostalgie-Fähre bis heute fahrbereit ist. Und das gleich zweimal: Zuerst schütteten die Kinder Fabian Schmäh und Anika Brugger zusammen mit der Richmonder Bürgermeisterin Suzette Nicholson Wasser aus der Themse und aus dem Bodensee auf das Deck.

Dann erbaten der katholische Pfarrer Thomas Mitzkus aus Konstanz und sein evangelischer Kollege Tibor Nagy aus Markdorf Gottes Segen für das Schiff, die Besatzung und die Passagiere. Zugleich beteten sie für den Frieden auf der Welt und darum, dass auf der Welt niemand mehr bei Schiffsunglücken ums Leben kommt. Langes Tuten der Schiffssirenen begleitete diesen besonderen Moment.
Zuvor hatte für die Delegation aus Richmond der Vorsitzende des dortigen Gemeinderats, Gareth Roberts, die Glocke für das Schiff übergeben. Auch wenn die Politik durch den Brexit in schwierige Fahrwasser gekommen sei, seien sich die beiden am Wasser gebauten Städte so verbunden wie eh und je. Dafür gab es großen Applaus von den vielen hundert Gästen an Bord der „Richmond“ sowie zahleichen weiteren, die im ganzen Staader Hafengelände ein schönes Fest erlebten.

Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Reuter erinnerte noch einmal an die schwierige Baugeschichte des Schiffs, das zuerst in Segmenten in Hamburg begonnen, dann in Fußach in Vorarlberg zusammengesetzt, nach Staad geschleppt und dort dann fertiggestellt wurde. Die Insolvenz der deutsch-russischen Werft Pella Sietas, Corona und dann auch noch der Ukraine-Krieg mit Materialmangel und Inflation seien große Herausforderungen gewesen.
Am Ende war es die Hamburger Firma Technolog, die ihre besten Leute an den Bodensee schickte, um zusammen mit vielen Partnern das Schiff doch noch fertigzustellen – „ein zukunftsgerichteter Plan, harte Arbeit und engagierte Menschen“ hätten es möglich gemacht.

Auch Fähre-Mitgeschäftsführer Christoph Witte und Projektleiter Daniel Buchberger hätten sich große Verdienste erworben, ebenso der langjährige Werftchef, Dieter Ehinger, der sich ein halbes Jahr vor dem geplanten Ruhestand nochmals für die neue Fähre ins Zeug legte.

Im Schiff steckt viel Technologie aus Deutschland: Die beiden Achtzylinder-Gasmotoren mit jeweils 746 Kilowatt (1014) PS sind eine Neuentwicklung von MTU Friedrichshafen eigens für dieses Schiff. Die Voith-Schneider-Propeller an beiden Enden sind ingenieurtechnische Meisterwerke aus Heidenheim, die die Fähre besonders manövrierfähig machen. Auch die ganze Technik rund um die Vakuum-Gastanks, in denen ein Wochenvorrat des Treibstoffs eiskalt in flüssiger Form gelagert wird, sowie die ganzen Leitungen in dem System gelten als technische Pionierleistungen.

Oberbürgermeister Uli Burchardt rief allen am Bau Beteiligten zu: „Chapeau zu dieser Leistung“, denn „das hätte schief gehen können mit diesem Schiff“. Zugleich zeige aber der Vergleich zur bescheidenen ersten Fähre von 1928, die zum Festtag direkt neben der „Richmond“ festgemacht hatte, welchen Wert die umweltfreundliche Verbindung über den See habe.

Michael Theuer, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, machte deutlich, dass er im Erdgas-Antrieb einen Zwischenschritt sieht. Es sei wichtig, dass die Richmond auch auf Bio-Flüssiggas oder synthetische Brennstoffe umgestellt werden könne.

Auch die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, die für die Landesregierung gekommen war, hob den Klimaschutz hervor. Das Ziel sei ein „klimaneutraler, emissionsfreier Bodensee“, was angesichts über 40.000 Freizeitbooten eine große Aufgabe darstelle. Auch für die „Richmond“ und künftige Schiffe erwartet sie, das sie zum „Netto-Null-Ziel“ beitragen, also das Klima nicht belasten.

Wann die „Richmond“ in den Liniendienst geht, steht noch nicht ganz fest, wie Stadtwerke-Chef Norbert Reuter auf Nachfrage dem SÜDKURIER sagte. So seien noch letzte Abnahmen erforderlich. Doch noch diesen Sommer sollen die ersten Passagiere mit dem neuen Schiff fahren können. Die Gäste bei der Taufe schienen voller Vorfreude: Die elegante Bauform, das modern gestaltete Bistro und der großzügige Aufenthaltsraum entlockten ihnen beim Rundgang manche Ahs und Ohs.

Zu erkennen ist die „Richmond“ übrigens schon von weitem: Sie sieht zwar ganz ähnlich aus wie die „Lodi“ und die „Tabor“, hat aber einen schlanken, hohen Kamin, über den im Notfall kontrolliert Gas abgegeben werden kann. Und: Sie läuft nach Aussagen der Techniker besonders leise, weil die Gasmotoren eher mit Benzinern zu vergleichen sind als mit den sonst üblichen, lauteren Dieselmotoren.
