Die Polizei Dresden, Kriminalaußenstelle Pirna, hat eine Woche nach dem Seilrutschenunglück in Rathmannsdorf noch keine Antwort auf die entscheidende Frage: Warum riss das Stahlseil, als sich ein Elftklässler des Ellenrieder-Gymnasiums gerade mitten über der Schlucht befand? „Wir werten noch Spuren aus“, sagt Polizeisprecher Karsten Jäger.
Die Polizei stellte vor Ort das gerissene Seil und den Klettergurt sicher. „Die Staatsanwaltschaft hat abgesegnet, dass das Stahlseil von einem Gutachter untersucht werden soll“, sagt Karsten Jäger. „Der Auftrag wurde erteilt, aber bislang hatte der Experte keine Zeit.“ Der Industrieservice des TÜV Süd bestätigt dem SÜDKURIER: „Einer unserer Mitarbeiter wird auf Bitte der Polizei vor Ort prüfen, warum es zu dem Unglück kommen konnte.“

Die Mitarbeiterin sagt aber auch: „Der TÜV war vor dem Vorfall nicht damit beauftragt, die Seilrutsche auf ihre Sicherheit zu untersuchen.“ Laut Thomas Kunz, Pressereferent des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, war die Anlage im Wald nicht genehmigungspflichtig.
Ob es trotzdem Pflicht ist, die Attraktion regelmäßig von Fachleuten überprüfen zu lassen, ob das im konkreten Fall geschehen ist und wenn ja, durch wen: Das alles sind Fragen, mit denen die Polizei sich aktuell beschäftigt.
Die Ermittler befragen derzeit Zeugen, die direkt nach dem Absturz des Jungen und seiner aufwändigen Bergung durch die Bergwacht Bad Schandau nicht vernehmungsfähig waren. Laut Polizei konnte auch der schwerverletzte 16-Jährige bislang nicht befragt werden.
Wie lange die Untersuchungen zur Unfallursache noch dauern, kann Karsten Jäger ebenfalls nicht sagen. Klar ist dagegen: Gegen den Betreiber der Anlage, René Hofmann, wird weiterhin wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt.

Betreiber sorgt sich um das Unfallopfer
Dieser hat eine turbulente Woche hinter sich. „Ich wurde öfter nachts wach“, sagt René Hofmann dem SÜDKURIER am Telefon. Hauptsächlich beschäftigt ihn die Frage, wie es dem Verletzten geht. „Ich betreibe die Ochelbaude jetzt seit 23 Jahren und habe die Seilrutsche selbst regelmäßig kontrolliert“, sagt er. Ob auch ein externer Gutachter von Zeit zu Zeit kam, will er mit dem Verweis auf das laufende Verfahren nicht sagen.
Der Klettersteig liegt oberhalb seiner Herberge, in der Schulklassen und Jugendgruppen übernachten können. „Wer sich bei uns Ausrüstung ausleiht, darf in Begleitung von Erwachsenen auf eigene Faust in den Individualbereich des Kletterparks gehen“, erklärt Hofmann.

Die Seilrutsche liegt auf dem Rückweg vom Klettergelände. „Die Rutsche darf allerdings nur benutzen, wer bei uns einen erlebnispädagogischen Tag gebucht hat, und auch nur unter Aufsicht unseres Personals“, behauptet Hofmann, denn nur dann werde die für die Anlage benötigte Seilrolle mitgegeben.
Es besteht nach Auskunft des Betreibers also ein Unterschied zwischen Klettersteig und Seilrutsche. Laut René Hofmann gab sein Küchenpersonal die Ausrüstung für den Klettersteig an die Gruppe aus Konstanz aus. „Ich selbst war zu dem Zeitpunkt gar nicht vor Ort“, sagt der Betreiber. Fraglich ist nun, wer die Klettergurte verteilen darf und ob das Personal die Gäste bei der Übergabe der Ausrüstung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Seilrutsche ohne Einweisung und ohne Rolle nicht benutzt werden darf.
Weiterhin muss geklärt werden, ob diese Einschränkungen auch an der frei zugänglichen Seilrutsche ausreichend gekennzeichnet sind. Auch dies sind Fragen, die die Polizei beschäftigen.
Zweifelhaft ist allerdings, ob das bei der Suche nach der Unglücksursache und einer möglichen Haftungsfrage eine Rolle spielt. Denn das Stahlseil wäre vermutlich in jedem Fall gerissen, ob mit oder ohne Rolle, ob mit oder ohne Kletterparkpersonal.