Sie lebten vor etwa 2500 Jahren in unserer Region und faszinieren bis heute. Sie hinterließen fast keine schriftlichen Zeugnisse, obwohl sie eine hoch entwickelte Kultur hatten. Sie kämpften gegen die Römer und hatten Druiden als ihre geistigen Anführer. Aber wer waren sie wirklich, diese Kelten? Und wie wichtig sind sie für unser Leben im Hier und Jetzt?

Antworten gibt die Sonderausstellung „Magisches Land – Kult der Kelten in Baden-Württemberg“, die soeben nochmals verlängert wurde und nun noch bis 13. März im Archäologischen Landesmuseum Konstanz zu sehen ist. Über 10.000 Menschen haben die Ausstellung schon gesehen, viele haben begeisterte Kommentare hinterlassen. Kein Wunder. Ein Besuch lohnt sich aus vielen Gründen.

1. Wir erfahren, warum die Natur und vor allem der Wald für so viele von uns bis heute ein Kraftort ist.

Kleine Gaben sollen die Götter der Kelten gnädig stimmen – geopfert wurden sie an besonderen Orten in der Natur wie diesem ...
Kleine Gaben sollen die Götter der Kelten gnädig stimmen – geopfert wurden sie an besonderen Orten in der Natur wie diesem natürlichen Felstor bei Egesheim nahe Tuttlingen. Dass dies ein kultischer Ort war, hat sich bis heute im Namen erhalten: Der Ort heißt Heidentor. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Gleich beim Betreten der Ausstellung vermittelt die Inszenierung, dass die Besucher in eine andere Welt abtauchen. Sie fühlen sich wie in einem urwüchsigen Wald, in dem leise Naturgeräusche und das Murmeln von Figuren zu finden sind, die keltische Frauen darstellen. Klingt vielleicht ein wenig kitschig, ist es aber nicht. Ein Blick auf das riesige hinterleuchtete Foto eines natürlichen Felsbogens macht klar, wie wichtig solche Orte für die Kelten waren.

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Denn Tempel wie zu dieser Zeit die Römer oder Griechen kannten sie nicht. Effektvoll platziert ist die Sammlung kleiner Opfergaben, die vermutlich Frauen mit Kinderwunsch den Göttern in einer solchen Umgebung dargebracht haben. Die bisweilen sogar mystische Verehrung von Bäumen und Wäldern – oder zumindest die innige Beziehung zu ihnen – ist bei uns also mindestens 2500 Jahre alt.

2. Die Sache mit Miraculix, seiner goldenen Sichel – und wie das mit den Druiden wirklich war.

Vollmond und ein geheimnisvoller Wald, ein Druide (wie man ihn sich vorstellt) und seine Werkzeuge: Allein die Gestaltung der ...
Vollmond und ein geheimnisvoller Wald, ein Druide (wie man ihn sich vorstellt) und seine Werkzeuge: Allein die Gestaltung der Ausstellung mit raumhohen Leuchtkästen ist ein Ereignis. | Bild: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Simon Neßler

Aus den Asterix-Comics kennen wir alle Miraculix, den Druiden, der im Schein des Vollmonds mit seiner goldenen Sichel Mistelzweige abschneidet und den Zaubertrunk zubereitet, der unglaubliche Kräfte verleiht. Die Ausstellung in Konstanz greift das Thema auf, und es wird deutlich, dass nicht alles an Asterix Klamauk ist.

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Die Druiden waren tatsächlich die geistige Oberschicht der Kelten, wie es auch in den Schriften Caesars bezeugt ist. Sie setzten ganz auf die mündliche Überlieferung, schriftlich festgehalten wurde bei den Kelten (anders als in vielen anderen antiken Kulturen) nichts. Was im Comic eine Sichel ist, stellt laut den Archäologen ein Laubmesser aus ganz normalem Metall (immerhin sprechen wir von der Eisenzeit) dar. Die Rolle der Druiden wird gut erklärt, inklusive Erläuterungen zur modernen Druiden-Bewegung.

3. Endlich können wir uns besser vorstellen, was es mit der sagenumwobenen Heuneburg auf sich hat.

Ein animierter Film gibt einen Eindruck von der sagenumwobenen Heuneburg in der Nähe von Hundersingen an der Donau. Es war für damalige ...
Ein animierter Film gibt einen Eindruck von der sagenumwobenen Heuneburg in der Nähe von Hundersingen an der Donau. Es war für damalige Verhältnisse eine sehr bedeutende Stadt. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Die Heuneburg bei Hundersingen im Donautal ist nur eine gute Stunde von Konstanz entfernt und gilt als einer der bedeutendsten Fundorte für keltische Relikte überhaupt. Vielleicht handelt es sich dabei um die in antiken Quellen beschriebene Stadt Pyrene. Ein großartig animierter Kurzfilm auf einer der Display-Stationen zeigt, wie es in der beachtlichen Stadt und vor allem auf dem nahegelegenen Kultplatz am Rand der Schwäbischen Alb zugegangen sein könnte.

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Er ist heute als Alte Burg bekannt und wirkt unscheinbar. So belegt die Ausstellung auch, was die Archäologen alles leisten, wenn sie aus einigen Bodenfunden und aufgeschütteten Wällen ein ganzes Panorama rekonstruieren. Aus alledem ergibt sich das Bild einer sehr hochstehenden Kultur, vor der bekanntlich auch die Römer einigen Respekt hatten.

4. Der Weg zu unseren heutigen Wertvorstellungen war weit – die Kelten scheuten auch vor Menschenopfern nicht zurück.

Statuen auf den Grabhügeln verkörperten idealisierte Abbilder der dort bestatteten Anführer. Ihre Feinde wurden bisweilen erbarmungslos ...
Statuen auf den Grabhügeln verkörperten idealisierte Abbilder der dort bestatteten Anführer. Ihre Feinde wurden bisweilen erbarmungslos getötet und den Göttern als Opfer dargebracht. | Bild: Nikolaj Schutzbach

Nicht unbedingt etwas für zart Besaitete, aber ein ungeheuer spannender Beitrag ist der Ausstellungsteil über die Menschenopfer der Kelten. Zum einen zeigt er natürlich auf, wie weit wir mit unseren heutigen Moral- und Wertvorstellungen von den damaligen Überzeugungen entfernt sind. Es wird aber auch deutlich, wie die Kelten ihren Machtanspruch durchgesetzt und zur Schau gestellt haben.

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Neben den prächtigen Gräber für ihre Fürsten (und, ja, auch Fürstinnen!) fanden Forscher auch Massengräber mit menschlichen Überresten ohne Köpfe. Die Schädel dienten vielleicht dazu, bösen Zauber abzuwenden. Das ist an einer interaktiven Station erklärt, die ohne künstlichen Grusel-Faktor auskommt. Spannend ist auch, wie die Wissenschaftler, ähnlich wie Gerichtsmediziner, anhand von Knochen Todesursachen und Foltermethoden feststellen.

5. Manche Kunstwerke, die die Kelten schufen, sind einfach nur zum Staunen schön.

Rund sieben Kilogramm ist dieser wunderschöne Reif schwer, dessen genaue Verwendung bis heute nicht eindeutig geklärt ist. ...
Rund sieben Kilogramm ist dieser wunderschöne Reif schwer, dessen genaue Verwendung bis heute nicht eindeutig geklärt ist. Möglicherweise schenkten die Kelten ihn einer Gottheit als Opfergabe. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Die Kelten hatten eine hoch entwickelte Kultur mit zwei Hauptphasen, die nach zwei bedeutenden Fundorten in Österreich und der Schweiz die Namen Hallstadt und Latène tragen. Sie waren offenbar meister in der Metallverarbeitung. Bei La Tène am Neuenburger See in der Schweiz wurden kostbare und wunderschöne Schwerer gefunden, die im Moorboden überdauert hatten.

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Das wohl schönste Stück der Ausstellung ist aber ein sieben Kilogramm schwerer Reif aus Eisen mit Silberüberzug. Am offenen Ende schauen sich zwei fabelhafte Tierköpfe an. Gefunden wurde das kostbare Stück in der Nähe von Rottweil, vermutlich war das Opfer für eine Quell-Gottheit. In der Ausstellung ist der Reif in einem dunklen Raum sehr effektvoll inszeniert, aber auch andere von den Kelten geschaffene Gegenstände sind wunderschön.

6. Wir können die Urahnin aller Trompeten bewundern und uns vorstellen, wie sie Feinde erzittern ließ.

Cornyx ist der überlieferte Name für ein Blechblasinstrument der Kelten. Sie benutzten es, um im Krieg den Gegner in Angst und Schrecken ...
Cornyx ist der überlieferte Name für ein Blechblasinstrument der Kelten. Sie benutzten es, um im Krieg den Gegner in Angst und Schrecken zu versetzen. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Blasinstrumente gab es in vielen antiken Kulturen, aber das keltische Instrument Cornyx (den Namen haben uns antike Schriftsteller überliefert) gilt als wichtiger Vorfahr der heutigen Trompete. Das in der Konstanzer Ausstellung gezeigte Exemplar beweist ebenfalls die hohe Kunstfertigkeit der Kelten. Die Instrumente machten, wenn man den zeitgenössischen Überlieferungen glauben darf (bei ihnen war viel Hörensagen und Voneinander-Abschreiben im Spiel) einen entsetzlichen Lärm.

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Sie wurden im Krieg verwendet und sollten dem Gegner Angst machen. Denn auch wenn wir vieles über die Kelten noch nicht wissen – auch da ist die Ausstellung sehr ehrlich -, scheint doch gesichert, dass es wagemutige und kämpferische Menschen waren. Eine große Rolle spielte bei ihnen der Zusammenhalt, und die Gemeinschaft wurde engagiert verteidigt.