„Ich war einfach nur geschockt“, beschreibt Krissy Storz das, was ihr als erstes durch den Kopf fuhr, als sie den Raum mit der riesigen Telefonsammlung betrat. Telefon an Telefon gereiht stand da, hundert Jahre alte mit Gehäusen aus Holz, modernere aus Plastik in allen Farben.

Aber nicht nur das, sondern auch die ganze Technik, die es in der analogen deutschen Telefongeschichte brauchte, um ein großes Telefonnetz aufzubauen. Geschockt? „Weil es so viel ist“, begründet die Mitarbeiterin des Technik-Museums Sankt Georgen ihren ersten Eindruck.
Inzwischen hat sich der Raum mit der Telefonsammlung Schmidt im langgestreckten Anbau des ehemaligen Fernmeldehochhauses etwas gelichtet. Die ersten Dutzenden Kartons mit Telefonen und was sonst noch dazu gehört sind gepackt und an ihren Bestimmungsort Sankt Georgen gebracht worden. In dem dortigen Technik-Museum finden sie eine neue Heimat. Dort soll die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

„Das ist eine einmalige Sammlung mit Telefontechnik. Sie ist die größte in Deutschland in privater Hand“, sagt Hans-Dieter Schmidt stolz. Über drei Jahrzehnte lang hat sie der ehemalige stellvertretende Leiter der Telekom-Niederlassung aufgebaut. Für die Reaktion von Krissy Storz hat er Verständnis. „Das war die richtige Reaktion, wie eine Impfreaktion“, sagt er amüsiert.
Da es in dem Raum eher wie in einem Lager aussieht, verwendete Schmidt nie den Begriff Museum. Sein Ziel war es, eine vollständige Sammlung der analogen Telefontechnik zu erhalten, vom Fernschreiber über „das Fräulein vom Amt“ – also den Fernmelderelais der Vermittlungsstellen – bis hin zum Micky-Maus-Telefon samt Dokumentationen. „Zwei Apparate fehlen mir noch: ein Blechapparat aus dem Jahr 1907 und ein Holzapparat“, berichtet Hans-Dieter Schmidt.

Etliche Jahre lang suchte er vergeblich nach Interessenten, die seine Sammlung komplett übernehmen würden. Seit Langem war abzusehen, dass der Gebäudekomplex nach seinem Verkauf umgewidmet werden würde. Die Gnadenfrist für einen endgültigen Rauswurf hatte sich glücklicherweise immer wieder verlängert.
Aber nun soll wirklich Schluss sein. Bis Ende März kommenden Jahres muss Schmidt die belegten Räume verlassen haben. Dass sich auf dem ehemaligen Gelände der Telekom etwas tut, ist deutlich am Hochhaus zu erkennen, wo immer mehr herausgebrochene Fenster den Blick ins Innere freigeben.
Die Eigentümer des MAC Museums Art & Cars in Singen, Hermann Maier und Gabriela Unbehaun-Maier, vermittelten für den Telefon-Experten Schmidt den Kontakt zu Jörg Wisser, der seit dem Jahr 2009 das Technik-Museum in Sankt Georgen aufbaut.
Auf dem Gelände der ehemaligen Uhrenfabrik Staiger stehen diesem schätzungsweise 10.000 bis 12.000 Quadratmeter Ausstellungfläche zur Verfügung. „Die Gebäude standen fast neun Jahre leer. 2013 haben wir den ersten Museumsteil eröffnet“, berichtet der Chef des Unternehmens AZ Armaturen in Waldkirch.

„Das Museum wird rein privat finanziert. Wir haben die Möglichkeit und den Platz, und es passt ins Thema. Wir wollen nicht nur Autos und nicht nur Monokultur. Meine Frau hatte in diesem Raum Kunstausstellungen gemacht“, berichtet Wisser.
Rund 1000 Quadratmeter stehen für die neue Sammlung bereit. „Ich habe erkannt, dass dies ein Lebenswerk ist“, erklärt er. Die Sammlung gehe ins Eigentum des Technik-Museums über, erläutert Schmidt. Er selbst bleibe ihr als Kurator weiter verbunden.
„Ich habe die Technik instand gesetzt, damit sie läuft. Die Zerlegung ist ein riesiger Aufwand“, sagt Helfer Oskar Bühler, Fachmann für Vermittlungstechnik. Im Museum muss sie wieder zusammengebaut, verdrahtet und verlötet werden.

An der Decke muss ein Rost aufgehängt werden, um diese turmartigen Gebilde daran zu befestigen. „Das kriegen wir alles hin“, betont Jörg Wisser. „Wir wollen so viel wie möglich zeigen, aber nichts überfrachten. Mir muss es zum Schluss auch gefallen. Es ist ein lichtdurchfluteter Raum.“