„Es fühlt sich schon ganz anders an, wenn man die Verantwortung trägt. Das hätte ich nicht gedacht“, stellt Florian Fuchs, der gemeinsam mit seinem Bruder Benjamin den elterlichen Betrieb übernommen hat, fest. Er staunt selbst, denn: „Wir waren gleichberechtigt in der GbR. Das Veto lag aber respekthalber beim Senior.“
Im Alltag hat sich nichts geändert, aber: „Jetzt haben wir das letzte Wort und treffen die letzte Entscheidung. Und die Verantwortung spürt man doch“, bekennt Florian Fuchs. Senior-Chef Heinrich Fuchs hingegen ist sehr vergnügt. „Jetzt kann ich die ganzen Briefe den Jungen auf den Schreibtisch legen“, schmunzelt er.
Die beiden Söhne von Lucia (59) und Heinrich Fuchs (64) haben gleich nach ihrer Ausbildung im Betrieb mitgearbeitet. Es ist ein eingespieltes Team. Jeder brachte Ideen auf den Tisch, wenn der Familienrat tagte. Ändern wird sich daran künftig auch nichts, mit Ausnahme des Veto-Rechts.
Warum Heinrich Fuchs zum 1. Januar 2022 den Betrieb an die nächste Generation übergab? „Es war an der Zeit“, sagt er schlicht. „Die Jungen, die eine gute Ausbildung und schon jede Menge Erfahrung haben, sind alt genug, es zu tun. Es stehen immer richtungsweisende Entscheidungen und wichtige Weichenstellungen für die nächste Generation an“, wobei Heinrich Fuchs Blick unwillkürlich zu seinen Enkelkindern schweift.

„Jetzt ist es an der Zeit, in die zweite Reihe zu treten. Man merkt, man ist keine zwanzig mehr“, erklärt er, der froh ist, dass die nächste Generation am Start ist. Dass Lucia und er weiter engagiert und tatkräftig mitarbeiten, steht außer Frage. „Es ist jetzt nur das umgekehrte Anstellungsverhältnis“, schmunzelt Heinrich Fuchs, der für sich wertet: „Es ist eine angenehme Umstellung. Es ist eine gewisse Befreiung von vielen Sachen.“
Digitalisierung ist auch im Obstbaubetrieb ein Thema
Die Junioren Florian und Benjamin sind heilfroh, dass sie jederzeit auf das Wissen ihrer Eltern zurückgreifen können. „Eigentlich hat sich die Übergabe ja schon seit Jahren entwickelt. Entscheidungen bezüglich des Anbaus treffen wir beispielsweise schon länger“, stellt Florian Fuchs fest. Allerdings stöhnt er, wenn er an das komplexe, komplizierte formelle Verfahren der Übergabe denkt, bei dem „man keinen Fehler machen darf“.
Die Entscheidung der Eltern kann er nachvollziehen, denn auch ein landwirtschaftlicher Betrieb ist einem ständigen Wandel unterzogen. Da fällt auch das Stichwort Digitalisierung. Florian Fuchs gibt ein Beispiel: „Die Bewässerungstechnik vom Handy aus zu steuern, das ist so ein Bereich, wo sich unsere Eltern nicht mehr hineinarbeiten wollten.“
Die Söhne fuchsen sich jetzt richtig rein
In diesem Jahr wird sich erst einmal nichts ändern, außer innerbetriebliche Kleinigkeiten. Benjamin Fuchs als Betriebsleiter Anbau wird sich noch eingehend in die Personalführung reinfuchsen, schließlich gilt es, nicht nur die 20 bis 30 sozialversicherungspflichtigen, ganzjährig Beschäftigten, sondern auch zusätzlich die Saisonarbeiter so anzuleiten, „dass draußen alles läuft“, so Benjamin Fuchs, der bekennt: „Das ist für mich eine Herausforderung.“
Auch die Erhöhung des Mindestlohns und damit einhergehend die effizientere Aufstellung des Betriebs wird ihn beschäftigen. „Anständiger Lohn ist wichtig“, stellt Florian Fuchs fest, stellt aber die Jungunternehmer vor Herausforderungen. Obstanbau ist personalintensiv, aber gleichzeitig stehen sie mit ihren Produkten im internationalen Wettbewerb.
„Wenn deutsche Erdbeeren das Dreifache kosten würden als ausländische, würden die Kunden sich dann noch für unsere entscheiden?“, stellt er in den Raum. Deshalb werden die jungen Chefs sich Gedanken machen, welche Kulturen künftig in Betracht kommen und welche nicht mehr wirtschaftlich sind.

Aber zunächst sind sie auf Mitarbeitersuche, denn die hofeigene Bäckerei und stetige Experimentierstube mit Konditormeisterin Julia Fuchs läuft hervorragend. „Die zufällig veganen Cookies sind der Renner“, sagt die junge Frau, die froh über einen Auszubildenden, einen gelernten Konditor und Aushilfen wäre.
Überraschung: Das Hof-Café wurde rasch ein Renner
Im kommenden Jahr wollen die jungen Chefs den Hofladen umbauen. „Wir wollen ein bisschen vergrößern“, so Florian Fuchs. Der Grund für diese Notwendigkeit ist das florierende Café. „Es war eigentlich ein Gag. Wir hatten im Jahr 2011 ein kleines, freies Plätzchen und haben eine Kaffeemaschine und vier Tische hingestellt.“ Nach einer kurzen Pause bemerkt er: „Dass es solche Dimensionen annehmen würden, hätten wir nie gedacht.“
In der mittelfristigen Planung haben Florian und Benjamin Fuchs „kostspielige Investitionen“, wie beispielsweise energiesparende Kühltechnik. Und an neue Techniken im Bereich Obstanbau wollen sie sich ebenfalls herantasten.
An Ideen und Experimentierfreude mangelt es Benjamin und Florian Fuchs keineswegs. „Wir haben gute Vorbilder“, sagen die beiden unisono. Ob Einführung des Obstbaus, Direktvermarktung über den Hofladen, Besenwirtschaft, Bäckerei und Konditorei oder Brennerei – die Eltern waren immer der Zeit ein kleines bisschen voraus und haben den Betrieb sukzessive auf mehrere Standbeine gestellt.
Und was Ideen und den Mut zum Risiko anbelangt, da wollen die Jungen nacheifern. „Es ist viel Wert, dass unsere Eltern uns machen lassen. Wir dürfen ausprobieren und auch mal auf die Nase fallen – das gehört auch dazu – und trotzdem unterstützen sie uns und ziehen mit“, lobt Benjamin Fuchs.