Das Strandbad Horn, von den Konstanzern liebevoll „Hörnle“ genannt, ist seit mehr als einem Jahrhundert ein wichtiger Teil der Stadt und deren Geschichte. Seit Generationen kühlen sich hier die Bewohner der Konzilstadt an heißen Sommertagen im Wasser des Bodensees ab.
Durch touristische Reiseblogs und Webseiten dürfte das „Hörnle“ auch bei Urlaubern, die die größte Stadt am See besuchen, bekannt sein. Abgesehen von seinen großzügigen grünen Wiesen, schattenspendenden Bäumen und anderen Vorzügen hat das Strandbad einen weiteren Pluspunkt: Der Eintritt ist frei.
Dass Badegäste dort kostenfrei schwimmen und entspannen können, ist seit jeher so. Aber warum? Unter den Konstanzern ranken sich hierzu verschiedene Erzählungen. So soll das „Hörnle“ zum Beispiel im Zuge einer Schenkung in den Besitz der Stadt übergegangen sein.
Eine Bedingung dieser Schenkung soll gewesen sein, dass das Bad kostenfrei bleiben müsse. Auch von diversen Stiftungen, wie einer „Großherzoglichen Markgräflichen Stiftung“, wird berichtet. Oder auch, dass der Eintritt einst aufgrund von Bürgerprotesten abgeschafft worden sein soll. Aber was davon stimmt eigentlich?
Fakt ist: Das Hörnle war schon immer kostenlos
Proteste, damit der Eintritt zum Strandbad kostenlos wird, gab es nie. Aus einem einfachen Grund: Der Eintritt hat noch nie Geld gekostet. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts sind die ersten Konstanzer auf dem Grundstück des heutigen Strandbades schwimmen gegangen. Zu dieser Zeit erfolgte dies sozusagen illegal, denn Baden war dort nicht erlaubt. Nur in den dafür vorgesehenen Badeanstalten durfte geschwommen werden, erklärt Stadtarchivar Jürgen Klöckler.

Erst um 1915 tauchte das Gebiet des heutigen Strandbads in Unterlagen der Stadtverwaltung erstmals als Bademöglichkeit auf. Wenige Jahre später wurde ein beaufsichtigter Badebetrieb ermöglicht. Die Stadt übernahm in Zuge dessen einen Geländestreifen von der Spitalstiftung, der das Grundstück gehörte. 400 Mark Pacht musste die Stadt damals Zahlen – im Gegensatz zu den Badegästen, denn für sie war der Besuch kostenlos.
2020 wurde das Strandbad 100 Jahre alt. Denn im Juli 1920 wurde in einem Beschluss der Stadt erstmals von einem Badegelände am Horn gesprochen. Der Name rührt von dem Flurstück, dem östlichen Ausläufer des Bodanrücks her, das einst den Namen Hornacker trug. Einst weideten dort übrigens Schafe und Kühe – auch noch, als sich die ersten Badegäste am Hörnle tummelten.
Vertraglich wurde nie etwas festgehalten
Auch die Schenkung einer Stiftung ist eine Geschichte, die schon über Jahrzehnte erzählt wird, die aber so nicht stimmt. Dass in der Schenkung vermerkt sein soll, dass keine Gebühren erhoben werden dürfen, wenn eine Strandbad eingerichtet wird, sei historisch gesehen gar nicht möglich gewesen, wie Jürgen Klöckler, Leiter des Stadtarchivs, weiß. „Zu diesem Zeitpunkt gab es noch gar keine Strandbäder, das ist eine Erfindung der 1920er Jahre“, so Klöckler.

Damals wurde noch in dafür vorgesehenen Badeastalten gebadet. Freibäder gab es noch nicht, Männer und Frauen haben getrennt gebadet und auch die Badebekleidung war weit weniger freizügig. Dass also in einer Art Vertrag die Nichteinführung von Gebühren festgehalten sein soll, kann somit überhaupt nicht stimmen.
In den 1920er Jahren wurde immer wieder diskutiert, ob es für das Bad eine Nutzungsgebühr geben soll. Letztendlich mussten die Besucher aber nur für die Umkleiden eine Gebühr zahlen, später für Parkplätze. Für viele sei dies bereits eine Art Eintritt gewesen, wie Klöckler in seinem Aufsatz aus dem Buch „Konstanzer Bäder und Badeanstalten“ erklärt. Das könnte ein Grund sein, warum sich der Mythos hält, dass das „Hörnle“ nicht immer kostenlos gewesen sei.
Nur das Freibad nebenan musste bezahlt werden
1934 entstand schließlich ein weiteres Bad, das Strandbad Jakob. Der damalige nationalsozialistische Oberbürgermeister Albert Hermann förderte den Bau mehrerer Badeanlagen in Konstanz. Das neu errichtete Bad, an dessen Stelle heute die Bodensee-Therme steht, sei luxuriöser gewesen. So waren beispielsweise Duschen vorhanden, wie Jürgen Klöckler erklärt.

Ein Luxus, der finanziert werden musste. „Und dann hat man gesagt, dass dies das Bad wird, das man für den Tourismus und Besserverdienende nutzt und Eintritt verlangt. Und das Hörnle ist das Bad für die Einheimischen, dort wird kein Eintritt verlangt“, so der Stadtarchivar.
Auf der andere Seite das teure Strandbad Jakob, auf der anderen das kostenlose „Hörnle“ – das Volks- und Familienbad für die einheimische Bevölkerung. Eine Entwicklung die wohl endgültig dazu führte, dass das Strandbad Horn noch heute kostenlos ist.
Klöckler: „Wenn man wollte, ginge es schon“
Dass es diesen ominösen Vertrag, von dem sich ein Teil der Konstanzer erzählt, nicht gibt, hat auch eine weitere Folge: Die Erhebung von Badegebühren wäre somit heute noch möglich, wenn der Stadtrat, beziehungsweise die Bädergesellschaft, sich dazu entschließen würde. „Wenn man wollte, ginge das schon“, sagt Jürgen Klöckler. Eines dürfte wohl aber auch klar sein. Wer auch immer diese Gebühren einführen würde – der Protest aus der Konstanzer Bevölkerung dürfte ihm wohl sicher sein.
Na, sind Sie überrascht?
Wenn Sie auch eine solche Erzählung aus Konstanz oder der Umgebung kennen und möglicherweise sogar Hintergründe zu der Geschichte wissen, melden Sie sich gerne per Mail an konstanz.redaktion@suedkurier.de. Wir finden dann für Sie heraus, ob sie wahr oder falsch ist.