Es ist eine erschütternde Nachricht für Wallhausen und weit darüber hinaus: Ewald Giess, der seit über 55 Jahren Schifffahrtskapitän auf dem Bodensee war, ist am Sonntag, 27. August, gestorben. Laut Pressebericht des Polizeipräsidiums Konstanz erlag er seinen schweren Kopfverletzungen nach einem Unfall.

Dieser ereignete sich laut Polizei am Samstag, 26. August. Ewald Giess fuhr mit seinem E-Scooter auf der Heinrich-von-Tettingen-Straße in Wallhausen in Richtung Uferstraße. Er nutzte seinen Elektro-Roller regelmäßig, um zwischen Wohnung und Hafen zu pendeln.

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Gegen 12 Uhr verlor er laut Pressebericht auf der abschüssigen Straße die Kontrolle über den E-Scooter und stürzte. Mehrere Augenzeugen eilten sofort zur Unfallstelle, wie eine von ihnen dem SÜDKURIER berichtet. „Eine Ersthelferin reagierte richtig gut“, sagt die Zeugin. „Sie hatte offenbar medizinische Kenntnisse und stellte sicher, dass der Gestürzte ruhig liegen blieb und dass die Straße abgesperrt wurde.“

Dann trafen Notarzt und Rettungswagen ein. „Sie blieben bestimmt eine halbe Stunde vor Ort“, schätzt die Zeugin. Laut Polizei brachte der Rettungswagen Ewald Giess anschließend in die Klinik, wo er am Sonntag gegen 17 Uhr starb. Seine Familie veröffentlichte auf Facebook das Foto eines Schiffsmasts mit schwarzem Trauerflor. Das Unternehmen bittet um Verständnis, dass bis einschließlich Sonntag, 3. September, kein Kursverkehr stattfindet.

Ein Wallhauser Urgestein

Ewald Giess, geboren und aufgewachsen in Wallhausen, wurde 79 Jahre alt. Er war in seinem Heimatort und weit darüber hinaus bekannt und geschätzt. Schließlich war Giess seit über 55 Jahren auf dem Bodensee unterwegs. Gemeinsam mit Sohn Michael führte er die Personenschifffahrt Giess und Giess, die mit den Schiffen Seegold und Seeperle zwischen Wallhausen und Überlingen pendelt.

(Archivbild) Eine Weile arbeiteten drei Generationen der Wallhauser Familie Giess gemeinsam auf dem Motorschiff Seegold (von links): ...
(Archivbild) Eine Weile arbeiteten drei Generationen der Wallhauser Familie Giess gemeinsam auf dem Motorschiff Seegold (von links): Ewald, sein Enkel Dennis und dessen Vater Michael. | Bild: Nikolaj Schutzbach | SK-Archiv

Ewald Giess erlangte 1966 nach seiner Bundeswehrzeit das Bodenseeschifferpatent. Ausgehändigt bekam er es jedoch erst ein Jahr später, als er die erforderlichen fünf Jahre Fahrpraxis nachweisen konnte. Schon ein Jahr später übernahm er das Schifffahrtsunternehmen von seinem Vater Viktor Gieß (die Schreibweise mit dem scharfen S steht auch bei seinen Nachfahren im Ausweis, die aber nach außen hin mit dem doppelten S firmieren).

Inzwischen besteht der Betrieb in vierter Generation: Neben Sohn Michael stieg auch Enkel Dennis in den Familienbetrieb ein. Eine Zeitlang arbeiteten Ewald, Michael und Dennis Giess gemeinsam in Vollzeit auf dem Motorschiff Seegold.

(Archivbild) Kassieren gehörte viele Jahre lang auch zu den Aufgaben von Ewald Giess.
(Archivbild) Kassieren gehörte viele Jahre lang auch zu den Aufgaben von Ewald Giess. | Bild: Nikolaj Schutzbach | SK-Archiv

Zuletzt zog sich Ewald Giess vom Pendelbetrieb zurück, arbeitete aber weiterhin beim Tretbootverleih der Familie in Überlingen mit, den seine Enkelin Anika betreibt. Außerdem war er bei Sonderfahrten mit der Seeperle oder der Seegold im Einsatz.

In all den Jahren genoss Ewald Giess die Selbstständigkeit und das Arbeiten auf dem Wasser. Er sei extrem selten krank gewesen, erzählte er einmal dem SÜDKURIER. Wichtig war ihm aber auch der Blick über das Wasser hinaus: Ewald Giess war seit 1999 Ortschaftsrat für Dettingen-Wallhausen und saß für die CDU in dem Gremium.

(Archivbild) Auch das Schiff „Seestern“ gehörte zur Flotte der Personenschifffahrt Giess und Giess. Auf diesem Bild von ...
(Archivbild) Auch das Schiff „Seestern“ gehörte zur Flotte der Personenschifffahrt Giess und Giess. Auf diesem Bild von Dezember 2011 steht Ewald Giess an der Anlegestelle Wallhausen auf dem Schiff, im Hintergrund ist Überlingen zu sehen. | Bild: Hanspeter Walter | SK-Archiv

Ortsvorsteher Roger Tscheulin, ebenfalls CDU, sagt: „Wir wurden damals beide als Neulingen in den Ortschaftsrat gewählt. Ewald war als Wallhauser Urgestein wichtig für den Ort, er hat die ganze Entwicklung miterlebt – und er machte aus dem väterlichen Betrieb ein mittelständisches Unternehmen, das eine wichtige touristische Verbindung für Wallhausen darstellt.“

Roger Tscheulin beschreibt Ewald Giess als gut vernetzte und anerkannte Person. „Er war auch immer verlässlich. Was man mit ihm vereinbart hat, das galt. Und großzügig war er auch.“ An ihm schätzte der Ortsvorsteher auch, dass er „als frei denkender Mensch immer geradeheraus sagte, was er meinte.“

(Archivbild) „Ewald war als Wallhauser Urgestein wichtig für den Ort“, sagt Ortsvorsteher Roger Tscheulin.
(Archivbild) „Ewald war als Wallhauser Urgestein wichtig für den Ort“, sagt Ortsvorsteher Roger Tscheulin. | Bild: Nikolaj Schutzbach | SK-Archiv

Ganz ähnlich äußert sich auch sein langjähriger Ortschaftsrats-Kollege Kurt Demmler, CDU. „Ich bin sehr bestürzt über diese Nachricht“, sagt Demmler. Sein neun Jahre älterer Wegbegleiter sei schon vor vielen Jahren ein Vorbild für ihn gewesen. „Wir saßen über 20 Jahre gemeinsam im Ortschaftsrat“, sagt Kurt Demmler.

„Ewald war sehr zuverlässig und ehrlich, man konnte sich auf sein Wort verlassen.“ Besonders die Tourismus-Themen hätten ihm am Herzen gelegen. „Außerdem haben wir beide beim TSV Dettingen-Wallhausen Fußball gespielt. Als ich zum Verein kam, war Ewald schon da und ich habe zu ihm aufgeschaut“, so Demmler.

Ewald Giess hinterlässt eine Frau, einen Sohn und zwei Enkel.