Mitarbeiter und Studierende von der Universität Konstanz, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) Konstanz und der Fachhochschule Kaiserslautern haben Hand in Hand gearbeitet für die Schau, die ein neues Licht auf die Geschichte vor fast 500 Jahren werfen soll.

Mit den Schlagworten Stoff, Blut, Gold. Auf den Spuren der Konstanzer Kolonialzeit ist die Ausstellung überschrieben. Diese Worte, gemeinsam mit Grafiken von Blutspritzern auf Plakaten und auf dem Begleitbuch mit 110 Seiten, deuten an, wie stark Menschen in Übersee für den Reichtum in der Region ausgebeutet wurden.

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Im Ausstellungsraum dominiert die grafische Darstellung eines Schiffsrumpfs, in dem sich Menschen drängen. Die Versklavung von Menschen sei möglich gewesen, weil manche schlichtweg zu Kannibalen erklärt wurden, dies zeigt die Schau auch.

Hinter der Ausstellung stehen in leitender Funktion Kirsten Mahlke von der Universität Konstanz, Eva-Maria Heinrich von der HTWG Konstanz und Frank Forell von der Fachhochschule Kaiserslautern.

Auf den Spuren der Konstanzer Kolonialzeit: Die Wissenschaftler Kirsten Mahlke, Frank Forell und Eva-Maria Heinrich (von rechts) sind ...
Auf den Spuren der Konstanzer Kolonialzeit: Die Wissenschaftler Kirsten Mahlke, Frank Forell und Eva-Maria Heinrich (von rechts) sind verantwortlich für die neue Ausstellung im Kulturzentrum am Münster. | Bild: Claudia Rindt

Zur Eröffnung blieben wegen der Corona-Pandemie und der Kontaktbeschränkungen die Macher aus den Hochschulen weitgehend unter sich. Der Termin verwies auf ein historisches Ereignis: Vor 500 Jahren eroberten Spanier Tenochtitlan, die Hauptstadt der Azteken in Mexiko.

Damals begannen Plünderungen und Versklavungen in der sogenannten Neuen Welt. Die Fernhandelsfamilien Sailer aus St. Gallen und Ehinger aus Konstanz mischten wohl bald mit im blutigen Geschäft. Dreh-und Angelpunkt der Ausbeutung sei das Augsburger Familienunternehmen Welser gewesen.

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Der Wohlstand Europas werde außerhalb produziert, dies gelte bis heute, stellte David Tchakoura klar. Er ist der Integrationsbeauftragte der Stadt Konstanz. Der Mann mit Wurzeln aus Togo sprach damit die weniger entwickelten Länder an, in denen heute Europäer für Billiglöhne produzieren lassen. Diese Form der ausbeuterischen Wirtschaft habe ihre Wurzeln in Zeiten, in denen die Kolonialherren von der Sklaverei profitierten, stellte Tchakoura fest.

„Es ist dasselbe Erbe“, so Tchakoura weiter. Er hält es für wichtig, dass sich eine Gesellschaft auch mit ihrer weniger rühmlichen Geschichte auseinandersetzt. Konstanz sei heute eine internationale Stadt. 160 Nationen hätten hier eine neue Heimat gefunden. Und doch werde das Fremde von manchen noch immer als Bedrohung wahrgenommen.

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Die Konstanzer Historikerin Hannah Alejandra Beck, die ihre Doktorarbeit zum Thema der Ausstellung geschrieben hat, und auch Mitautorin des Begleitbuchs ist, sagte: Der Teil der Geschichte, in der Konstanzer Kaufleute an der Kolonialisierung mitwirkten, sei ihr völlig unbekannt gewesen. Sie sei auch erst in spanischen Archiven auf die wichtigsten Dokumente gestoßen.

Dort aber habe sie Material für mehrere Doktorarbeiten gefunden. Viel Auskunft habe beispielsweise das Testament des im August 1537 verstorbenen Ulrich Ehinger und eine Inventarliste über sein Vermögen gegeben. Anhand dieser konnten Historiker nachvollziehen, welche Gebrauchsobjekte, Tiere und Kunstgegenstände in den 1530er Jahren nach Europa und Spanien gelangten.

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Mark Häberlein, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bamberg, sagte zur Eröffnung der Ausstellung, die damaligen spanischen Eroberer hätten eine Beutegemeinschaft gebildet. Diese Gemeinschaft sei unter anderem auf der Jagd nach Ruhm, Ansehen und Titeln gewesen. Auch als die Kaufleute Ehinger und Sailer von der Sklaverei profitierten, sei diese ein etabliertes und gewinnträchtiges Geschäftsfeld gewesen.

Er erinnerte daran, dass damals in der Schweiz und in Oberschwaben Söldner und Landsknechte eine bedeutende Rolle spielten. Er sprach sich dafür aus, auch diese Zusammenhänge zu sehen. Grundsätzlich sei bis heute wenig bekannt über die damaligen regionalen Akteure. Ulrich und sein Bruder Heinrich Ehinger würden beispielsweise oft verwechselt. Häberlein sprach sich dagegen aus, Kolonialismus grundsätzlich als Verbrechen zu betrachten, wohl aber die Gewalt, die gegen Ureinwohner angewandt wurde.

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