Lautes Gebrüll erschallt aus den Kellerräumen eines Konstanzer Betten- und Matratzengeschäfts. Seltsam gewandete, wild wirkende Menschen mit Furcht einflößenden Waffen stehen vor gestapelten Polsterungen. Kämpferisch stehen sie da und fangen sogar noch an zu singen. Was ist denn hier los?

Die Wikinger brüllen Video: Scherrer, Aurelia

Alles ganz harmlos?

In Wirklichkeit handelt es sich bei der Meute nicht um eine versprengte, plünderungslustige Truppe aus dem Norden, sondern um sechs kreative Menschen aus Konstanz, die zu neuen Ufern aufbrechen. Peter Evers, von Haus aus Physiker und Lehrer, hat nämlich etwas gewurmt, wenn er große Musicals sah: „Man spielt die Lieder eines großen Stars, ein bisschen Lightshow und fertig ist ein Musical. Es hat mich geärgert, dass es so einfach ist.“

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Dieser Ärger war für ihn Ansporn, selbst ein Musical zu schreiben; eines, das sich von allem Dagewesenen abhebt. „Ich wollte antizyklisch handeln: Kleine Besetzung, neue Lieder, anderes Thema“, so Evers. Entstanden ist ein ungewöhnliches Kammer-Musical. „So eine Art Musical gibt es noch nicht“, sagt er.

Die Sagenwelt der Wikinger, mit denen sich noch nicht allzu viele Menschen beschäftigen, hat ihn fasziniert. Er ist tief in die Materie eingetaucht, hat sich sogar intensiv mit der altnordischen Sprache auseinandergesetzt, ist gar zu Recherchezwecken nach Grönland gefahren und: „Als ich meinen ersten Eisberg gesehen habe, war ich hin und weg.“ Entstanden ist letztlich ein spannendes Werk auf Grundlage jener Sagen und „es wird gestorben, gemordet, geliebt, gehasst und geneidet“, skizziert er. Mit dem Matratzenlager hat er dann per Zufall auch eine Bühne für die Proben gefunden. Den Akteuren aber hat er zunächst das Wichtigste verschwiegen.

5 Menschen, 12 Instrumente, 14 Rollen

Was keiner der fünf Mitwirkenden vorher wusste: Sie müssen nicht nur schauspielern, sondern auch noch singen und Musikinstrumente spielen. Ganz hart hat es den nicht unbekannten Konstanzer Musiker Roy File getroffen. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich ein bisschen Schlagzeug spiele“, sagt er.

Die Wikinger singen Video: Scherrer, Aurelia

Nach einer kunstvollen Pause fügt er an: „Dann bekam ich eine Rolle und dann noch eine und dann muss ich noch Klavier spielen, aber von Schlagzeug ist bisher immer noch nicht die Rede.“ Warum er trotzdem mitmacht: „Weil es genial verrückt ist.“ Genial verrückt ist auch, dass 5 Menschen in 14 Rollen schlüpfen und insgesamt 12 Instrumente spielen.

Genial verrückt von Anfang bis Ende

Genial verrückt sei auch die Musik, findet Roy File. Diese habe Evers selbst komponiert. „Wir fangen sehr archaisch an“, meint der Kammer-Musical-Erfinder, „und zwar mit einer Talharpa.“ Martina Junker, die dieses Instrument spielen wird – neben ihrem Hauptberuf ist sie auch als Chorleiterin aktiv – verzieht das Gesicht.

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„Talharpa: Schwierig zu spielen und klingt für ein Musikerohr erst einmal schrecklich. Bis jetzt habe ich es noch nicht geschafft, einen Ton zu erzeugen, der dem Musikergehör entspricht“, frotzelt sie. Aber das Ensemble hat noch etwas Zeit bis zur Premiere. Und: Sie können es kaum erwarten. Was erwartet der Macher? „Es soll einfach saugut werden“, sagt Peter Evers.

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