Liebe, ein einziges Wort, das beim Leser aber eine ganze Batterie an Gefühlen auslöst. Es ist nicht einfach nur ein Wort wie Stromkasten oder Tisch. Mag auch der eine oder andere negative oder positive Gefühle mit diesen Dingen verbinden, Liebe spielt definitiv in einer anderen Liga. „Dieser Begriff ist so vielseitig“, sagt Veronika Fischer, Autorin. „Ich finde, er sollte mal ordentlich aufgedröselt werden. Jeder redet von Liebe, aber jeder meint damit etwas Anderes.“
Ihr Doktorvater hat sie ermutigt, das Thema im Rahmen einer Promotion genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Titel: „(Miss)Verständnisse der Liebe“. „Es gibt natürlich schon viele Ansätze, um den Begriff Liebe zu erklären, aber bisher hat mir keine der moderneren Varianten zugesagt“, erklärt die 33-Jährige, die Philosophie und Literatur studierte und schon ihre Masterarbeit über die Liebe schrieb.
Der Begriff „Liebe“ hat viele Bedeutungen
„Liebe wird in verschiedenen Kulturen ganz unterschiedlich gelebt und definiert. Dieser eine Begriff steht für so viele verschiedene Dinge. Da sind doch Missverständnisse programmiert. So wie die Inuit mehrere Begriffe für Schnee haben, müsste es mehrere Worte für Liebe geben, oder?“, sinniert sie. „Der eine meint mit Liebe zum Beispiel die Liebe seines Lebens, der andere eine erotische Bekanntschaft.“
Die gebürtige Allgäuerin ist wegen der Liebe in Konstanz verankert und hat vor Jahren den Rat ihrer Dozentin befolgt. Sie sollte (und wollte) sich in der Masterarbeit mit einem schönen Thema beschäftigen, da sie zu dieser Zeit schwanger war.
Aus einem Kind wurden mittlerweile drei und aus der Philosophiestudentin eine freiberufliche Autorin. Ihre Doktorarbeit liegt schon mehrere Jahre auf ihrem Schreibtisch – fertig ist sie aber noch lange nicht. Immer wieder schieben sich spannende Ideen und Projekte dazwischen.

So hat sie ein Kinderbuch geschrieben und ein Theaterstück verfasst. Und so ist es mit ihrem Interesse an Philosophie: Veronika Fischer ist davon überzeugt, dass man auch mit Kindern philosophieren kann. Dabei muss es nicht um etwas Hochgeistiges gehen, es geht um ganz allgemeine Denkprozesse und die Art, wie man Kinder zum gezielten Nachdenken bringen kann.
„Kinder haben ja oft eine beeindruckende Logik, schweifen aber gern ab“, so Fischer. Mithilfe von geschickten Nachfragen kann man den roten Faden aber gut weiterspinnen… Aktuell ist es ein Liebesbrief-Service. Hier kann sie beide Professionen vereinen: In einem kurzen Interview am Telefon befragt sie als Journalistin ihre Auftraggeber und schreibt dann als Autorin und Philosophin einen Liebesbrief.
Etwas Nähe in Zeiten sozialer Distanz
„Die Briefe bedienen ein Grundbedürfnis des Menschen nach Liebe, nach Nähe und Geborgenheit“, resümiert Veronika Fischer. „In der jetzigen Zeit sind die Menschen entweder sehr allein, weil sie als Singles leben, oder in einer gegenteiligen Situation, weil sie mit ihrer Familie ununterbrochen zusammen sind. Beide Settings lassen wenig Platz für Romantik!“ Die soziale Distanz in Zeiten von Corona hat die Dingelsdorferin auf die Idee gebracht, Menschen wieder ein Stück näher zueinander zu bringen: mit Liebesbriefen.
„Es ist wirklich schwierig, die Liebe am Leuchten zu halten in der heutigen Gesellschaft, wo man ständig neuen Begegnungen und Bewertungen ausgesetzt ist. Ich möchte mit dem Liebesbrief-Service der Liebe einen Raum geben. Ein aufgeschriebenes Wort hat eine ganz andere Bedeutung und lebt länger“, ist sich Veronika Fischer sicher.
Für langjährige Partner oder die geliebte Omi
Sie möchte aber nicht nur Verliebte ansprechen, sondern auch Menschen, die schon lange in Beziehungen sind oder auch ihre Liebe zu den Eltern, Großeltern, Kindern und anderen ausdrücken möchten. „Viele Menschen fühlen sich derzeit einsam oder überfordert. Ich glaube, ein Liebesbrief, den man immer wieder herausholen und lesen kann, ist etwas ganz Wunderbares, Kraft-Spendendes – gerade jetzt. Ich selbst zum Beispiel habe alle meine Liebesbriefe aufbewahrt und hüte sie wie einen Schatz!“
Die ersten Liebesbriefe hat Veronika Fischer schon geschrieben. Die Rückmeldung einer Frau freute sie besonders: Diese habe sich im Gespräch zum Brief wieder bewusst gemacht, was sie alles an ihrem Mann schätze und liebe. Und so die emotionale Bindung neu aufgefrischt.