Sandra Pfanner

Wie viel Prozent des Umsatzes in Konstanz gehen auf das Konto der Schweizer? Rund ein Drittel des Jahresumsatzes von etwa 600 Millionen Euro kommt von Schweizer Kunden. Das schätzt Utz Geiselhart vom Handelsverband Südbaden. Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Gfk aus dem Jahr 2013 ergab: Insgesamt geben Schweizer Kunden jährlich rund 3,8 Milliarden Euro bei Einkäufen in Deutschland aus.

Wieviel Euro gehen dem deutschen Staat durch die wegfallende Mehrwertsteuer verloren? Was letztlich wegfällt, ist die Umsatzsteuer. Denn: Anspruch auf die Erstattung haben in Wirklichkeit die Geschäfte, die die Steuerbeträge im Rahmen der Umsatzsteuervorauszahlung beim Finanzamt in Abzug bringen. Die Unternehmen geben aber in der Regel die Steuervergütung an ihre Kunden weiter, um sie an das Geschäft zu binden. Wie viel ist es also letztlich? Volkswirt Oswald Petersen, der einen Mindestumsatz von 125 Euro bei Einkäufen fordert, spricht von jährlich rund 200 Millionen Euro an Umsatzsteuer, die dem deutschen Staat entgeht. Zum Vergleich: Insgesamt wurden 195 Milliarden Euro an Umsatzsteuer im Jahr 2012 eingenommen.

Wieviele Scheine werden in Konstanz täglich abgestempelt? Rund 12 000 Ausfuhrscheine werden aktuell an einem Werktag an der Deutsch-Schweizerischen Grenze in Konstanz/Kreuzlingen abgestempelt, so Zoll-Pressesprecher Michael Hauck. An manchen Samstagen sind es 25 000. Zum Vergleich: Von Januar bis September 2013 waren es insgesamt 2,55 Millionen abgestempelte Ausfuhrscheine. Im selben Zeitraum 2014 sind es bereits 2,76 Millionen. An den Grenzübergängen in Konstanz werden jetzt in der Vorweihnachtszeit rund 30 Beschäftigte eingesetzt. Im gesamten Hauptzollamtsbezirk von Konstanz bis nach Bad Säckingen sind es rund 120, bislang waren es rund 100.

Wie funktioniert das Verfahren? Nahezu alle Geschäfte in Konstanz bieten die Rückerstattung der Mehrwertsteuer an – entscheiden aber selbst, ob sie diese Dienstleistungen anbieten wollen, denn sie sind nicht gesetzlich dazu verpflichtet. Nach dem Einkauf lässt sich der Kunde an der Kasse auf dem „grünen Zettel“ den Einkaufswert bestätigen. Danach bestätigt der Zoll die Ausfuhr der Waren mit einem Stempel auf dem Dokument. Auch Deutsche, die in der Schweiz arbeiten und leben, können sich diesen Stempel bei Vorlage ihres Ausländerausweises  abholen. Die meisten gehen dann direkt in das Geschäft zurück, geben den Ausfuhrschein ab und lassen sich das Geld bar auszahlen. Mit einem neuen Einkauf verrechnet werden kann der Betrag nicht. Es gibt auch spezialisierte Mehrwertsteuer-Rückerstattungs-Firmen wie Global Blue, die das Geld gegen eine Gebühr direkt auf das Konto zurück erstatten.

Was passiert mit den Ausfuhrscheinen, wenn Sie in das Geschäft zurückgebracht werden? Der Händler muss die Dokumente bis zu zehn Jahre aufbewahren und dem Finanzamt vorlegen können. Für die richtigen Angaben trägt auch der Händler Verantwortung.

Welche Produkte sind bei Schweizer Kunden besonders beliebt? Am meisten – nämlich rund drei Milliarden Franken – werden jährlich laut dem Marktforschungsinstitut Gfk für Lebensmittel, Getränke, Körperpflegeartikel oder Haushaltswaren ausgegeben. Laut der Drogeriekette dm sind auch Babywindeln sehr gefragt. An zweiter Stelle folgen Ausgaben in der Höhe von 2,6 Milliarden Franken für Schuhe und Bekleidung. Zum Vergleich: Ein Nivea-Männershampoo kostet in Tägerwilen ab 6,35 Franken (5,27 Euro), dasselbe Produkt in Deutschland ab 2,29 Euro. Bei Möbelhändlern in Konstanz sind oft mehr als die Hälfte der Kunden aus der Schweiz, so Utz Geiselhart.

Wie ist die Schweizer Meinung zum Einkaufstourismus? In der Bevölkerung herrscht großes Verständnis für die vielen Beschwerden auf deutscher Seite, aber die große Preisdifferenz ist ausschlaggebend für den Einkaufstourismus. Der SVP-Nationalrat Hans Fehr forderte erst kürzlich, die Rückerstattung ganz abzuschaffen oder zu reduzieren. Der Schweizer Bundesrat ist für eine Einführung eines Mindestwarenwertes, bemerkt aber, dass ein solcher Entscheid in der alleinigen Kompetenz Deutschlands liege. 18 von 51 Geschäften im Lago stellen erst ab einem bestimmten Betrag Ausfuhrscheine aus, meist ab 25 Euro.

nnen die Konstanzer in der Schweiz auch einen Ausfuhrschein holen und so Geld sparen? Nein. Denn bei der Einfuhr nach Deutschland würden 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig - in der Schweiz sind es acht Prozent, das wäre also ein Minusgeschäft. Aber: Geld sparen kann man in Samnaun. Das ist das einzige zollfreie Gebiet in der Schweiz.

Wie kann man den Ablauf verbessern? Zur Diskussion steht, den Ausfuhrzettel durch eine Chipkarte zu ersetzen, um unter anderem die Wartezeit an der Kasse zu verringern. Der Vorschlag kommt von der Zollverwaltung. In einem nächsten Schritt soll die praktische Machbarkeit geprüft werden. Noch ist offen, ob und wann eine automatisierte Abfertigung kommt.