Wachsen, wachsen, wachsen: Nur so kann die Volksbank Konstanz ihren bisherigen Erfolgskurs fortsetzen. Das sagte Vorstand Roger Winter bei der Vorstellung der Geschäftszahlen 2016 des Kreditinstituts am Mittwoch in Konstanz. Denn das Umfeld ist für die Genossenschaftsbank mit ihren Standorten zwischen Hilzingen, Volkertshausen, Höri und Konstanz nicht einfacher geworden. Vor allem die extrem niedrigen Zinsen setzen das Unternehmen unter Druck, wie Winter einräumt. Nicht nur, weil sie aus jedem einzelnen ausgereichten Darlehen weniger Einnahmen erzielt. Sondern auch, weil jeder Kredit aus früheren Zeiten mit einem höheren Zinssatz irgendwann durch Darlehen mit den aktuell sehr viel niedrigeren Zinsen ersetzt werden muss. Wenn nun aber jeder einzelne Kredit weniger abwirft, müssen mehr Darlehen ausgegeben werden, um die Erträge wenigstens konstant zu halten. Und das, sagt auch Winters Kollege Werner Haun, „geht nur durch Masse“.
Mit einem Rechenbeispiel erklären die beiden Bankvorstände das Dilemma: Wenn ein Kredit über 100 000 Euro mit einem Zinssatz von vier Prozent ausläuft, muss die Bank das durch zwei Kredite über die gleiche Summe ausgleichen, wenn der Zinssatz nur noch zwei Prozent beträgt. Und steht am Ende nicht besser da als vorher. Wenn dann auch noch die Kosten stärker als die Erträge steigen, sprechen die Fachleute von einem Zins-K.O. Doch genau das „trifft auf unser Haus nicht zu“, wie Roger Winter auch mit Blick auf Warnungen aus der Branche betont.
Im Gegenteil: Die Volksbank Konstanz konnte 2016 nicht nur ihr Kreditvolumen steigern und in der Bilanzsumme weiter wachsen. Der Zinsüberschuss stieg von 19,6 auf 20,6 Millionen Euro, das Eigenkapital von 101,6 auf 108,8 Millionen Euro. Vom Jahresüberschuss von 2,044 Millionen Euro (1015: 2,077 Millionen Euro) hat die Bank 1,1 Millionen Euro als frisches Eigenkapital eingestellt. Vom Rest sollen weitere 500 000 Euro in die Rücklage wandern, dennoch bleibt für die rund 16 000 Genossen eine Dividende von unverändert vier Prozent.
Für die Zukunft gibt Winter eine klare Marschrichtung aus: Wachstum bei den Kundeneinlagen, im Kreditgeschäft und beim Eigenkapital – aber keinerlei Steigerung der Ausgaben: „Wir müssen die Kosten im Griff behalten.“ Seit 2014 hat die Volksbank eine kleine Einsparung geschafft. Wenn ein Mitarbeiter in Ruhestand geht wechselt, wird die Stelle nur dann neu besetzt, wenn sie nachhaltiges Wachstum verspricht. Kündigungen seien weiterhin nicht geplant, so Werner Haun.
Schließen wird die Volksbank in diesem Jahr zwei Filialen, die zuletzt nur noch aus einem Geldautomaten und sporadisch genutzten Büros bestanden: In Stahringen und Friedingen ist sie künftig nicht mehr präsent, wie Winter auf Nachfrage einräumt. Schon früher hatte die Volksbank ihr Netz gestrafft und zum Beispiel die Filiale auf der Konstanzer Marktstätte komplett aufgegeben. Leerstand und Überkapazitäten bei den eigenen Immobilien – das Problem beschäftigt derzeit die Sparkasse Bodensee – gebe es nicht. „Wir haben uns nie dadurch ausgezeichnet, dass wir uns mit besonderen Gebäuden hervortun“, erklärt der Volksbank-Chef auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Höhere Einnahmen verspricht sich die Volksbank auch durch höhere Gebühren für Girokonten. Sie steigen zum 1. April um einen bis drei Euro pro Monat, die Kundschaft trage das fast ausnahmslos mit, sagt Werner Haun. Aus Negativzinsen, die die Volksbank auf Einlagen von über 13 Millionen Euro erhebt, habe es bisher keine Einnahmen gegeben. Es sei auch weiterhin nicht das Ziel, langjährige Kunden mit den Kosten zu belasten, die der Bank durch Einlagen entstehen.
Von Genossen und ihren Geschäften
Volksbanken haben als Genossenschaften eine ziemlich einzigartige Rechtsform. Sie gehören ihren Kunden. Was das für die Wirtschaft und für die Region bedeutet.
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Genossenschaft: Die Volksbank hat 16 000 Mitglieder. Diese Genossen erhalten eine Dividende. Sie liegt bei der Volksbank Konstanz bei vier Prozent. Während andere Volksbanken die Ausschüttungen kürzen, soll es in Konstanz bei der vergleichsweise hohen Rendite bleiben. Allerdings können Kunden nicht in beliebiger Höhe Geschäftsanteile kaufen.
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Mittelstand: Wichtigste Kunden der Volksbanken sind Privatleute, Handwerker und Mittelständler. Die Volksbank Konstanz kann laut Gesetz Einzelkredite bis zur Höhe von 25 Millionen Euro gewähren. Diese Schwelle sei aber bei keinem Kunden erreicht, so Vorstand Roger Winter. Es sei auch in Zukunft möglich, „alle vertretbaren Kreditwünsche zu bedienen“.
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Regionalität: Investmentbanking und internationale Finanztransaktionen gehören nicht zum Kerngeschäft einer Volksbank. Stattdessen will sie die Sparer und Kreditnehmer in der Region versorgen. Und sie betont, dass sie viel an die Region zurückgibt. Steuern der Bank, Steuerleistungen der Mitarbeiter, Kaufkraft durch Gehälter, Aufträge an Unternehmen sowie Spenden und Sponsoring summierten sich laut Volksbank Konstanz im Jahr 2016 auf 12,5 Millionen Euro.
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Immobiliengeschäft: Die Finanzierung von Häusern und Wohnungen ist ein wichtiges Standbein der Volksbank. Es gebe keine Anzeichen für eine Immobilienblase, sagte Vorstand Roger Winter. Sachverständige der Bank, die den Wert einer Immobilie mit Blick auf die hinterlegte Sicherheit prüften, kämen aber immer häufiger zu dem Ergebnis, dass Häuser und Wohnungen zu weit überhöhten Preisen angeboten würden.
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Schweizer: Eine Geldanlage in Deutschland war für viele Schweizer wegen der höheren Zinsen bei uns lange Zeit attraktiv. Das Geschäft sei für die Volksbank nie groß gewesen, inzwischen aber fast zum Erliegen gekommen, heiß es bei der Bilanzpressekonferenz. Die Kaufkraft aus der Schweiz sorge aber in Handel, Handwerk und Gastronomie für eine Sonderkonjunktur, die bundesweit einmalig sei und auch von anderen Volksbanken bestaunt werde. (rau)