Wie viele Wohnungen werden auf dem rund 70 000 Quadratmeter großen Siemens-Areal gebaut? Wie viele Menschen werden dort leben? Wird das Quartier autofrei? Wird es im neuen Quartier Kinderbetreuung geben? Lauter Fragen, welche die Bürger von Petershausen beschäftigen, auf die es aber noch keine Antworten gibt. Die österreichische Firma i+R, die Ende des vergangenen Jahres das Areal gekauft hat, betreibt jetzt erst Grundlagenforschung und sammelt Details, um in Abstimmung mit der Stadt Konstanz einen städtebaulichen Wettbewerb auszuloben. Angestrebt wird ein Mix aus Wohnen, Gewerbe und Freiflächen.
Erleichtert atmeten die 20 interessierten Bürger, die der Einladung der Bürgergemeinschaft Petershausen gefolgt waren, auf. Andreas Deuring, Projektentwickler der i+R Wohnbau GmbH, hatte sie überzeugt, dass es sich bei dem Vorarlberger Familienunternehmen nicht um einen Spekulanten, sondern um ein auf Nachhaltigkeit bedachtes Unternehmen handelt. "Wir müssen ein Quartier entwickeln, das funktioniert, sonst machen wir keines mehr", sagte Deuring offen. Der Ruf des Familienbetriebs stehe auf dem Spiel. Außerdem: "Wir setzen auf Nachhaltigkeit, denn wir wollen wiederkommen." Die sogenannte Brownfield-Entwicklung – die Nachnutzung vormaliger Industriestandorte in gewachsener Umgebung – sei das Steckenpferd des Unternehmens. Anhand von Beispielen machte er deutlich, dass die Quartierentwicklung nicht nach Schema F, sondern an den jeweiligen Standort angepasst erfolge. Bezüglich des Konstanzer Siemens-Areals werde dies in enger Kooperation mit der Stadt Konstanz geschehen.
Das Siemens-Areal in Konstanz hatte i+R gereizt. "Fünf Monate haben wir es unter die Lupe genommen und festgestellt: Der Standort hat Qualität", berichtete Andreas Deuring. Auch die Stadt Konstanz hatte das Gelände zum Kauf angeboten bekommen, so Jan Bode vom Amt für Stadtplanung. Der Kaufpreis war der Stadt jedoch zu hoch. "Dafür haben wir aber die Planungshoheit", stellte Bode fest. "Im Moment ist es Gewerbe. Wenn man etwas anderes möchte, dann geht das nur mit der Stadt zusammen." Der Bauherr will ebenso wie die Stadt eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und ansprechende Freiflächen. In welchem Verhältnis und in welchen Dimensionen, das steht freilich noch nicht fest. Derzeit prüfe i+R den Standort noch, mitsamt Umgebungsstruktur, Verkehrsachsen und Bus- und Bahnverbindungen.
"Wir betreiben bis zum Sommer Grundlagenforschung", so Deuring, um alsdann die Rahmenbedingungen zu definieren, darunter Dichte, Geschosszahl und weitere wesentliche Parameter. "Dann erfolgt die Ausschreibung in Abstimmung mit der Stadt Konstanz für einen städtebaulichen Wettbewerb." Geladen sind nicht allein Architekten, sondern zwingend auch Freiraumplaner und Verkehrsplanungsbüros, denn das neue Quartier müsse nicht nur in sich, sondern gesamtstädtisch funktionieren. Darüber hinaus handle es sich beim Siemens-Areal um eine "Spezialsituation": "Es gibt acht vorhandene Gebäude. Ein Teil steht unter Denkmalschutz", erläuterte Deuring. Andererseits gebe es gut erhaltene Verwaltungsgebäude, bei denen sich die Frage stelle, ob sie künftig für Büros und Dienstleitung taugen oder ob eine Möglichkeit der Umnutzung besteht.
Viele Details sind vor der Wettbewerbsausschreibung, die noch im Sommer erfolgen soll, zu klären. Eine Fachjury – auch die Stadt wird vertreten sein – wird das Siegerprojekt ermitteln, welches dann weiterentwickelt wird. Erst nach dem städtebaulichen Entwurf erfolge das Bebauungsplanverfahren. "Es wird wohl drei bis vier Jahre dauern, bis wir anfangen", so Deuring. Dennoch bleibe das Areal in der Zwischenzeit nicht ungenutzt. Aktuell gibt es eine Flüchtlingsunterkunft in einem der Bestandsgebäude. Auch können Firmen in der Interimszeit Flächen mieten.
Wert legt die Bürgergemeinschaft Petershausen vor allem auf Grünflächen, welche sie insbesondere bei der Entwicklung des Quartiers am Bahnhof Petershausen vermisst. Auch moniert sie die dichte Bebauung am Herosé-Gelände. "Gewisse Rahmenbedingungen sind schon festgelegt, darunter auch ein hoher Grünflächenanteil, der über das Quartier hinaus für den Stadtteil" nutzbar ist, beruhigte Bode. Auch das Interesse der Petershauser, die gerne das Gelände besichtigen würden, konnte Deuring nachvollziehen. Angedacht ist bereits eine Führung mit Interessierten. Bürgergemeinschaft und Projektentwickler bleiben nicht nur diesbezüglich in Kontakt. Auch weitere Infoveranstaltungen soll es geben.
Darum geht es
- Das Areal: Das Siemens-Areal ist etwa 70 000 Quadratmeter groß. Es liegt im westlichen Teil von Peterhausen zwischen Bücklestraße, Elberfeldspange und Bahnlinie.
- Der Eigentümer: Ende 2016 hat die Firma i+R aus Vorarlberg das Areal gekauft. Das familiengeführte Unternehmen besteht seit 104 Jahren. Es realisiert mit Tochtergesellschaften unter anderem Wohnbauprojekte, Gewerbe- und Industriebauten.
- Das Vorgehen: Noch in diesem Sommer soll in Abstimmung mit der Stadt ein städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt werden. Das Siegerprojekt soll dann weiterentwickelt werden. (as)