DNA-Leiter und Lauftstege, Gucci und Galactose, Mode und Mikroskope: Wiebke Mildenberger kennt sich mit beidem ziemlich gut aus. An der Universität Konstanz steht die 22-jährige Master-Biologiestudentin im weißen Kittel im Labor. Privat trägt sie lieber weiße, extravagante Federschuhe. Wie zum Beispiel auf der Fashion Week in New York. Im Studium analysiert sie die Zellteilung bei Mäusen; in ihrem begehbaren Kleiderschrank, wie Outfits am besten zusammen passen. Darüber schreibt sie dann auf ihrem Modeblog im Internet – und Tausende schauen ihr dabei zu.

"Ich mag eben Gegensätze", sagt Wiebke Mildenberger. "Auf der einen Seite das Analytische, auf der anderen das Kreative." Schon als Teenager interessiert sich Wiebke Mildenberger für Mode, probiert Sachen aus dem Kleiderschrank ihrer Mutter an. Als sie 17 Jahre alt ist, startet sie ein Online-Tagebuch, in dem sie ihre neuen Kleider, Schuhe und Accessoires vorstellt und kurze Texte dazu schreibt. Heute ist Wiebke eine gefragte Modebloggerin – und ihre Leidenschaft gleichzeitig auch ein guter Nebenjob. Regelmäßig bekommt sie Einladungen zu großen Shows wie der Fashion Week in Berlin oder Mailand. Designerinnen wie Rebekka Ruetz schicken ihr Kleidung aus ihren neuen Kollektionen, damit sie diese in ihrem Blog bewerten kann. Diese Sachen darf sie dann behalten. Ihren eigenen Stil habe das bisher wenig beeinflusst. "Sportlich-schick und extravagant" beschreibt sie ihn. "Ich trage und präsentiere nur das, was mir gefällt." Das mag banal klingen, aber diese Antwort steht stellvertretend für eine Frage, die sich vor allem Modeblogger immer wieder stellen müssen: Wo ist die Grenze zwischen authentischer Kaufempfehlung und bezahlter Werbung?

Denn Blogger sind persönlich und müssen vor allem eines sein: glaubwürdig. Lange war die Modekritik nur wenigen ausgesuchten Redakteuren von Hochglanzmagazinen wie der Vogue vorbehalten. Plötzlich kamen da diese jungen Leute wie Wiebke Mildenberger, die ihren eigenen Stil fotografierten. Plötzlich schrieben jene über Mode, die diese Kleider auch selbst trugen – und die sich weltweit mit Millionen Modeinteressierten und potentiellen Käufern vernetzen. Es gibt inzwischen Tausende Fashion-Blogger in aller Welt. Sie suchen und setzen Trends, beschreiben, testen, kritisieren und bewerben Kleidung, Brillen, Schmuck, Uhren, Taschen, Parfums. Je größer die Reichweite eines Bloggers, desto mehr wird er auch von den jeweiligen Marken umworben. Wiebke Mildenberger sagt, sie könne es sich aussuchen, was sie auf ihrem Blog präsentiert – und was nicht. So könne sie ihrem eigenen Stil treu bleiben. Vorgefertigte Texte hätte sie zum Beispiel schon mal übernehmen sollen – und lehnte "ganz klar" ab, sagt sie.

Dass Wiebke Mildenberger – wie es vereinzelte Blogger schon machen – einmal von dem Online-Hobby leben wird, glaubt die 22-Jährige nicht. "Die Branche ist zu schnellebig, man muss schon was Festes in der Tasche haben." Trotzdem freut sie sich auf den nächsten Termin. Gestern kam sie mit einem Outfit von der Designerin Isabel Vollrath aus Berlin zurück, mit dem sie dann im September zur Fashion Week nach Mailand fährt. Mit dabei ist auch: Ihre Ersatz-Oma Christel. Die begleitet sie oft bei ihren Reisen in die Modemetropolen der Welt. Mag sie denn diesen ganzen modernen Modezirkus? "Ja, die ist voll dabei und bastelt mit mir auch immer noch an den Outfits", antwortet Wiebke Mildenberger und lacht. "Wir müssen Seelenverwandte sein."

 

Der Blog

Auf ihrem Modeblog "WMBG" präsentiert Wiebke Mildenberger persönliche Outfits und Eindrücke von großen Modenschauen aus aller Welt. Aus ihrem Privatleben berichtet sie auf Instagram und fotografiert beispielsweise Urlaubsszenen oder ihr Mittagessen. 5320 Nutzer haben ihr Profil abonniert, ihr Blog wird nach eigenen Angaben rund 10 000 Mal im Monat aufgerufen. "Ich versuche, jeden Tag etwas zu posten. Zu persönlich sollte es aber nicht werden. Ich würde niemals ein Bild von meiner Familie oder dem Haus, in dem ich wohne, öffentlich zu machen", sagt Wiebke. (sap)

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