Konstanz – Ein grüner Ball fliegt hin und her, aufgefangen wird er von Spielern, die mit überdimensionalen Nudeln hantieren. Hier wird keine hippe Ballsportart trainiert, auch um Höchstleistungen geht es nicht: Die Mitglieder von Ursula Reimanns Herzsportgruppe kommen, um einer Wiederholung vorzubeugen. Sie wollen nicht erneut einen Herzinfarkt erleben. Und sie wollen sich austauschen. "Sport tut mir gut und hinterher weiß ich, dass ich etwas für mich getan habe, und zwar auf richtige Weise", sagt Gabriele Vix. Die Truppe sei toll und die Trainerin auch. Eine weitere Motivation, regelmäßig dabei zu sein: In der Herzsportgruppe haben alle ähnliche Probleme und der Austausch darüber ermöglicht ein Gefühl des Zusammenhalts.

Diesen Effekt kennt Übungsleiterin Ursula Reimann und will ihn einsetzen. Eine Sportgruppe für Patienten mit oder nach einer Krebserkrankung ist ihr neues Projekt. Die Behindertensportgruppe wird der Träger des Sportangebots sein. "Eine Woche Bettruhe bedeutet einen Kraftverlust von 20 bis 30 Prozent", erläutert Ursula Reimann. Zeitweise Bettruhe ist bei vielen Krebserkrankungen nicht zu vermeiden, umso wichtiger sei es, die Körperkraft, die die Patienten verlieren, wieder aufzubauen. Kräftigungstraining, Gymnastik, leichtes Ausdauertraining, Entspannung – all dies kann Impulse setzen gegen Angst oder auch Depressionen, häufige Begleiterscheinungen einer Krebserkrankung. "Das Sportangebot ist geeignet für Patienten begleitend zur Chemo oder in der Nachsorge." Ebenso wie bei der Herzsportgruppe sei der soziale Aspekt entscheidend. "Die Kommunikation vor und nach dem Sport ist ganz wichtig", sagt Ursula Reimann. In der Sportgruppe finden die Patienten eher Gleichgesinnte, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, als unter gesunden Freunden.

Jan Harder, Onkologe und Leiter des Krebszentrums am Hegau-Bodenseeklinikum, ist ebenfalls vom Nutzen von Sport bei einer Krebsdiagnose überzeugt. Einige Angebote im Kreis Konstanz gebe es bereits, weitere sollen folgen. So wird das Krebszentrum 2017 eine Beratung für Krebspatienten in Zusammenarbeit mit dem Bewegungswerk Stockach anbieten. Kernpunkte sind eine Beratung der Patienten zu den Themen Bewegung und Ernährung und die Erstellung individueller Trainingskonzepte.

Siegfried Keller, Vorsitzender der Behindertensportgruppe, kennt die heilsame Wirkung von Sport aus eigener Erfahrung. "Ich habe erlebt, wie schnell es fertig sein kann", erzählt er ohne Pathos. Mit lediglich 44 Jahren erlitt er einen Herzinfarkt während des Dienstsports. In der Nachsorge der Erkrankung lernte er einen neuen Umgang mit dem Körper: "Man muss bei einer solchen Diagnose etwas tun." Seitdem nehme er regelmäßig an der Herzsportgruppe teil und engagiere sich für den Verein.

Angebote für Patienten

  • Krebssportgruppe: Die Gruppe wird ab Mitte Januar mittwochs um 16 Uhr in der Wollmatinger Halle angeboten. Übungsleiterin ist Ursula Reimann. Abgedeckt werden die Bereiche leichtes Ausdauertraining, Kräftigung und Entspannung. Kontakt: fitandfun@gmx.det
  • Weitere Angebote: Der SV Litzelstetten bietet eine Gruppe für Krebspatienten an, und zwar montags, 18 Uhr, in der Gymnastikhalle der Schule Litzelstetten.