Ein Nachverdichtungs-Bauvorhaben in bester Staader Wohnlage wird aller Voraussicht nach zum Fall für die Gerichte. Nachdem die Stadt eine Baugenehmigung für die Aufstockung eines markanten Eckgebäudes erteilt hat, stehen sich Bauherrin und Nachbarn weiter unversöhnlich gegenüber. Urs Schaubhut, der die Anwohner Annegriet und Alfred Scheideck, Franziska Maßat und Reinhard Ruhland als Rechtsanwalt vertritt, hat nach eigener Aussage Widerspruch eingelegt. Joachim Merz, der Vertreter der Bauherrin, will sich gerichtlich wehren, wenn die Aufstockung des Bungalows nicht wie jetzt genehmigt gebaut werden kann.
Das Vorhaben ist von grundsätzlicher Bedeutung, weil es untrennbar mit dem entstehenden Bebauungsplan für das Quartier zwischen Staader Straße und Schiffstraße verbunden ist. Der Gemeinderat hat für das Gebiet eine Veränderungssperre erlassen – so soll vermieden werden, dass einzelne Bauherren Vorhaben verwirklichen, die der Planungsabsicht entgegenstehen. Die Stadt Konstanz hat dennoch eine Baugenehmigung erteilt, wie beide Parteien bestätigen. Für Anwalt Schaubhut ist damit die weitere Arbeit an dem Planwerk eine Farce, denn die massive Aufstockung des Hauses Hechtgang 1 schaffe Fakten und stecke den Rahmen auch für künftige Bauvorhaben ab. Anwalt Merz dagegen spricht von einem Einzelfall, der in keiner Weise dem künftigen Planwerk entgegenstehe.

Die Auseinandersetzung dreht sich vor allem um die Größe des Bauvorhabens. Dass der eingeschossige Bungalow irgendwann einmal aufgestockt würde, hätten die Wohnungseigentümer in der Staader Straße immer gewusst, sagt Joachim Merz. Urs Schaubhut wiederum kann nicht verstehen, warum die Stadt 2016 ein Baugesuch mit einer Höhe von 10,34 Metern abgelehnt und jetzt einen mit 10,83 Metern genehmigt habe. Auch die Breite von 19,85 Metern auf der Seite zum Hechtgang und sogar 26 Metern zur Staader Straße widerspreche den Zielen des Bebauungsplans, der derzeit gerade für die Bürgerbeteiligung geöffnet ist. Was die Stadt genehmigt habe, sei "ein Verstoß gegen die Idee des aufgelockerten Bauens".
Urs Schaubhut sagt, er hoffe, dass die Stadt Konstanz selbst noch feststellt, dass die Baugenehmigung nicht rechtskonform sei. Sollte sie bei ihrer Bewertung bleiben, gingen die Nachbarn zum Regierungspräsidium, der nächsthöheren Baubehörde. Und im Fall einer Niederlage auch vor das Verwaltungsgericht? "Ja", bekräftigt der Konstanzer Rechtsanwalt. Sein Freiburger Gegenüber blickt gelassen auf den sich abzeichnenden Rechtsstreit: "Wir haben eine relativ sichere Rechtsposition. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gericht eine andere Entscheidung als die Stadtverwaltung treffen kann."
Baugenehmigungund Rechtsmittel
Wer bauen will, braucht dafür eine Genehmigung. Gegen diese sind Rechtsmittel möglich, das Verfahren ist mehrstufig:
- Stadtverwaltung: Betroffene können gegen eine Baugenehmigung bei der federführenden Behörde Widerspruch einreichen. Im Konstanzer Fall das Baurechts- und Denkmalamt kann dann das schaffen, was in der Rechtssprache Abhilfe heißt – also die Pläne zurücknehmen oder das genehmigte Bauvolumen nachträglich reduzieren.
- Regierungspräsidium: Kommt die örtliche Baubehörde dem Widerspruch nicht nach, geht die Angelegenheit zum Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde. Es kann dann entscheiden, dass Fehler gemacht wurden und die Baugenehmigung aufheben. Oder eben erklären, dass alles rechtens und das Bauvorhaben gesetzeskonform ist.
- Verwaltungsgericht: Gegen die Entscheidung des Regierungspräsidiums ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht möglich. Die Auseinandersetzung erhöht das Risiko für die Bauherrschaft – am Ende könnte das Gericht ja urteilen, dass bereits errichtete Gebäudeteile abgerissen oder verändert werden müssen. Den Start der Bauarbeiten können Rechtsmittel aber nicht so einfach verzögern. Wünschen Kläger das, müssen sie gesondert beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stellen. (rau)