Veronika Pantel

Es sei ihm wichtig, das Musikfestival in Konstanz auf einem hohen Niveau zu halten, sagte Organisator Peter Vogel einmal. Das ist ihm im Eröffnungskonzert am Mittwochabend im Inselhotel zu hundert Prozent gelungen. Der anheimelnde Festsaal mit Säulen, Fresken, Wandmalereien und Gobelin war mit etwa 200 Besuchern voll besetzt. Eine bemerkenswert gut bündelnde und rundende Akustik, sowohl für großes Orchester als auch für Kammermusik bestens geeignet, umfängt das Ohr des Hörenden.

Das erste Konzert des Festivals stellte vier hochkarätige Solisten vor, die mit der Südwestdeutschen Philharmonie, dieses Mal unter dem Dirigat von Naci Özgüz, auftraten. Der Dirigent gab präzise Anweisungen, setzte auf flotte Tempi und werktreue dynamische Gestaltung. Peter Tschaikowskys Variationen über ein Rokoko-Thema für Violoncello und Orchester A-Dur op. 33 von 1876 hört man selten in der Originalfassung. Umso beeindruckender die Leistung des jungen Cellisten Alexey Stadler, der den warm-sonoren Klang seines im Mittelpunkt stehenden Instruments brillant zur Geltung bringt. Scheinbar mit Leichtigkeit bewältigt er seinen technisch äußerst anspruchsvollen Part, stellt in feiner Gestaltung die sieben Variationen vor und zeigt sein ganzes Können in der hochvirtuosen, auskomponierten Kadenz am Ende der fünften Variation, wenn das Orchester andachtsvoll schweigt.

Eine Explosion an technischer Brillanz und zu vermittelnden Gefühlstiefen ist Dimitri Schostakowitschs a-Moll-Violinkonzert op. 77, in dem Andrej Bielow umjubelter Solist ist. Als „chaotisch“ und „volksfremd“ wurde das 1947/48 komponierte Konzert in der Stalin-Diktatur beurteilt, weshalb es lange Zeit unaufgeführt blieb. Eine bedrückende Stimmung verbreitet der erste Satz, mit schluchzender Violine, die wummernde Celesta-Klänge untermalen. In düstere Traumvisionen entführt diese Musik. Das Scherzo ist ein rhythmisch und harmonisch vertrackter, dämonischer Tanz von diabolischer Heiterkeit – aggressiv, wild und zerrissen. Dann ein mit Ostinato unerbittlich voranschreitende Passacaglia, die die Violine klagend umspielt, ehe die große Solo-Kadenz einsetzt. Andrej Bielow meistert hier alle spieltechnischen Raffinessen wie Flageoletts, Doppelgriffe, extreme Tempi- und Lagenwechsel souverän und mit entschlossener Spiellust. Mit einem grimmigen, heiter-überdrehten Tanz, gespickt mit Anklängen an volkstümliche russische Melodien, endet das Konzert, das den Zuhörer an den Wurzeln packt und emotionale Achterbahnfahrten erleben lässt.

In der Uraufführung seines Werkes „Mouvement“ von 2017 spielt Peter Vogel selbst den Klavier-Solo-Part. Er durchmisst die Klaviatur, spielt leichte und luftige Phrasen oder wüste Akkordschläge, lässt die Snare Drum den Rhythmus schlagen, Bläser wie Signale antworten. Im Mittelteil gibt es versonnenere Passagen, bevor das Piano Vogels Affinität zum Jazz nicht verleugnet und ordentlich swingt. Rhythmus-Wechsel und lange Läufe durch die Klaviatur enden in schrägen und wilden Orchester-Clustern.

Özgür Aydin ist der gefeierte Solist in Tschaikowskys bekanntem erstem Klavierkonzert b-Moll, op. 23. Orchester und Klavier ergänzen sich kongenial und lassen einander Raum. Der Klavierpart ist mit Arpeggien, Oktavgängen und hämmernder Akkordik in besten Händen, wünschenswert wäre ein noch ein weicherer Anschlag im langsamen Satz und an Piano-Stellen.
 

So geht es weiter

  • Am 19. Juli um 20 Uhr heißt es im Inselhotel „Classic meets Jazz“, wenn Peter Vogel und sein Ensemble ihre aktuelle CD „Wings“ vorstellen.
  • Am 20. Juli um 20 Uhr spielt das Südwestdeutsche Kammerorchester unter Timo Handschuh Werke von Bach, Mendelssohn, Torelli und Schostakowitsch.