Viele hundert Konstanzer Kinder sind aufgeregt: Sie wechseln kommende Woche von der Grundschule auf eine weiterführende Schule und beginnen somit einen neuen Lebensabschnitt. Einzig an der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) werden erstmals keine neuen Werkrealschüler begrüßt: Da es nur sechs Anmeldungen gab, lenkte das Staatliche Schulamt Konstanz diese Kinder um. Zwei gehen nun auf die Berchenschule, vier in die Realschule der Geschwister-Scholl-Schule. Dort kann ebenfalls der Werkrealschulabschluss erreicht werden.
Dies könnte ein Vorgeschmack auf die Zukunft sein, denn die Werkrealschule an der GSS steht auf dem Prüfstand. Seit dem Schuljahr 2012/2013 erreicht sie die gesetzlich geforderte Anmeldezahl von 16 in Klasse 5 nicht mehr. Das Staatliche Schulamt muss im Oktober deshalb der Stadt als Schulträger das so genannte erste Hinweisverfahren zur Schulentwicklung übermitteln. Das bedeutet, dass Politik und Verwaltung sich Gedanken über die Zukunft dieser Schulart machen müssen. Das geschah zwar bereits, doch durch die falsche Information einer Schulrätin verzögerte sich das Verfahren. Nun muss der Schulausschuss am 15. November erneut über den Fortbestand der Scholl-WRS abstimmen. Doch wie immer dies ausgeht: Erhält die Schule im kommenden Frühjahr wieder keine 16 Anmeldungen, lässt das Kultusministerium den Schulzweig ab dem übernächsten Schuljahr auslaufen.
Während eine große Mehrheit der Stadträte die Scholl-Werkrealschule erhalten wollte, sagt der neue Leiter des Amtes für Bildung und Sport, Frank Schädler: „Es wäre eine Chance, aufgrund der bisherigen Zahlen jetzt schon den Grundsatzbeschluss zum Auslaufen dieser Werkrealschule zu fassen. Je früher das klar ist, desto eher können wir Folgeentscheidungen treffen.“ Und davon gibt es einige: Vom Fortbestand der Scholl-Werkrealschule hängt zum einen ab, wie viele neue Räume dort für Realschule und Gymnasium geschaffen werden müssen. Zum anderen wäre auch der Ausbau der Berchenschule nötig, wenn sie künftig die einzige Konstanzer Werkrealschule wäre. Und drittens müssten auch inhaltliche Entscheidungen folgen. Alexandra Bek, Vorsitzende des Konstanzer Gesamtelternbeirats (GEB), sagt: „Sollte die GSS-Werkrealschule auslaufen, brauchen wir Lösungen für die dort angesiedelten Vorbereitungsklassen für Kinder mit wenigen oder gar keinen Deutschkenntnissen sowie für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen und emotionale und soziale Entwicklung.“
Auch die Zukunft der Realschulen ist weiterhin ungeklärt. Zwar hatte der Gemeinderat im Dezember 2016 beschlossen, dass das Theo zweizügig bleiben soll. Doch aktuell meldeten nur 27 Familien ihre Kinder dort an. Laut Frank Schädler muss sich der Schulausschuss möglicherweise auch damit nochmal befassen. Schon allein deshalb, weil die benachbarte Gemeinschaftsschule weiterhin aus allen Nähten platzt und dringend weitere Räume benötigt. Noch können sich Gebhard (mit zwei Zügen Gemeinschaftsschule und vier Zügen Grundschule) und Theo den Standort Zähringerplatz teilen.
Das gilt aber nicht mehr, wenn zum Schuljahr 2018/19 die Oberstufe der Gemeinschaftsschule startet. „Wir suchen mit dem Hochbauamt und dem Regierungspräsidium Freiburg nach einer Lösung“, sagt Schulamtsleiter Frank Schädler. Für den Übergang denkt die Stadt darüber nach, erneut Räume im Telekomhochhaus, wie bisher schon gesehen, zu mieten.
Elternvertreterin Alexandra Bek sieht in der Beseitigung des Raumdefizits an allen Schulen eines der drängendsten Probleme – auch, um alle Standorte attraktiv zu halten: „Die einzige Chance eines Schulträgers, auf das Wahlverhalten der Eltern Einfluss zu nehmen, sind bauliche Maßnahmen, die sehr wohl bei der Schulwahl eine Rolle spielen“, sagt sie. Natürlich müsse auch inhaltlich weitergedacht werden: „Die Standorte, die über die Währung Anmeldezahlen nicht funktionieren, müssen jegliche Unterstützung für ihre innere Entwicklung bekommen.“ Die knappe Lehrerversorgung und der Ausbau der Grundschulen (siehe Infotext) sollten ebenfalls im Auge behalten werden. „Wir müssen Entscheidungen mit Bedacht angehen und freuen uns dabei auf die Zusammenarbeit mit Frank Schädler“, sagt Alexandra Bek.
Zahlen und Grundschulen
- Die Neuen: Die Fünftklässler an den Schulen (Stand 19. Juli): Werkrealschule Berchen: 38; Gemeinschaftsschule: 162; Theodor-Heuss-Realschule: 27; Realschule GSS: 64; Humboldt-Gymnasium: 119; Ellenrieder-Gymnasium: 116; Suso-Gymnasium: 87; Gymnasium GSS: 61. Rund 50 weitere Kinder hatten sich am Humboldt angemeldet. Sie wurden ans Ellenrieder und an die GSS gelenkt.
- Die Grundschulen: Laut Hochrechnungen wird die Grundschülerzahl in Konstanz bis zum Jahr 2026 voraussichtlich um rund 700 höher liegen als zum Schuljahr 2015/16. Eine städtische Arbeitsgruppe nahm alle Grundschulen unter die Lupe. Den dringendsten Bedarf haben die Schulen Haidelmoos, Wollmatingen und Allmannsdorf. Geld für die Planung soll in den Nachtragshaushalt 2018 eingebracht werden, Mittel für den Ausbau in den Doppelhaushalt 2019/20. Bereits in den kommenden Monaten klärt die Verwaltung die Schulbauförderung mit dem Regierungspräsidium Freiburg. Die Bauarbeiten könnten zwischen 2019 und 2022 erfolgen.