Überall anders würde man sich wohl die Hände reiben. Da gibt es ein Grundstück in bester Lage, das seit Jahrzehnten ein Spekulationsobjekt war und vom Park zu einer kaum gepflegten Fläche verkam. Da gibt es eine Geschäftsidee, die im weiten Umkreis einmalig ist und der Stadt Aufmerksamkeit in ganz neuen Zielgruppen verleiht. Da gibt es einen Menschen aus Fleisch und Blut, der persönlich ins Risiko geht und in diesen Standort investieren will. Und was ist das Echo in Konstanz? Im besten Fall ein mildes Wohlwollen, im schlechtesten Fall eine Kampagne. Die Diskussion um das Luxushotel auf dem Büdingen-Areal zeigt, in welch erschreckendem Ausmaß sich Konstanz seinen Luxusproblemen hingibt.
Der eigene Geldbeutel als Maßstab – wie ego ist das denn?
Natürlich ist es richtig, dass ein Bauvorhaben, dessen Folgen auch die Öffentlichkeit berühren, öffentlich debattiert wird. Natürlich gilt für jeden Bauherren, dass er sich an die von Bürgervertretern aufgestellten Regeln halten muss. Und natürlich ist eine Diskussion darüber wichtig, wohin sich Konstanz entwickelt und was das für die Bürger bedeutet, die in dieser Stadt nicht nur ein paar Urlaubstage verbringen, sondern ihren Alltag. Das alles aber ist kein Grund, einen Investor persönlich zu diffamieren, mit nachweislich falschen Behauptungen und Bildmontagen Stimmung zu machen oder den eigenen Sozialneid in einer Weise auszuleben, die die eigene Befindlichkeit über die Interessen des Gemeinwesen stellt. Warum soll etwas keine Berechtigung haben, nur weil es nicht meinem persönlichen Geldbeutel entspricht?
Das Hotel ist aus vielen Gründen ein gutes Projekt
Was Hans Jürg Buff für das Büdingen-Areal plant, ist ein gutes Projekt. Ein sehr gutes sogar. Er will ein Haus bauen, das nicht die gestapelte Beliebigkeit von Drei-Sterne-Kettenhotels noch weiter in der Stadt verbreitet. Das "Sea Palace", das bis zur Eröffnung hoffentlich noch einen schöneren Namen bekommt, ist ein eigenständiger architektonischer Entwurf, der auch die Experten im Gestaltungsbeirat überzeugt. Statt auf einen schnellen Umschlag von austauschbaren Gästen setzt ein Gesundheitshotel auf langen Aufenthalt und treue Stammkunden – das reduziert Verkehr und stärkt die heimische Wirtschaft. Hochwertige medizinische Dienstleitungen wie die Mayr-Kuren sind gefragt, obwohl oder vielleicht gerade weil viele Fachleute ihren wissenschaftlichen Wert bezweifeln. Und: Konstanz hat in diesem Segment bisher kein Hotel zu bieten. Das "Sea Palace" ist eine Ergänzung und kein Vorhaben im Verdrängungswettbewerb.
Unternehmertum als Makel
Hans Jürg Buff sucht mit seinem Projekt auch wirtschaftlichen Erfolg. Dass das für viele Menschen in Konstanz etwas Anrüchiges ist, wirft ein trauriges Licht auf die Stadt. Kein Gemeinwesen kann seine Leistungen erbringen, wenn es keinen Profit gibt. Wer das Unternehmertum und das Gewinnstreben von Menschen oder von Firmen ablehnt, muss schon eine sehr gute Idee haben, wie Kindergärten und Schulen, Straßen und Radwege, Theater und Philharmonie, Sozialleistungen und Fürsorge dann finanziert werden sollen. Igitt, ein Investor: Damit bekommt man in Konstanz viel Beifall. Ist das nicht eine erschreckende Diagnose für einen Wirtschaftsstandort?
Auch der Investor hat Vertrauen verspielt
Die Diskussion, die sich diese Woche gleich mehrfach Bahn gebrochen hat, kündet vor allem von Misstrauen. Es rührt aus Projekten her, in denen die Stadt tatsächlich über den Tisch gezogen wurde. Auch im Fall des Luxushotels sind diese Tendenzen zu sehen. Da gab es eine Bauvoranfrage, in der ein nur als absurd zu bezeichnender Hubschrauberlandeplatz offenkundig als Verhandlungsmasse angeboten wurde. Da beschied das Baurechtsamt, dass das geplante Gebäude zu groß ist – die Antwort ist eine noch größere Planung. Da gibt es beim Thema Bäume angeblich veraltete Pläne, eingereicht mit wenig Sorgfalt und Respekt. Das alles ist nicht klug und schafft kein Vertrauen. Aber es ist auch kein Freibrief für die Kritiker, ebenso zu agieren.
Das Büdingen ist kein Terrain für Klassenkampf
Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass ein Hotel auf dem Büdingen-Areal gebaut wird. Das Grundstück ist in Privatbesitz, und es gibt ein verbrieftes Baurecht. Die Paragrafen sehen ausdrücklich vor, dass Abweichungen von einem Bebauungsplan möglich sind. Die Stadtverwaltung wird ihr Ermessen schon deshalb nur maßvoll ausüben, weil es am Ende sowieso gerichtlich überprüft werden wird. Deshalb wäre es besser, wenn alle Beteiligten ihre Energie darauf richteten, die Fragezeichen auszuräumen und es zu einem guten Projekt zu machen. Für Kettensägen-, Kultur- und Klassenkampf ist das Büdingen das falsche Terrain.
Diese Debatte muss man sich erst mal leisten können
Im Gemeinderat fiel bei der Diskussion zum Thema auch das Wort Dekadenz. Das ist nicht unpassend. Allerdings: Nicht eine sinnvolle Ergänzung der Infrastruktur in der Stadt ist dekadent, sondern ein viel zu großer Teil der aktuellen Debatte. Das muss man sich erst mal leisten können.