Die wörtliche Übersetzung ist schonungslos. Harte Zeit. Dies bedeutet das japanische Wort Gasshuku ins Deutsche übertragen. Karatesportler aber verstehen unter Gasshuku etwas anderes, wie Markus Ruess sagt. Ein Gasshuku ist eine Art Trainingslager, berichtet der Jugendnationaltrainer mit Basis und tiefer Verwurzelung in Konstanz. In der ersten Augustwoche findet hier in der Stadt zum neunten Mal ein Gasshuku statt, und eine harte Zeit könnte es für die erwarteten rund 1300 Teilnehmer durchaus werden. Nach Angaben der Veranstalter ist es das größte Karate-Trainingslager weltweit, und auf jeden Aktiven warten drei Einheiten am Tag, vier Stunden dauern sie zusammen.

Viel leisten muss jetzt aber erst einmal Markus Ruess. Der erfolgreiche und vielfach ausgezeichnete Sportler und Karate-Lehrer ist nach eigenen Worten seit zwei Jahren damit beschäftigt, Konstanz zum Start der Sommerferien in eine Karate-Hochburg zu verwandeln. Zu kämpfen hat er mit den Quartieren: „Wir haben viel zu wenige Hotelbetten in der Stadt.“ Und das ist nicht alles. Der Schänzle-Sportplatz und seine Umgebung müssen als Zelt- und Festwiese hergerichtet werden. Gäste kommen bis aus Australien, der Aufenthalt will gut organisiert sein.

In der Karate-Szene hat Konstanz einen guten Namen: Die rund 1300 Plätze für das Trainingslager waren schnell vergeben, die Stadt, der See und die guten Möglichkeiten in der Schänzlehalle seien überregional bekannt, sagt Markus Ruess. Dazu trägt er allerdings auch ganz persönlich bei: Als Trainer der Jugend-Nationalmannschaft ist er bestens vernetzt. Und viele Karate-Fans erinnern sich an 2006, als Konstanz erstmals die Karate-Europameisterschaft beherbergte. Weil es so gut lief, kam die Stadt 2013 gleich noch einmal zum Zuge, als das Sportereignis kurzfristig aus der umkämpften Ukraine herausverlagert werden musste.

Während sich zum Trainingslager Karatekas aller Alters- und Leistungsstufen anmelden können, braucht es für eine Trainer-Tätigkeit eine Berufung, sagt Markus Ruess. Der ausrichtende Verein Gasshuku e.V. sucht die Treiner aus – und berief für dieses Jahr auch Ruess. „Das ist eine Ehre und der Traum jedes Trainers“, freut sich der Konstanzer Sportler, aber die harte Zeit wird für ihn damit noch ein wenig anstrengender.

Die Sportler haben drei Einheiten pro Tag in der Schänzle- oder in der Paradieshalle. Zwischendurch werden sie aber auch die Stadt erkunden, sagt Markus Ruess: „Man wird verstärkt weiße Anzüge in der Stadt sehen“, kündigt er an. Dennoch rechnet er nicht mit Halli-Galli, auch nicht rund um den Zelt- und Festplatz: „Karatekas sind sehr diszipliniert“, sagt der Trainer, und sie wollten vor allem lernen. Von ihren Vorbildern, aber auch von Sportsfreunden, die aus Polen, Russland, Italien, Tschechien oder aus der Schweiz zum Gasshuku anreisen.

Möglich ist das alles, sagt Ruess, weil viele gut zusammenarbeiten. Und stimmt nicht in den Chor derer ein, die der Stadt Konstanz immer nur höhere Gebühren und Auflagen vorwerfen: „Die Zusammenarbeit mit der Stadt und ganz besonders mit dem Sportamt ist einfach großartig“, bedankt sich der mehrfache Sportler des Jahres. Er ist sich sicher, dass nach zweijähriger Vorbereitung am 31. Juli alles perfekt ist, wenn die Gäste anreisen. Am 5. August verlassen sie Konstanz wieder. Dann ist auch für Markus Ruess die harte Zeit fürs erste vorbei.

Karate selbst erleben

Beim großen Karate-Trainingslager Gasshuku von 1. bis 5. August in Konstanz sind alle Teilnehmerplätze lägst vergeben. Wer aber die Sportart kennenlernen will und vielleicht auch einige, die sie selbst ausüben, hat dazu in der ersten Sommerferien-Woche mehrere Gelegenheiten: Am Donnerstag, 4. August, beginnt um 18 Uhr in der Schänzlehalle ein Länderkampf mit den Teilnehmern Deutschland, Australien und Tschechien, auch weitere Vorführungen der Kampfsportart sind laut Markus Ruess, der Trainer der deutschen Jugend-Nationalmannschaft ist, geplant. Am Freitag, 5. August, beenden die Karatekas ihren Aufenthalt am Bodensee mit einer Feier im Festzelt am Schänzle. Auch hier sind die Konstanzer willkommen. Alle, die noch mehr wissen wollen, lädt Markus Ruess in sein Konstanzer Dojo ein; mit über 530 Mitgliedern ist es nach eigenen Angeben eine der größten Karateschulen Deutschlands. (rau)