Würde Konstanz den gesamten Flugplatz für Gewerbe nutzen, könnten dort bis im Jahr 2030 mehr als 800 Arbeitsplätze angesiedelt sein und von heute bis ins Jahr 2040 rund 40 Millionen Euro an Steuern für die Stadt abfallen. Dies geht aus einem Gutachten zu den Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekten am Flugplatz hervor. Untersucht wurden vier mögliche Szenarien: die Prognosen auf Basis des heutigen Zustands mit rund 7000 Starts im Jahr, den Ausbau des Flugbetriebs auf 30 000 Starts bis im Jahr 2030 sowie Gewerbenutzung auf etwa zwei Hektar, die Aufgabe des Flugbetriebs und die Nutzung von zwei Dritteln oder der gesamten Fläche für Gewerbe.
Alle vier Varianten zeigen nach den Gutachterzahlen positive Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte, allerdings mit einer breiter Spannweite. Sie reicht von 18 bis 800 Arbeitsplätzen im Jahr 2030 und Kommunalsteuern von 1,4 bis 40 Millionen Euro, die innerhalb von 20 Jahren für die Stadt abfallen. Das Regierungspräsidium Stuttgart schlägt inzwischen eine Kompromisslösung vor: Einen 100 Meter breiten Geländestreifen für den Flugbetrieb zu nutzen und einen 140-Meter-Streifen fürs Gewerbe. Nachteil des Doppelbetriebs: Die Gutachter gehen bei ihren Szenarien davon aus, dass aus Sicherheitsgründen und wegen der Abstände nur zweigeschossig gebaut werden kann. Für die Stuttgarter Lösung gab es keine Betrachtung. Ohne Flugbetrieb nehmen die Experten eine Bebauung mit bis zu sechs Geschossen an. Bei der Analyse der Szenarien wurden Gutachten zum Hochwasserschutz und der Tierwelt auf dem Gelände einbezogen. Judith Kurte, Geschäftsführerin der KE-Consult Wirtschafts- und Verkehrsberatung, gab bei der Vorstellung des Gutachtens keine Empfehlungen ab. Sie stellte nur die Daten vor.
Diese sollten nun der Versachlichung in den weiteren Debatte dienen, sagte Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn. "Wir haben jetzt ein paar Monate Zeit, das Gutachten zu lesen." Im Herbst soll im Rahmen des Gewerbeflächenkonzepts das weitere Vorgehen beraten werden. Der Bürgermeister sieht den dringenden Bedarf, neue Gewerbeflächen zu schaffen. Die Stadt könne die Nachfrage nicht befriedigen. Es drohten Abwanderungen von Betrieben und damit Rückgänge bei der Gewerbesteuer. Dabei sollte diese steigen. Mit den aktuell rund 40 Millionen Euro werde es immer schwieriger, die sozialen und kulturellen Einrichtungen zu halten, so Langensteiner-Schönborn. Nach einer Flächenanalyse habe Konstanz bis 2030 einen Bedarf von 34 Hektar an zusätzlicher Fläche. Langensteiner-Schönborn schwebt für neue Gewerbegebiete eine Mischung von Betrieben ähnlich wie in Stromeyersdorf vor.
Der städtische Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal sagte, pro Jahr gingen bei ihm im Schnitt 100 Anfragen nach Betriebsflächen ein in der Größenordnung von zusammen etwa zehn Hektar. Vielfach seien es einheimische Betriebe, die erweitern wollten, es aber wegen des Flächenmangels nicht könnten. Einige wanderten nun aufs Reichenauer Gebiet Göldern ab. Die Gewerbesteuer fließe dann zu den Nachbarn. Die Wirtschaftsförderung entwickle zwar zusammen mit Privatleuten Gelände für Gewerbeumsiedlungen, doch diese reichten nicht aus. "Es zählt jeder Quadratmeter. Wir brauchen mittel- und langfristige Perspektiven für Konstanzer Firmen." Bei Neuansiedlungen achtet die Stadt auf Flächeneffizienz und einen hohen Anteil von Arbeitsplätzen (mindestens 90 pro Hektar). Konstanz sei nicht der richtige Platz für Betriebe mit hohem Flächenansprüchen.
Der Flugplatz
Konstanz hat seit 1910 einen Flugplatz, seit 1962 liegt er am Rande des Naturschutzgebiets Wollmatinger Ried. Es handelt sich um einen klassifizierten Verkehrslandeplatz, der einer GmbH gehört, Anteile halten die Stadt, Vereine, Unternehmen und Institutionen. Der gesamte Verkehrslandeplatz umfasst 23 Hektar Fläche. Seit einiger Zeit diskutiert Konstanz, ob Teile oder das gesamte Areal Gewerbeflächen werden können. Ein Gutachten zu den Auswirkungen auf die Tierwelt war zu dem Schluss gekommen, dass bei Ausgleichmaßnahmen auf die Grasfläche verzichtet werden könne. Ein Hochwassergutachten sieht Auflagen vor. Das Wertschöpfungs-Gutachten ist auf der Internetseite der Stadt Konstanz abrufbar unter www.konstanz.de