Die Diskussion ist nicht neu, sie kam im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer wieder auf: Braucht Konstanz einen Flugplatz? Soll die Fläche Bauland für Gewerbe werden? Was ist wichtiger? Der Flugverkehr in Konstanz hat eine mehr als 100 Jahre lange Geschichte. Mindestens 40 Jahre davon sind von Diskussionen über die Notwendigkeit eines Flugplatzes in Hinsicht auf die Umnutzung für Industrieansiedlungen geprägt. Im Lauf seiner Geschichte hatte der Flugplatz Zeiten großer Bedeutung, er war einer der ersten in Deutschland und zum Beispiel zwischen 1925 bis 1940 in den Linienverkehr der Lufthansa eingebunden oder diente einer Luftpostverbindung. Heute gibt es zwei Flugschulen, aktive Vereine und stillgelegte Segelflugfelder, die bei Festivals zu Zeltplätzen werden. In Friedrichshafen gibt es einen nicht ausgelasteten Regionalflughafen, in Zürich ein internationales Drehkreuz und damit einen wichtigen Standortfaktor für Konstanz, und Stahringen hat einen kleinen Flugplatz.

Die Stadt möchte die Fläche für neue Gewerbeansiedlungen nutzen und argumentiert damit, dass dies neben dem Hafner, auf dem eine Mischung aus Wohn- und Gewerbebauten entstehen soll, die letzte verbliebene Fläche ist. Das Flieger-Areal neben der ausgebauten B 33 wäre eine schnell verfügbare, zusammenhängende und ebenerdige Fläche. Mit einer Nutzung für die Industrie könnte die Stadt neun Betriebe ansiedeln, oder bestehende Firmen hätten Möglichkeiten zur Vergrößerung. Dabei spielen allerdings weniger die entstehenden Arbeitsplätze eine Rolle, als die winkenden Gewerbesteuereinnahmen, die für die Stadt fraglos wichtig wären – die laufenden Haushaltsdebatten beweisen es nachdrücklich.

Die Flugplatz-Befürworter haben eine lange Liste mit Argumenten, die ebenfalls sehr gewichtig sind. Drei Punkte sprechen stark dafür, ihn zu erhalten: Er ist ein Landeplatz für Rettungshubschrauber und die Polizei bei Einsätzen. Er ist die einzige Evakuierungsfläche der Stadt im Fall einer Katastrophe. Er sorgt dafür, dass große Linienmaschinen höher über die Stadt und den Kreis fliegen müssen, als wenn er nicht da wäre – ein Unterschied von etwa 400 Metern. Und weitere Aspekte sind auch nicht unbedeutend: Gut ein Drittel der Fläche ist Überschwemmungsgebiet bei hundertjährigem Hochwasser (HQ100-Zone), direkt nebenan liegt Naturschutzgebiet und am Flugplatz hängen Firmenexistenzen.

Die Argumente pro und contra Flugplatzschließung müssen auf jeden Fall gut abgewogen werden. Wie schon beim Treffen aller Beteiligten und Betroffenen anklang: Wenn der Flugplatz weg ist, ist er weg. Und damit auch die letzte Flächenreserve der Stadt. Es wäre eine weitreichende Entscheidung. 1975 hat der damalige Gemeinderat sie zwar sogar schon einmal getroffen, aber dann später wieder revidiert. Damals hatte das Unternehmen Byk Gulden (ab 2007 Nycomed und seit 2011 Takeda) mit einem Bauwunsch angeklopft und der Rat wollte dies zur Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen. Steht dann jetzt auch jemand vor der Tür, und die Stadt will es nur noch nicht sagen? Das Verhalten der städtischen Vertreter könnte so interpretiert werden. Auf die Frage, ob es konkrete Interessenten gibt, gab es nur die vage Antwort, dass das Gelände immer wieder bei Anfragen zur Sprache komme. Das wirkt intransparent und spielt vor allem den gut vernetzten und energischen Flugplatz-Befürworten in die Karten.

Eine Schließung des Flugplatzes allein mit dem Ziel, die Flächen auf Vorrat zu haben, wäre vorschnell. In jedem Fall sollten Rat und Verwaltung die Ideen für alternative Flächen prüfen, die Peter Magulski, der die Petition Pro Flugplatz beim Land gestellt hat. Der Flugplatz hat übrigens rund 220 000 Quadratmeter. Magulskis Vorschläge umfassen 800 000 Quadratmeter, wobei sie nicht zusammenhängend sind und teils die politisch wohl kaum durchsetzbare Überbauung von Parkraum und Abschaffung von Kleingärten beinhalten.

Die bevorstehende Entscheidung muss aber keine komplette Niederlage für eine der Seiten sein. Horst Rieker vom Regierungspräsidium Freiburg hat einen Vorschlag, der den Flugplatz erhalten und trotzdem Gewerbeansiedlung ermöglichen würde. Wenn es die Chance auf einen Kompromiss gibt, sollten alle Akteure auf dieses Ziel hinarbeiten.