Die Besucher aneinander vorbeilotsen, um die Altstadt zu entlasten? Das ist der Zweck des Projekts "PredTour" der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz und der School of Management and Law in Winterthur. "Ziel ist es, eine App zu entwickeln, mit der man die Touristenströme so lenken kann, dass sich die Schweizer Einkaufstouristen und die Erholungstouristen nicht begegnen", erklärt Christine Bild. Professor Ralf Seepold fügt hinzu: "Es geht um eine intelligente Lösung, die Bewegungsmuster der Ströme zu optimieren. Das kann Ströme von Personen, aber auch Ströme von Verkehr betreffen."
Studentin Agnes Klein ist für die Entwicklung dieser Applikation (App) für das Handy verantwortlich. Diese soll im Idealfall dem Nutzer in Echtzeit zeigen, wo gerade viel los, sodass der Nutzer selbst entscheiden kann, ob er diesen Ort meidet oder sich in das Getümmel stürzt. "Unser großes Ziel ist es, aktuell Vorhersagen zu machen. Damit die schlimme Situation, die wir momentan haben, entzerrt wird", sagt Agnes Klein. Das wäre auch toll für die Konstanzer, ist sie überzeugt. "Das würde viel Stress wegnehmen bei der Entscheidung: Gehe ich jetzt einkaufen oder nicht?"
Um aktuelle Vorhersagen treffen zu können, sind Daten nötig. "Wir können die Verhaltenstendenzen der Besucher analysieren und so schauen, wie sich das in der Zukunft vielleicht auswirkt", erklärt Ralf Seepold. An die Daten kommen die Forscher, indem sie eine Kombination aus verschiedenen Technologien und Möglichkeiten nutzen – zum Beispiel die Straßen-Umfrage. Eine erste Vorbefragung haben sie bereits durchgeführt: Zehn Passanten in Konstanz sind von Studenten mit GPS-Trackern ausgestattet worden, um ihre Wege nachzuvollziehen; weitere Passanten haben Fragebögen ausgefüllt. "Diese erste Befragung hatte zum Ziel zu schauen, wie sehen die Wege im Winter aus und wie müssen wir die Erhebungsinstrumente anpassen", erklärt Bild. Im Sommer folgt die Haupterhebung.
Damit die Menschen nicht alle mit einem Tracker herumlaufen müssen, schauen die Forscher, welche Technologien es gibt, deren Daten sie in anonymisierter Form nutzen können, wie WLAN-Zugangspunkte oder die Google-Funktion Popular Times, die bereits heute anzeigt, wie viele Menschen sich aktuell an einem Ort befinden. "So können wir Punkte identifizieren, an denen viel los ist, den gesamten Strom dokumentieren und das im Idealfall dann in Echtzeit zeigen", fasst Seepold zusammen. Die App soll so gestaltet sein, dass sie für alle interessant ist: Bürger, Erholungsbesucher, Einkaufstouristen. "Wir stehen vor größeren Herausforderungen, wenn wir das alles in einer App verarbeiten wollen", sagt Klein, "aber wir sind zuversichtlich."
Im Moment ist die App noch Zukunftsvision. "Wir schauen jetzt erst mal, was möglich ist. Wir stehen noch ganz am Anfang", erklärt Agnes Klein. Das interdisziplinäre Projekt, das die Internationale Bodensee Hochschule fördert, ist vor vier Monaten gestartet und soll zwei Jahre dauern. Die absolute Sicherheit kann die App am Ende aber wohl nicht geben, erklärt Seepold. "Es gibt zu viele Unbekannten, auch weil aus Datenschutzgründen nicht alles genau messbar ist." Dennoch soll PredTour helfen, die Situation in Konstanz zu entschärfen. Im Februar wollen es die Studenten dem Stadtmarketing und der Stadtverwaltung vorstellen.
PredTour, App und GPS
- PredTour (Predicting Tourism Movements) ist der Name des Projekts und heißt übersetzt: Vorhersage der Bewegungen des Tourismus.
- App ist eine Abkürzung für das Wort Application, zu Deutsch Applikation. Das sind Anwendungen, die Smartphone-Nutzer herunterladen können.
- GPS heißt übersetzt: Globales Positionsbestimmungssystem. Damit können Standorte von Nutzern auf zehn Meter genau gemessen werden.