Marlene Resch
Ein eigenes Klingelschild, eine gemütliche WG-Küche, ein individuell eingerichtetes Zimmer – das alles kann Mohammad seit kurzem in Deutschland genießen. Grund dafür: Dank der Initiative „83 – Konstanz integriert“, die privaten Wohnraum an Geflüchtete vermittelt, lebt er jetzt mit vier weiteren Bewohnern in einer Wohngemeinschaft in Wollmatingen.

Nun heißt es wirklich ankommen für den 21-jährigen Syrer, der auf der Flucht vor dem Krieg vor eineinhalb Jahren nach Deutschland gekommen ist. Seit zwei Monaten ist er anerkannter Asylberechtigter. Hochbett, großer Kleiderschrank, Sofa und Schreibtisch füllen sein neues Zimmer, fernab von der Flüchtlingsunterkunft in Bodman-Ludwigshafen, in der er davor untergebracht war. Und mit einer gewissen Unordnung zeigt sein Zimmer die ganz normale Lebenswelt eines jungen Erwachsenen. Jeden Tag pendelt Mohammad mit dem Zug nach Singen, um dort in der Berufsschule Deutsch zu lernen. Es sei gut, etwas machen zu können und er brauche die Sprachkenntnisse, um in Deutschland leben und arbeiten zu können, erzählt er auf Deutsch. Nach Ende des Sprachkurses strebt der 21-Jährige eine Ausbildung zum Industriemechaniker an.

Mit ihm wohnen in dem Reihenhaus noch der Vermieter Andreas Rieck, seine Frau Ailyn Kawé und zwei Studierende, Antonia und Hannes. „Alle kommen sehr gut miteinander klar. Das Zusammenleben klappt hervorragend“, lobt WG-Mitglied Andreas Rieck die Wohnsituation.
Dass es zwischenmenschlich zwischen den Bewohnern und dem neuen, geflüchteten Mitbewohner stimmen muss, ist auch der Initiative 83 wichtig. Deswegen organisiere das Team vorab ein Kennenlerntreffen in ungezwungenem Rahmen. Für jedes Wohnprojekt gibt es einen Paten, der das Einleben die ersten drei Monate lang begleite, sagt Till Hastreiter, einer der Projektinitiatoren. Vermieter Andreas Rieck lobt die Betreuung durch die Initiative 83: Die Projektleitung überwinde sämtliche Hürden der Bürokratie – so sei es für Privatleute, die Geflüchteten Zimmer anbieten, ganz einfach, ihren Beitrag zu diesem Integrationsprojekt zu leisten und dieses voranzubringen.

Die Initiative 83 soll eine Schnittstelle zwischen Bürgern mit ungenutztem Wohnraum und der Verwaltung bilden. Das Ziel: Pro tausend Einwohner von Konstanz soll ein Geflüchteter in einem privaten Zimmer unterkommen. 83 Zimmer wollen die Aktiven also finden, und nach sechs Wochen Laufzeit ziehen die Initiatoren eine positive Zwischenbilanz: Rund 27 Zimmer haben Privatleute aus dem Kreis Konstanz bisher der Initiative angeboten, elf Geflüchtete wie Mohammad hat die Projektgruppe bereits vermittelt. Das Team von „83“ habe alle Hände voll zu tun, so die Leiterin des Vermittlungsteams, Jelena Atanackovic. Die Zahlen stiegen täglich. Till Hastreiter hofft, dass der Initiative bis April Angebote für nahezu die Hälfte der geplanten 83 Zimmer vorliegen.

Mohammad kann sich nun erst einmal in aller Ruhe einleben.
Nicht nur er profitiert von der neuen Wohnsituation, die anderen Mitbewohner können auch von ihm viel über arabische Kultur und Sprache lernen. Dass Mohammad gut kocht, das hat sich bereits in der ersten Woche herausgestellt. Deswegen durchblättern die WG-Bewohner direkt das Kochbuch mit nicht syrischen, aber türkischen Spezialitäten und suchen nach Inspirationen. Tags darauf wollen die Bewohner zusammen Datteln im Speckmantel machen – aber mit Rinderspeck, weil Muslime wie Mohammad kein Schweinefleisch essen.

Das ist die Initiative und wie Interessierte helfen können

Projekt: Die Initiative „83 – Konstanz integriert“ vermittelt privaten Wohnraum als Anschlussunterbringung für anerkannte Flüchtlinge. 83 Zimmer will das Vermittlungsteam in Konstanz und darüber hinaus finden – analog zu den 83.000 Einwohnern von Konstanz. Die Mitarbeiter vernetzen Vermieter und Flüchtlinge und unterstützen bei Behördengängen und Mietvertrag. Die Miete für anerkannte Flüchtlinge, die noch keine Arbeit haben, übernimmt das Jobcenter.

Kontakt: Wer ein Zimmer anbieten will oder Fragen hat, erreicht das Vermittlungsteam von 9 bis 12 Uhr unter (0152) 28 99 67 41 oder im Büro in der Domschule des Münsters.