Dieser Mann macht richtig Lust auf Musik. Und zwar nicht nur auf das Klassische, Weihevolle, sondern vor allem auf Stücke jenseits des Massengeschmacks. Das liegt vielleicht auch an seinem unkonventionellen Lebenslauf: Attila Benkö, 42 Jahre, Kind eines Ungarn und einer Jugoslawin, lernte zunächst Maschinenbaumechaniker und hatte mit Musik nicht viel am Hut.
Doch seit 2005 ist der gebürtige Konstanzer festes Mitglied der Philharmonie Südwestfalen, einem Landesorchester in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus absolviert Benkö aktuell eine Ausbildung im Bereich Kulturmanagement und hat zahlreiche Gastauftritte mit Profi-Orchestern in ganz Deutschland. Wie kam es dazu?
Der Vater ein Schlager-Fan
"Ich stamme nicht aus einem klassischen Bildungshaushalt", erzählt Attila Benkö am Telefon. "Für mich war es nicht selbstverständlich, ein Instrument zu lernen." Doch sein Vater, ein Fan von Schlager, Volksmusik und Klarinette, meldete seinen Sohn beim Musikverein Wollmatingen an. "Dort war aber keine Klarinette mehr frei. Und weil ich der kleine Dicke war, drückte man mir ein Tenorhorn in die Hand", sagt der 42-Jährige lachend. Später stieg er auf die Tuba um und bereute dies nie.
Als musikalisches Sprungbrett und zweites Wohnzimmer bezeichnet er neben dem MV Wollmatingen auch den Musikverein Allmannsdorf, vor allem aber die Konstanzer Musikschule. "Ich bin sehr dankbar, dass diese Leute mich auf die richtige Spur gesetzt haben", so der Tubist. Begabung, Fleiß und die richtigen Lehrer sorgten dafür, dass er es in ein professionelles Orchester geschafft hat.
Das war eine harte Schule, erzählt der Ex-Konstanzer: "Für Tuba gibt es momentan nur vier offene Stellen in Deutschland. Einmal spielte ich mit 87 anderen Bewerbern für ein Engagement vor." Nun ist Attila Benkö ein Angestellter im öffentlichen Dienst, mit festen Arbeitszeiten und regelmäßigen Konzerten. Trotz intensiver Probenphasen hat der Tubist nicht immer viel zu tun: "In manchen Stücken habe ich das höchste Pro-Ton-Einkommen", erzählt er und berichtet von einer Konzertreise nach Mailand, die er exakt für das Spielen von 14 Tönen antrat.
Die Tuba aus dem Schattendasein holen
Doch weil längst nicht alle Komponisten die Tuba überhaupt in ihre Werke einplanen, bleibt Attila Benkö noch Luft für eigene Projekte und Gastauftritte. Die nutzt er, um "die Tuba aus ihrem Schattendasein zu holen", wie er sagt. Typische Musikerwitze über sein Instrument gebe es – anders als bei der Bratsche – zwar nicht. "Doch wir Blechbläser haben ohnehin einen rudimentären Ruf: Wir seien die Lauten aus der letzten Reihe".
Dass Tuba auch ganz anders kann, unkonventionell und witzig, will Attila Benkö bei seinem Auftritt mit dem Symphonischen Hochschulblasorchester der Universität Konstanz (besser bekannt als Wind Symphonica) beweisen. Durch den Kontakt mit dessen Leiter Ralph Brodmann kam es zum Gastspiel in der Heimat, auf das der 42-Jährige sich richtig freut: "Laien haben oft eine viel höhere Motivation als Profimusiker, und Wind Symphonica hat ein richtig gutes Niveau", meint Benkö.
Er wird das Concertino for Tuba and Concert Band von Rolf Wilhelm spielen, den der Tubist als "Hofkomponist von Loriot" bezeichnet. Entsprechend augenzwinkernd sei die Musik: Ein bisschen Jahrmarktcharakter, ein bisschen Oktoberfest. Anschließend gibt der Solist das Stück "Fnugg" zum Besten, norwegisch für "etwas Leichtes wie eine Schneeflocke". Dabei zeigt er einige Klangeffekte, die auf der Tuba möglich sind.
"Ich vermisse den Bodensee"
Dass der Auftritt in seiner alten Heimat stattfindet, freut Attila Benkö besonders. Er ist noch etwa zweimal im Jahr in Konstanz und genießt jede Reise in den Süden: "Den Bodensee, die Menschen dort, die hohe Lebensqualität vermisse ich schon. In Siegen haben wir ein raues Klima mit sehr viel Regen. Außerdem sind die Konstanzer im Vergleich zu den Siegerländern sehr offen", ergänzt der Musiker und endet mit einer nicht ganz neuen Erkenntnis: "Man merkt erst, was man an etwas hatte, wenn man weggegangen ist."
Der Musiker: Attila Benkö, 42 Jahre, kommt aus Konstanz und besuchte die Hauptschule (Gebhardschule), legte die Fachschulreife an der Zeppelin-Gewerbeschule ab und absolvierte eine Lehre als Maschinenbaumechaniker an der Uni Konstanz. Später studierte er Tuba an den Hochschulen für Musik in Karlsruhe und Freiburg. Weitere Studien führten ihn nach Linz, Salzburg und Maastricht. Benkö ist verheiratet und hat drei Töchter. In seiner Freizeit trifft er gern "schräge Menschen an ungewöhnlichen Orten", fährt Rad und Ski.
Das Konzert: Das sinfonische Hochschulblasorchester Wind Symphonica veranstaltet sein Winterkonzert am Samstag, 27. Januar, 20 Uhr, im Audimax der Universität Konstanz. Auf dem Programm stehen die musikalische Besteigung des Mont Blanc ("Mont Blanc – La voie royale" von Otto M. Schwarz), eine Reise zu den Pariser Juniaufständen der Studenten 1832 (Auszüge aus "Les Miserables", Claude-Michel Schönberg), die hie heimliche Nationalhymne Finnlands ("Finlandia", Jean Sibelius) und die Ouvertüre der Operette "Candide" von Leonard Bernstein. Karten (10 Euro, ermäßigt 6 Euro) sind bis Freitag, 26. Januar, je 11 bis 14 Uhr, im Foyer der Universität Konstanz, und im Konstanzer Bücherschiff erhältlich. Abendkasse: 12 Euro, ermäßigt 8 Euro. Weitere Informationen unter www.windsymphonica.uni-konstanz.de.