Julia Johannsen wäre so gern einmal entspannt mit ihrem kleinen Sohn auf dem Fußweg am Ufer Richtung Horn unterwegs, ohne ständig auf falsch fahrende Radfahrer achten zu müssen. So wie ihr geht es vielen. Auf der Flaniermeile Seestraße und auf dem Uferweg bis zum Horn fühlen sich Fußgänger zunehmend von Radfahrern bedrängt.
Trotz Verbots seien dort nicht mehr nur Einzelne mit dem Rad unterwegs, sagen Bürger sowie Hans-Peter Klauda und Angelika Mörsch als Vertreter des Stadtseniorenrats. Einige der Befragten beklagten, viele Falschfahrer seien rücksichtslos schnell unterwegs. Wer sie anspreche, werde beleidigt und bedroht.
Das sagen Bürger und Seniorenrat
„Viele fühlen sich von Radfahrern belästigt“, sagt Hans-Peter Klauda, Vorsitzender des Stadtseniorenrats, über die Lage an Seestraße und Seeuferweg. Angelika Mörsch, die für den Stadtseniorenrat spricht, kennt das Problem mit den falsch fahrenden Radfahrern auch aus eigener Anschauung. Sie sagt: „Ich habe das Gefühl, es ist schwieriger geworden. Das Bewusstsein, dass man aufeinander aufpasst, ist nicht da.“
Das Problem sei nicht unbedingt die Zahl der Falschfahrer, sondern dass sich viele zunehmend rücksichtslos verhielten. Sie beobachte dies bei Radfahrern aller Altersklassen. „Es sind nicht nur die Jungen, es sind auch die Älteren.“
Sie habe sogar schon Fahrer auf Sporträdern im Renntempo über die Flanierstrecke der Seestraße fahren sehen. Andere hätten Fußgänger beiseite geklingelt. Nur wenige hätten um Entschuldigung gebeten, wenn sie auf ein Fehlverhalten angesprochen worden seien.
Der Stadtseniorenrat fordert, die Ortspolizei müsste viel stärker mit Kontrollen präsent sein. „Man muss Druck ausüben und Respekt einfordern“, ist Angelika Mörsch überzeugt. Zudem müssten die Geldstrafen viel höher ausfallen.

Dass es mit dem Respekt gegenüber anderen schlecht bestellt sei, berichtet auch Julia Johannsen aus ihrer Erfahrung: „Die Radfahrer sind aggressiv im Sinne von schnellem Fahren.“ Wenn man sie auf ihr Fehlverhalten anspreche, bekomme man Reaktionen vom einfachen Abwinken über Zeigen des Mittelfingers bis zu Beleidigungen und Beschimpfungen.
„Ebenso wird Gewalt angedroht. Es sind alle Altersklassen dabei“, sagt Johannsen. Ihrer Beobachtung nach seien Konstanzer ebenso darunter wie Touristen oder Gäste aus der Schweizer Nachbarschaft. Andere Bürger berichten ähnliches, wollen aber lieber nicht mit dem Namen in der Zeitung stehen.
Manche sagen, sie hätten inzwischen resigniert oder trauten sich nicht mehr, Falschfahrer anzusprechen. Alle Befragten sehen die Notwendigkeit von mehr Kontrollen, und auch höheren Strafen.
Das sagt die Stadtverwaltung
Wer als Radler beim Falschfahren auf dem Fußweg erwischt wird, müsse 15 Euro zahlen, heißt es auf Nachfragen bei Walter Rügert, Sprecher der Stadt Konstanz. Die Stadt dürfe den Betrag nicht eigenmächtig heraufsetzen, sie sei an den bundesweit geltenden Bußgeldkatalog gebunden, also daran, was aus Berlin in dieser Sache vorgegeben wird.
Die Seestraße und der Seeuferweg, so schreibt Walter Rügert auf Anfrage, gehörten schon heute zu den Stellen, die als Schwerpunkt kontrolliert würden. Jede Woche rückten alle zur Verfügung stehenden Mitarbeiter der Ortspolizei einen Tag lang zu Radkontrollen zu wechselnden Stellen in der Stadt aus, darunter seien häufig die Seestraße und der Seeuferweg.
Fußgänger verhielten sich manchmal irrational. Sie warnten Radfahrer vor der Kontrolle. „Damit werden die Kontrollen gerade von den Fußgängern, die wir schützen wollen, erschwert“, erklärt Walter Rügert.
Auch bei Streifengängen schreite die Ortspolizei ein, wenn sie auf Falschfahrer trifft. Noch stärker als heute auf Schilder zu setzen, die zur Vernunft und Rücksicht mahnten, sei für die Stadt Konstanz kein Weg. „Zusätzliche Schilder führen unseren Erachtens nicht zu einem Rückgang der Verstöße.“
Das sagt die Landespolizei
Wenn es um Kontrollen des Radverkehrs an der Seestraße geht, dann ist die Ortspolizei auf sich allein gestellt. Die Landespolizei sei in dieser Sache dort nicht gezielt präsent, sagt Sprecher Oliver Weißflog auf Nachfrage.

Sie kontrolliere in unregelmäßigen Abständen Stellen in der Stadt, an denen sich besonders häufig Unfälle ereignen oder an denen es besonders häufig zu Verstößen kommt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verkehrsunfällen führen. „Dazu zählen beispielsweise die Missachtung des Rotlichts und das Benutzen der falschen Radwegseite. Jährlich werden mehrere hundert Radfahrer gebührenpflichtig verwarnt.“
Auf der Uferlinie zwischen Alter Rheinbrücke und Hörnle kam es laut Landespolizei in Konstanz seit 2016 bis heute zu fünf statistisch erfassten Verkehrsunfällen, an denen Radfahrer beteiligt waren. Dabei sei jeweils der Abschnitt Seestraße betroffen gewesen. Die Zahl der nie erfassten kleineren Kollisionen, bei denen niemand ernsthaft verletzt wurde, und der Beinaheunfälle dürfte allerdings hoch sein.
An der Seestraße steht ein schmaler Radweg, den sich Fahrer in beiden Richtungen teilen müssen, einer breiten Flanierfläche gegenüber. Radfahrer müssten den Weg benutzen, der für sie ausgeschildert sei, stellt Polizeisprecher Oliver Weißflog klar. Allerdings dürfe nicht jede Holperpiste zum beschilderten Radweg werden.
Sobald der Zustand Gefahren für Radfahrer berge, seien dem Grenzen gesetzt. „Bequemlichkeit und Komfort sind allerdings kein Ausschlusskriterium.“