Eines muss Daniel Groß gleich mal klarstellen. Dass der Rheintorturm schon 800 Jahre als sein soll, das stimme nicht, sagt der bekannte Stadtführer und -kenner. Anhand der Jahresringe seien die Balken in dem mächtigen Bauwerk datiert worden, und das Ergebnis lautet: Sie stammen aus der Zeit zwischen 1358 und 1360. Etwa 657 Jahre ist der Rheintorturm also alt, und es gibt einen weiteren Beweis dafür: Er steht auf einem Gelände, das erst im 13. und 14. Jahrhundert aufgeschüttet wurde. Die Festgesellschaft nimmt es gelassen – denn sie feiern auch nicht einen runden Geburtstag des Turms, sondern seiner neuen Nutzung. Vor genau 20 Jahren hatte die rührige Initiative Rheintorturm das Bauwerk von der Stadt Konstanz zur Nutzung bekommen. Und sie hat etwas aus dem Turm gemacht.

Wenn Helmut Grathwohl und Daniel Groß erzählen, verweben sich mittelalterliche und zeitgenössische Geschichte. Groß berichtet von der hölzernen Brücke, die bis zum 1. Juni 1856 hier den Rhein überspannte und dann einem schweren Brand zum Opfer fiel. Grathwohl spricht von einem Funken der Begeisterung, der in glühendes Engagement mündete. Weit mehr als 10 000 ehrenamtliche Arbeitsstunden leisteten Freiwillige, um den Turn zu sanieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen – mit großer Unterstützung durch die Denkmalpflege bei der Stadtverwaltung, wie der Vorsitzende der Initiative ausdrücklich betont. 

Aufwändiger Umbau im Turm

Er selbst und Max Braunschweig hatten 1996 die Idee, dem Rheintorturm einen neuen Zweck zu geben, 2001 folgte die Baugenehmigung der Stadt. Dach, Fenster, Balken, Heizung, sanitäre Anlagen: Viele packten mit an – und viele gaben Geld. Der unvergessene Walter Kaiser schuf eine Grafik, die zugunsten der Sanierung verkauft wurde, es gab Pins und Arbeitseinsätze von Gewerbeschülern und Stadtwerke-Lehrlingen. 200 000 Euro steckte die Initiative in das Bauwerk, abbezahlt zumeist über ehrenamtliche Bewirtungs-Leistungen beim Zeltfestival. Nur so ist es möglich, dass es im Rheintorturm heute im ersten Stock eine gemütliche Stube, im zweiten Stock einen Ausstellungsraum für Konstanzer Künstler und vor allem Schulen und im dritten Stock das Fasnachtsmuseum – nur zwei in Baden-Württemberg sind älter – gibt.

Beim Fest erinnert Helmut Grathwohl auch an vier Männer, die sich für den Turm besonders eingesetzt haben und diesen Geburtstag nicht mehr mitfeiern konnten: Tobias Schmutz, Ferdi Pilger, Elmar Brand und Walter Kaiser. Thomas Schlägel und Markus Weber können ihre Dankesurkunden selbst entgegennehmen – und sie wissen: Sie werden noch gebraucht. Denn das Fasnachsmuseum soll digital aufgerüstet werden, ein neues Beleuchtungskonzept ist geplant, ebenso die Versiegelung der Wände für die Werterhaltung des Turms. Zwischen 50 000 und 100 000 Euro seien nötig, sagt Grathwohl.

Aus den bescheidenen Eintrittsgeldern wird die Summe nicht zu stemmen sein – vor allem im Moment nicht. Grathwohl beklagt, dass wegen der Baustelle am Rheinsteig kaum mehr Touristen den Weg in den Turm fänden. Und, obwohl Stadträtin Christiane Kreitmeier als Vertreterin von Oberbügermeister Uli Burchardt in ihrem Grußwort noch gesagt hatte, der Rheintorturm sei nicht nur ein Wahrzeichen der Stadt, sondern dürfe auch im Besuchsprogramm nicht fehlen. Und das habe die Stadt der unermüdlichen Initiative zu verdanken.

Als die Festreden fast zu Ende sind, taucht Manne auf. So nennen sie im Rheintorturm ihren Hausgeist, und der Mann hinter dem Ganzjahres-Häs nimmt nicht nur zusammen mit Thomas Schlägel eine Urkunde entgegen. Sondern gibt seinen Dank auch zurück: Helmut Grathwohl bekommt eine Maske, die ihn verblüffend gut trifft.

Dass der Schalk seit 20 Jahren seine Heimat auch im Rheintorturm hat, das freut auch Daniel Groß: Von den fast 30 Türmen der einst dreieinhalb Kilometer langen Stadtmauer seien noch drei erhalten – und alle drei in der Hand von Narren. "Eine schönere Umnutzung", äußert Groß dazu, "kann ich mir nicht vorstellen."

Filzpuppen und Häser: Was es derzeit im Rheintorturm zu sehen gibt

Dauerausstellungen und ein wechselndes Programm: Ein Besuch im Rheintorturm lohnt sich immer. Im Moment gibt es das zu sehen:

  • Wechselausstellung: Die Hamburger Künstlerin Sigrid Timm fertigt seit 17 Jahren Hüte, Puppen und Masken an. Ihre Werke werden hauptsächlich für Theater und Puppenbühnen genutzt. Schon vor Jahren wurde sie bei einem zufälligen Besuch in Konstanz zur Fasnachtszeit inspiriert, auch Fasnachtspuppen zu kreieren. Jetzt zeigt sie ihre Arbeiten im zweiten Stock des Rheintorturms. Außerdem hat sie Papst Martin V. und König Sigismund geschaffen – zu sehen sind die beiden Figuren zusammen mit Interpretationen von Mächtigen unserer Zeit noch bis Ende Juli. Besonders bemerkenswert ist eine Dreiergruppe, die den US-Präsidenten Donald Trump, den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel darstellen.
  • Fasnachtsmuseum: Das Fasnachtsmuseum im dritten Stock des Rheintorturms hat seine Grundgestaltung von dem Grafiker Walter Kaiser erhalten. Hier werden annährend 40 Fasnachtsfiguren der Konstanzer Fasnacht in Lebensgröße ausgestellt. Zusätzlich gibt es Informationen über den Brauch des Fasnachtsfeierns am Beispiel der Konstanzer Fasnacht.Seit 2014 kann man die Konstanzer Fasnacht auch auf zwei Großbildschirmen in bewegten Bildern bewundern.
  • Öffnungszeiten: Der Rheintorturm ist zugänglich am Freitag von 18 bis 22 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr. Man kann aber auch weitere Termine ausmachen unter der Telefonnummer (0 75 31) 52602. Der Eintritt in den Turm mit Turmgalerie und Fasnachtsmuseum beträgt zwei Euro für Erwachsene und einen Euro für Kinder. Die Ausstellung von Sigrid Timm in der Turmgalerie ist ebenfalls zu den angegebenen Öffnungszeiten zu sehen. (rau)