Geschniegelt und gestriegelt gibt sich Konstanz gerne. Vorbei seien die Zeiten, als die Stadt als Sündenpfuhl galt. Gemeint sind nicht jene mittelalterlichen Jahre, für die am Hafen die berühmte Dirne als Statue mit zwei nackten Herren auf der Hand ihre Kreise zieht.

Sperrbezirk als Reaktion auf die Probleme der 60er-Jahre

Gemeint sind die 60er- und frühen 70er-Jahre, als gewichtige Bordellkönige aus Hamburg am Bahnhofplatz ihren persönlichen Traum einer Bodensee-Reeperbahn lebten – bis ein unzufriedener Freier dort eine Handgranate zündete, dadurch mehrere Frauen verletzte und die Stadtverwaltung die Bremse drückte: Schluss mit dem Straßenstrich entlang der Laube, weg mit den Bordsteinschwalben auf Klein Venedig, ein strenger Sperrbezirk musste her.

An den wenigen offiziellen Bordellen kann man mit verschämtem Blick vorbeigehen

Auf der Laube geht es der Politik heute um die Reduzierung des Verkehrs auf der Straße, für Klein Venedig wünscht sie sich irgendwann einen Freizeitbereich – für Kinder, Jugendliche oder junge Familien. Und an den wenigen legalen offiziellen Erotik-Lokalen im Oberlohn und am Fürstenberg? An ihnen können die Bürger verschämt grinsend vorbei gehen, mit dem Gedanken daran, was wohl hinter den Vorhängen geschieht.

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Tatsächlich sind die Zeiten des käuflichen Sex in Konstanz aber nicht vorbei, und er findet nach wie vor aus einer Schattenwelt heraus statt. Sieben Prosituierte, die offiziell im gesamten Landkreis wohnen und 81 die dort zumindest arbeiten sollen – wer soll das glauben? In Konstanz wird angeschafft, und zwar weit mehr, als das eine Handvoll legaler Bordelle oder Laufhäuser glauben ließen.

Standortvorteil: Anzahl der Hotels

Auch weil die Stadt einen Standortvorteil für illegal arbeitende Prostituierte besitzt: viele Hotels, die ab Oktober langsam leerer und damit günstiger werden. Die Gewinnspanne für die angebotenen Dienste wird dadurch größer. In die Portemonnaies der Frauen wandert das Geld oft nicht oder nur zu einem verschwindend geringen Anteil. Allem Anschein nach werden die häufig aus Osteuropa stammenden Frauen von Zuhältern für wenige Tage in die Stadt geschleust – die Taschen machen sich diese Hintermänner voll.

Prostitution per Internet-Anzeige erscheint einfach

Den Hoteliers aus Konstanz ist deswegen kein Vorwurf zu machen. Zumindest, wenn sie wirklich nichts davon wissen, wer sich wann für verbotene Sex-Geschäfte in ihre Zimmer einbucht. Möglich ist das heutzutage problemlos, illegal arbeitende Prostituierte werden sich kaum als solche an der Rezeption zu erkennen geben.

Für sie ist es ein Leichtes, eine Annonce im einschlägigen Anzeigenmarkt im Internet zu schalten, dort eine Handy-Nummer anzugeben und darauf hinzuweisen: "Adresse sage ich dir am Telefon!" Einen Click weiter buchen sie online ein Zimmer. Wem die Kreditkarte gehört, mit der sie bezahlen? Den Betreibern der Hotel-Internetportale ist das einerlei.

Legale Bordelle werden immerhin beobachtet

Vom legalen Bordellbetrieb kann man halten, was man möchte. Auch dort geht kaum eine der meist weiblichen Prostituierten ihrem Traumjob nach, auch außerhalb des großen Konstanzer Sperrbezirks läuft wohl nicht immer alles sauber, findet viel im Verborgenen oder hinter den Kulissen statt. Eines aber sind diese Lokale nun einmal: vom Gesetzgeber zugelassen und damit unter regelmäßiger Beobachtung.

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Ordnungsbehörden, Polizei, Finanzamt, sie alle wollen wissen, was dort geschieht. Dem entzieht sich die illegale Prostitution per Internet-Anzeige erfolgreich. Wenn an den erlaubten Bordellen kritisiert wird, dort werde zu wenig auf die Gesundheit der dort arbeitenden Frauen gelegt, so mag das stimmen. Im Straßenstrich von heute – dem Internet – ist das deutlich wahrscheinlicher.

Illegale Prostitution in Konstanz ist nicht weg, sie ist nur nicht mehr so sichtbar

Kaum jemand forderte bislang, dass hiergegen strenger vorgegangen wird. Weil es an der geschniegelten und gestriegelten Welt, in der die meisten von uns leben, vorbei geht. Im Internet bleiben die betroffenen Frauen unsichtbar, anders als rund um die berüchtigten Lokale der 60er-Jahre in der Konstanzer Altstadt oder wenn sie aufreizend die Laube entlang schlenderten.

Ob es diesen Frauen schlechter ging, als Luna, Jasmin oder Barbie Sarah aus dem Internet?