Nach mehrjährigem Streit rückt eine Entscheidung über die Zukunft des Konstanzer Flugplatzes näher. Das Gewerbeflächenkonzept, dessen umstrittenster Teil in der derzeigen Fassung die Beendigung des Flugbetriebs und die Umwandlung des Platzes in ein Gewerbegebiet ist, soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Dies sagte Marion Klose, die Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt, in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses. "Wir streben an, noch in diesem Jahr die Konzepte zu beschließen", sagte sie. Im bisher unwidersprochenen Entwurf heißt es, der Flugplatz solle aufgegeben werden, was großen Protest der bisherigen Nutzer erregt hatte.

Klose bestätigte, dass sich fast alle aus der Öffentlichkeit eingegangenen Stellungnahmen zu dem Gutachten aus dem Lörracher Büro Accocella auf die Passagen zum Landeplatz am westlichen Stadtrand beziehen. Da diese Einwände mit vielen Argumenten vorgebracht worden seien, habe die Stadt eine besonders präzise fachliche Klärung strittigen Fragen angestoßen, erklärte Oberbürgermeister Uli Burchardt die entstandene Verzögerung. Es gebe "sehr professionell arbeitende Leute auf den Seiten derer, die sagen: Wir wollen überhaupt keine Entwicklung."

Dass sie überhaupt keine Entwicklung wollten, bestreitet Peter Magulski, einer der Sprecher der Initiative für den Erhalt des Flugplatzes. Vielmehr gehe es ihnen ausdrücklich um eine Entwicklung des Landesplatzes, die aber nur möglich sei, wenn es auch eine langfristige Perspektive gebe. Marion Klose bestätigte, dass auch diese Option untersucht wird. Sie sei eine von vier Szenarien im Wertschöpfungsgutachten über die Fläche, das noch vor der Sommerpause erwartet werde. Das Papier war zunächst für das vierte Quartal 2016 und dann für das erste Vierteljahr 2017 versprochen worden.

Dieses Wertschöpfungsgutachten ist nach übereinstimmender Einschätzung beider Seiten ein wesentlicher Dreh- und Angelpunkt bei der Beurteilung der Flugplatz-Zukunft. Laut Marion Klose untersucht es, welche wirtschaftliche Bedeutung die Fläche hat – wenn gar nichts passiert; wenn sie zu zwei Dritteln in Gewerbegebiet umgewandelt wird; wenn sie komplett umgewandelt wird und als vierte Option wenn der Flugbetrieb gestärkt und in die Flieger-Infrastruktur investiert wird. Einfließen sollen auch die Erkenntnisse der aus den beiden bereits vorliegenden Untersuchungen zum Hochwasserschutz und zur Tierwelt.

Burchardt kritisierte indirekt, die hartnäckigen Untersuchungen der Flugplatz-Befürworter und ihr akribisches Hinterfragen der bereits vorliegenden Informationen sorgten dafür, dass der Prozess unnötig lange und teuer werde. Er hätte sich das Wertschöpfungsgutachten "schlanker" vorgestellt, so der Oberbürgermeister, aber die Stadt sehe sich gezwungen, die offenen Fragen sehr viel gründlicher als zunächst vorgesehen untersuchen zu lassen. Dem entgegnet Peter Magulski: "Es ist ein seltsamer Vorwurf, wenn man jene kritisiert, die durch kritische Recherche dazu beitragen, dass Fragen gründlich beantwortet werden."

Offen stellte sich Burchardt gegen den Petitionsausschuss des Landtags. Mit dem FDP-Abgeordneten Jürgen Keck als Berichterstatter hatte er im Oktober die Situation vor Ort besichtigt. Anschließend sagte der Landtagsabgeordnete dem SÜDKURIER: "Ich halte die Petition für berechtigt." Das hält Burchardt weiterhin für eine "unglücklich abgelaufene Aktion".

Aus der Politik wächst unterdessen der Druck, nach bereits mehreren verstrichenen Terminen endlich Klarheit über die Zukunft des Flugplatzes zu bekommen. CDU-Fraktionschef Roger Tscheulin sagte am Dienstag im Wirtschaftsausschuss, das Thema solle endlich einmal entschieden werden. Der Termin dafür lautet nun vor Ende des Jahres – wenn es denn dabei bleibt.

Flugplatz-Gutachten

Drei von externen Experten verfasste Dokumente sollen klären, ob auf dem Gebiet des Flugplatzes ein Gewerbegebiet entstehen kann. Zwei davon sind bereits fertiggestellt und veröffentlicht:

  • Ein faunistisches Gutachtenuntersucht die Auswirkungen einer möglichen Umnutzung auf die Tierwelt. Es kommt zu dem Schluss, dass bei Ausgleichsmaßnahmen auf die Grünfläche verzichtet werden könnte. Der Artenschutz sei zu gewährleisten, das nahe Naturschutzgebiet werde nicht erheblich beeinträchtigt.
  • Ein Gutachten zum Hochwasserschutz zeigt, dass ein Drittel der Flugplatz-Fläche im Gebiet eines 100-jährigen Hochwassers liegt. Es schlägt vor, Teile der Fläche auf ein höhrers Niveau aufzufüllen. Zudem müsse die Stadt belegen, dass der Flächenbedarf nicht anders zu decken ist, bevor hier gebaut wird.
  • Das Gewerbeflächenkonzept liegt im Entwurf vor, ist aber noch nicht beschlossen. Es stellt den Erhalt des Platzes in Frage und löste die Debatte aus. (rau)