Jahrelang diskutiert und am Ende doch nichts entschieden: Die Stadt Konstanz kommt bei der Frage nicht voran, wie das Angebot bei den Werkrealschulen (frühere Hauptschulen) und den Realschulen dauerhaft aussieht. Das zeigt sich wenige Tage nach der Gemeinderatssitzung, in der unter anderem über die Zukunft der Geschwister-Scholl-Schule und der Berchenschule diskutiert wird. Klar ist aber auch: An der Geschwister-Scholl-Schule werden zum neuen Schuljahr keine Werkrealschul-Fünftklässler anfangen. Das sagte Karlheinz Deußen, der Leiter des Staatlichen Schulamts auf Anfrage. Ihm zufolge gab es nur sechs Anmeldungen, während für die Werkrealschule Berchen mehr als 30 künftige Fünftklässler angemeldet wurden. Aus diesem Grund gebe es eine Lenkung der Betroffenen; die meisten werden ab September die Berchenschule mit dann zwei überschaubaren fünften Klassen besuchen.
Die Zahl der Anmeldungen wird das Staatliche Schulamt weiterhin genau beobachten, doch die Politik kann auch selbst handeln. Deußen bestätigte, dass das Kultusministerium die Schließung des Werkrealschul-Zweigs der Geschwister-Scholl-Schule von oben herab einleiten wird, wenn im Frühjahr 2016 weniger als 16 Anmeldungen vorliegen. Alternativ liegt der Beschlussantrag der Stadtverwaltung auf dem Tisch, den Werkrealschul-Zweig der GSS sofort auslaufen zu lassen und das Angebot an der Berchenschule zu konzentrieren. Als Nebeneffekt würden an der GSS dringend benötigte Klassenzimmer frei, während die Berchenschule einen Anbau bekäme.
Nach den verwirrenden Beratungen zuerst im Schulausschuss und dann im Gemeinderat wächst unterdessen der Druck auf Bürgermeister Andreas Osner. Viele Stadträte warfen ihm zuletzt vor, sein Dezernat stelle nicht die erforderlichen Grundlagen für seine sachliche Entscheidung bereit. Sogar aus der eigenen Partei kommt inzwischen die Kritik: SPD-Stadtrat Jan Welsch erklärte, bei der nächsten Beratung müssten "natürlich alle Informationen vorliegen", Anne Mühlhäußer (Freie Grüne Liste) sprach von einer "sehr, sehr unglücklichen Situation", Jürgen Faden (Freie Wähler) hielt Osner vor, es gebe einen "ganz klaren Fehler in Ihrem Hause" und schimpfte wörtlich: "So geht's nicht."
Allerdings hat auch das Staatliche Schulamt Konstanz Fehler gemacht, wie Karlheinz Deußen nicht nur schriftlich gegenüber Bürgermeister Osner, sondern auch im Gespräch mit dem SÜDKURIER einräumt. So habe eine Schulrätin auf Grundlage einer früheren Gesetzeslage erklärt, der Schulträger könne eine Schule weiterführen, wenn es dafür pädagogische Gründe gebe. Dies sei nicht mehr der Fall, so Deußen: Das Kultusministerium hebt Schulen auf, wenn die Nachfrage zu gering ist, und dabei spiele Pädagogik eben gerade keine Rolle. Sollte also die Stadt den Werkrealschul-Zweig an der GSS nicht selbst schließen, hängt es allein von den Anmeldungen für das Schuljahr 2018/19 ab.
Osner verteidigte die Pläne seiner Verwaltung im Gemeinderat am Donnerstagabend noch einmal. "Wir müssen den Realitäten ins Auge sehen", sagte er – der mit riesiger Mehrheit des Schulausschusses gefallene Beschluss für den Erhalt des Werkrealschul-Zweigs an der GSS ist aus seiner Sicht nach wie vor falsch, zumal das Land den Schulversuch an der einstigen Modellschule und auch die richtungsweisende Orientierungsstufe mit Kombiklassen aus dem Werkreal- und dem Realschulzweig an der GSS beendet hat. Nach den Ferien muss der Schulausschuss neu entscheiden.
Sinkende Nachfrage
Zum Schuljahr 2011/21 waren 13,5 Prozent der künftigen Fünftklässler auf die Haupt- und Werkrealschulen angemeldet, zum neuen Schuljahr 2017/18 sind es noch 5,8 Prozent – oder nur 39 von 624. Mit der Schließung der Hauptschulen Zoffingen, Stephan und Dettingen hat die Stadt bereits reagiert. Nun steht im Raum, dass es nur noch eine Werkrealschule gibt. Ein pädagogisches Argument dagegen ist, dass Schüler bei massiven Problemen nicht mehr die Schule wechseln können. (sk)