Selma Burnukara

Tom Coraghessan Boyle ist bei Lesungen kein Langweiler. Im Gegenteil, als einer der größten zeitgenössischen US-Autoren macht er bei seinen Auftritten so manch einem Theaterschauspieler etwas vor. Es ist eine kleine Inszenierung mit klarer Aussprache, ohne Hänger, mit präzisen Betonungen und Gesten. So reißt T.C. Boyle seine Hörer mit, sogar dann, wenn es bei deren Englischkenntnisse ein wenig hapert. Überhaupt ist die starke Persönlichkeit des T.C. Boyle auf der Bühne des Konstanzer Konzils, wo er auf Einladung der Buchhandlung Osiander seinen Anfang 2017 in deutscher Übersetzung erschienenen Roman "Die Terranauten" vorstellt auf eine sympathische und authentische Art präsent. Mit intelligentem Humor beantwortet er in den Lesepausen Fragen der Moderatorin zu den unterschiedlichsten Themen wie Politik, Naturschutz oder zwischenmenschliche Beziehungen und selbstverständlich zum aktuellen Buch.

Mit seiner starken Persönlichkeit ist T.C. Boyle auf der Bühne sofort auf eine sehr sympathische Art präsent und absolut einnehmend.
Mit seiner starken Persönlichkeit ist T.C. Boyle auf der Bühne sofort auf eine sehr sympathische Art präsent und absolut einnehmend.

Mit von der Partie sind die Schauspielerin Lydia Roscher sowie die Literaturwissenschaftlerin Schamma Schahadat. Roscher liest professionell aus der deutschen Übersetzung des Buches, was Boyle – sehr schön erkennbar an seiner Mimik während Roschers Auftritt – offensichtlich gut gefällt.

Auch Schahadat als Moderatorin des Abends kann trotz schwieriger Vorzeichen – sie ist kurzfristig für die erkrankte Journalistin und Autorin Margarete von Schwarzkopf eingesprungen – mit Souveränität punkten. Innerhalb von nur einem Tag und einer Nacht habe sie das Buch lesen und sich auf diesen Abend vorbereiten müssen, erklärt sie den rund 550 Besuchern, die die obere Etage des Konstanzer Konzils füllen. Und dass diese am Ende noch in Kauf nehmen, geraume Zeit anzustehen, um sich Bücher signieren zu lassen, versteht sich von selbst.

Mit einer klaren Aussprache, ohne zu stottern oder hängen zu bleiben, mit präzisen Betonungen, Änderungen der Lesegeschwindigkeit und ...
Mit einer klaren Aussprache, ohne zu stottern oder hängen zu bleiben, mit präzisen Betonungen, Änderungen der Lesegeschwindigkeit und auch seinen Gesten riss T.C.Boyle auch diejenigen Hörer mit, die Englisch vielleicht nicht so gut verstehen.

"Die Terranauten" ist neben vielen Kurzgeschichten und Sammlungen der 16. Roman des Autors. Begonnen hat er 1982 mit dem Bestseller "Wassermusik" und veröffentlicht seither, fast schon voraussehbar, alle zwei Jahre eine neue Geschichte, worunter sich einige Verkaufsschlager befinden. Und er scheint diesem Zweijahres-Rhythmus weiterhin treu zu bleiben. Denn sein neuestes Werk hat er wohl erst vor Kurzem zu Ende geschrieben, wie im Konzil zu erfahren war. Es wird in Deutschland voraussichtlich im Frühjahr 2019 erscheinen. Häufig nimmt er reale historische Figuren oder Begebenheiten als Grundlage, um die er seine fiktiven Geschichten spinnt. So auch bei den Terranauten. Dieser Roman geht auf ein sehr groß angelegtes, teures aber eher pseudowissenschaftliches Experiment namens Biosphäre 2 aus den Jahren 1991 bis 1993 zurück.

T.C. Boyle hatte nach der Lesung noch viel zu tun. Viele der 550 Hörer, die ins Konzil gekommen waren, wollten auch Bücher signieren lassen.
T.C. Boyle hatte nach der Lesung noch viel zu tun. Viele der 550 Hörer, die ins Konzil gekommen waren, wollten auch Bücher signieren lassen.

Dabei waren acht Personen, vier Männer und vier Frauen, zwei Jahre lang in einem künstlichen erschaffenem, unter einem Glasdach hermetisch abgeschlossenem, 1,6 Hektar großen Ökosystem in Arizona eingesperrt und sollten den Beweis liefern, dass es möglich ist, beispielsweise den Mars zu besiedeln und sich selbst zu versorgen. Die Teilnehmer standen damals ständig unter Beobachtung, sowohl von den Machern, als auch von der Öffentlichkeit. Damit gleicht die Situation etwa der Perspektive, die die Fernsehsendung Big Brother einnimmt.

T.C. Boyle macht daraus eine amüsante, satirische Geschichte, die aus den drei Perspektiven der Protagonisten und Antagonisten erzählt wird. Apropos Satire: Am vergangenen Sonntag hat er in Zürich den Johathan-Swift-Preis, eine internationale Auszeichnung für Satire und Humor entgegengenommen. Gewürdigt wurde er, weil er zu den "großen Wortweltenerbauern der Gegenwart" gehöre. Wer seine Bücher kennt, kann das nur bestätigen.

Der Autor

T.C. steht für Boyles Vornamen: Tom Coraghessan. Er kam im Jahr 1948 in New York als Sohn irischer Einwanderer zur Welt. Nach seinem Geschichtsstudium lehrte er für kurze Zeit an seiner alten High School. Ihn zog es allerdings schnell in die Literatur. Einer seiner Förderer war John Irving. Heute zählt Boyle selbst zu den größten zeitgenössischen Autoren der USA. Nach der Veröffentlichung seines Debüts "Tod durch Ertrinken" im Jahr 1979 ging es Schlag auf Schlag, T.C. Boyle hat seither zahlreiche Bücher veröffentlicht. 26 Stück sind es laut seiner eigenen Homepage bislang.

Er erhielt etliche Auszeichungen für seine Werke, darunter auch für sein erstes Buch. Seine aktuellste Veröffentlichung heißen "Die Terranauten" und "Grün ist die Hoffnung". Boyle lebt nahe Santa Barbara (Kalifornien) mit seiner Frau und drei Kindern. Er lehrt als Literaturprofessor an der University of Southern California. (phz)

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