Die geplante Verwendung von Hakenkreuz-Symbolen während einer Theateraufführung von George Taboris „Mein Kampf“ in Konstanz ist nicht strafbar. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Das Konzept sei von der Kunstfreiheit gedeckt. Daher werde kein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen des Stadttheaters eingeleitet. Vor der umstrittenen Premiere am Freitag (20. April) waren bei der Behörde mehrere Anzeigen eingegangen, nachdem das Theater angekündigt hatte, Hakenkreuze gegen Freikarten zu verteilen.
Konkret ging es um einen möglichen Verstoß gegen den Paragraphen 86 des Strafgesetzbuchs. Demnach ist es verboten, Kennzeichen verfassungswidriger Organe zu verwenden oder öffentlich zu verbreiten, herzustellen oder vorrätig zu halten. Wer dagegen verstößt, dem drohen eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Da die Symbole aber Teil der Inszenierung sind, ist die Aktion durch die Kunstfreiheit gedeckt, so die Behörde.
Theaterintendant Nix: Kein PR-Gag
Zum selben Schluss kam bereits ein vom Theater in Auftrag gegebenes Gutachten einer Berliner Kanzlei. Darin ist auch die Rede davon, "dass die Ausgabe der Hakenkreuze möglicherweise auch deshalb gewählt wurde, um Aufsehen zu erregen und zu schockieren". Theaterintendant Christoph Nix hatte noch am Dienstag bei einer Pressekonferenz betont, dass es sich bei der Aktion sicher nicht um einen PR-Gag handle.
Regisseur Serdar Somuncu sagte ebenfalls bei der Pressekonferenz, dass man sich noch immer im künstlerischen Prozess befinde. Wie die Aktion letztendlich abläuft, werde sich bei der Premiere am morgigen Freitag zeigen. Es könne auch sein, dass sich jeder eine Mickey Maus anstecken soll, so Somuncu.
Die Inszenierung „Mein Kampf“ feiert am 20. April – am Geburtstag Adolf Hitlers – im Stadttheater Premiere. Gegen die Eintrittsstruktur regte sich schnell Widerstand, das Theater hält aber an der Idee fest. Wer zur Aufführung im Theatersaal ein Hakenkreuz-Symbol trägt, erhält freien Eintritt. Wer dagegen eine Karte kauft, kann sich entscheiden, ob er einen Davidstern als Zeichen der Solidarität mit den jüdischen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft tragen will.
"Hier werden Grenzen in verantwortungsloser Weise überschritten"
In einem Brief an den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt schreibt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Konstanz Minia Joneck: "Die Menschenwürde meiner Familie wurde unter diesem Symbol verletzt. Sie wurden verfolgt, gepeinigt, mussten in Vernichtungslagern Zwangsarbeit leisten und Mitglieder meiner Familie wurden in Ausschwitz ermordet. Müssen erst grölende Nazis mit Hakenkreuzen am 20. April im Theater Konstanz auftreten, damit die Stadt Konstanz diese Ungeheuerlichkeit unterbindet?"
Auch Kulturbürgermeister Andreas Osner verurteilt die Aktion: "Hier werden Grenzen in verantwortungsloser Weise überschritten, die auch im Namen der Kunst nicht überschritten werden dürfen. Die Symbole 20. April als Geburtsdatum Hitlers, Hakenkreuz und NS-Davidstern für diese Provokation zu instrumentalisieren, ist für mich nur schwer zu ertragen. Hier wird mit den Gefühlen unserer jüdischen Mitbürger gespielt und ich frage mich, ob dieser Preis für Publicity nicht zu hoch ist."
Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärte die Stadtverwaltung, dass man die Aufführung nicht unterbinden werde, da die Aktion durch die Kunstfreiheit gedeckt ist und juristisch geprüft wurde.