Als Ruth Frenk dieses Bild gesehen hat, konnte sie es erst gar nicht glauben. „Ich lebe jetzt seit mehr als 40 Jahren in Konstanz, aber so einen antisemitischen Ausbruch habe ich noch nicht erlebt“, sagt die in der Stadt bekannte jüdische Künstlerin.
Das Bild, das sie so entsetzt hat, entstand auf dem Konstanzer Friedhof und zeigt ein großes Grab. Darüber ist in schwarzer Farbe die Parole „Juden in das Gas“ geschmiert. Wer über den Friedhof läuft, erkennt, es ist längst nicht die einzige Grabschändung. Auch auf anderen Steinen finden sich Sätze wie „Ich hasse Deutsche“, „Deutsche raus aus Syrien“, „Christ tot“ und „IS“.
Das Pikante an der Sache – die Schmierereien sind nicht neu. Bereits Anfang Februar hatte die Polizei darüber informiert, der SÜDKURIER hatte berichtet
Der Denkmalschutz erschwert die Restauration der Gräber
Dass diese Parolen auch drei Wochen nach Bekanntwerden noch immer sichtbar sind, hält Ruth Frenk für einen Skandal. „Schlimm genug, dass es Idioten gibt, die solche Sachen auf Gräber schmieren, aber dass es so lange geduldet wird, finde ich fast unerträglich“, sagt die 69-Jährige.
Auch bei der Friedhofsverwaltung ist man nicht richtig glücklich damit, aber es gebe durchaus einen Grund dafür, erklärt Leiterin Barbara Behrensmeier: „In dem einen konkreten Fall mit dem Schriftzug „Juden in das Gas“ konnten wir es noch nicht entfernen, da es sich bei dem beschmierten Stein um einen denkmalgeschützten Stein handelt“, so Behrensmeier.
Dabei gehe es nicht um das konkrete Grab, sondern um das Steinmaterial an sich. Man sei aber in Gesprächen mit der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt, um abzuklären, wie man die Schmiererei für den Stein möglichst schonend entfernen kann, erläuterte sie weiter.
„Das kann man nicht einfach so wegwischen, sondern muss man schon sehr behutsam machen“, sagte Behrensmeier. Auch an anderen betroffenen Orten, wie dem Denkmal für Euthanasieopfer, sei man mit Restauratoren dabei, die Parolen zu entfernen.
Noch ist kein Täter gefunden
Bei der Polizei laufen die Ermittlungen in der Sache weiterhin. Ein politischer Hintergrund der Tat gilt als sehr wahrscheinlich. Bislang habe man aber noch keinen Täter ausfindig machen können“, erklärt Polizei-Pressesprecher Bernd Schmidt. Die Wahrscheinlichkeit, die Verantwortlichen für die Schmierereien zu finden, sei insgesamt auch eher gering: „Es gibt keine Videoüberwachung in dem Bereich und auf unseren Zeugenaufruf hat sich bislang niemand gemeldet“, sagt Schmidt.
Für Ruth Frenk ist wichtig, dass man über solche Vorfälle redet. „Ich hoffe, dass sich am Ende die Gemeinsamkeit derjenigen, die solche Taten verurteilen, verstärkt“, so Frenk. Sie fordert schon seit Jahren einen Runden Tisch bei der Stadt in dem sich Kirchen, Initiativen, politische Parteien und die gesamte Stadtgesellschaft gemeinsam für ein stärkeres Miteinander einsetzen und auch gemeinsam Gedenktage wie den Holocaust-Gedenktag (27. Januar) planen. Bislang ohne Erfolg. „Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt, diese Idee endlich umzusetzen“, meint Frenk.