Die Notzeiten, in denen jede Woche hunderte Flüchtlinge in Konstanz per Bus ankamen und untergebracht werden mussten, sind vorerst vorbei. Das zeigt sich vor allem an einem Vergleich: Im Dezember 2015 wurden der Stadt 426 Menschen zugewiesen. Ein Jahr später, im Dezember 2016, sind es 28. Diese Zahlen stellte Sozialbürgermeister Andreas Osner in einem Zwischenbericht im Gemeinderat vor. Demnach rücke die Unterbringung von Flüchtlingen in Notunterkünften langsam in den Hintergrund – dafür gibt es weitere Platzprobleme bei der anschließenden Unterkunft.
Derzeit werden die Notunterkünfte wie die Leichtbauhalle in der Schwaketenstraße nach und nach geräumt, voraussichtlich im März wird sie abgebaut sein. Auch die Notunterkunft in der Turnhalle in Dettingen soll im kommenden Jahr abgebaut werden, erklärte Osner. Ab 1. Januar gilt außerdem eine neue Vorgabe des Landes: Jedem Flüchtling steht eine Wohn- und Schlaffläche innerhalb von sieben Quadratmetern zu. Vorher waren es 4,5 Quadratmeter. Viel ist das eigentlich sowieso nicht, aber auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Konstanz nicht einfach umzusetzen. "Unsere Platzkapazitäten in den Gemeinschaftsunterkünften gehen damit wieder eklatant nach unten", sagte Osner. "Das muss mit der Verteilungsquote neu verhandelt werden." Im kommenden Jahr sollen die Menschen gleichmäßig auf die Gemeinschafts- und Anschlussunterkünfte im Landkreis verteilt werden. Gaby Weiner (Junges Forum Konstanz) mahnte, die Verteilung mit Augenmaß anzugehen. "Wir haben hier hoch motivierte Leute, die wir intensiv zum Beispiel in Deutschkursen betreut haben und die dann plötzlich in Hilzingen sind. Es ist schade, wenn gerade die Engagierten abwandern."
Unterdessen liegt in Konstanz der Fokus verstärkt auf die Unterbringung von denen, die bleiben dürfen und denen die Stadt eine Anschlussunterkunft stellen muss, sollten sie keine Wohnung finden. Im Frühjahr ziehen die ersten Bewohner in den Massivbau im Zergle in Wollmatingen ein. Das Haus bietet Platz für 72 Menschen. An beiden Standorten sei man weiter im Gespräch mit den Anwohnern und plane auch Eröffnungsfeiern, so Osner. Unterdessen hat sich allerdings die Interessensgemeinschaft Zergle/Öhmdwiesen aus den Konsultationsgesprächen zurückgezogen. Die Gruppe hatte sich im Sommer 2015 gegründet und wollte nach eigener Aussage bei der Eingliederung von Flüchtlingen helfen, lehnte aber von Anfang an eine Anschlussunterkunft in der Größe, wie sie jetzt kommt, ab.
Auch im Ortsteil Egg hatte es Widerstand gegen die ursprünglich geplante Bebauung der Egger Wiese gegeben. Letztlich verlagerte die Stadt das Bauprojekt an die Landesstraße an den Ortseingang. Das Haus dort nimmt langsam Form an, die 40 Bewohner sollen im Mai einziehen, sagte Osner. Ebenfalls im Frühjahr soll das Pilotprojekt der Stadt in Sachen Anschlussunterkunft bezugsfertig sein: In der Schottenstraße wird ein Modulbau entstehen, in dem 16 anerkannte Flüchtlinge leben können und der bei Bedarf später auch für andere Wohnzwecke genutzt werden könnte. Weitere sieben Standorte für die Modulbauten wurden eigentlich schon festgelegt. Vorgesehen waren insgesamt 70 bis 90 Wohneinheiten im Stadtteil Paradies, am Sportplatz Dingelsdorf, in Litzelstetten West, am Friedhof Konstanz, in der Allmannsdorfer Ortsmitte sowie am Längerbohl.
Die Flächen gehören größtenteils der Stadt, der Kirche und privaten Eigentümern. Bei der Planung und den Verhandlungen habe es allerdings Verzögerungen gegeben, räumte Osner ein. "Aber es haben sich auch neue Möglichkeiten ergeben." Demnach gebe es Verhandlungen mit Eigentümern, auf deren Grundstücken eine Massivbau mit gemischter Nutzung möglich sei.
Aktuelle Zahlen
- 742 Menschen leben derzeit in der Erstunterbringung in Konstanz, einschließlich der Notunterkünfte
- 150 Geflüchtete leben außerdem in privaten Wohnungen. Einen erheblichen Anteil dazu hat das Projekt „83 integriert“ beigetragen, die zwischen Anbietern und Suchenden vermittelt haben und dafür auch vor Kurzem mit dem Deutschen Bürgerpreis ausgezeichnet worden sind.
- 46 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge sind in Konstanz untergebracht.
- 29 Menschen sind über den Familiennachzug nach Konstanz gekommen. Ursprünglich hatte das Bundesamt für Migration angekündigt, man müsse damit rechnen, dass innerhalb von drei Wochen 400 Flüchtlinge nachkommen, erklärte Sozialbürgermeister Andreas Osner im Gemeinderat und fügte hinzu: „Das hat sich so bisher noch nicht bewahrheitet, trotzdem kommt das Thema langsam.“