Wer den Berghof Bucher in Riedheim besucht, fühlt sich rasch in ein Idealbild ländlicher Idylle versetzt: Drei Generationen kümmern sich um rund 90 Ochsen. Die ein und drei Jahre alten Enkel Leon und Marie gehören dabei ebenso dazu wie Hofhund Rufus und eine scheue Katze. Dabei sah es nicht immer so idyllisch aus: Die Milchkrise machte dem Hof in der Vergangenheit zu schaffen. Und weil die Milchpreise weiter von anderen gemacht werden und damit kein verlässliches Standbein waren, stellt der Berghof Bucher nun um: Die Landwirte setzen nun auf Hühner und Eier statt auf Milch und Kühe.
Nach zwei Jahren Planung werden derzeit zwei Ställe derzeit fertig gestellt und können am Sonntag, 8. März, besichtigt werden. Darin werden bald 7810 Hühner wohnen. Mit einem Tag der offenen Stalltür wollen Buchers das zeigen, was sich der Verbraucher in ihren Augen wünscht: Regionalität und Transparenz.

Lebensmittelautomat wird ebenfalls eingerichtet
„Die Nachfrage speziell nach Freilandeiern ist groß“, sagt Lukas Bucher. Er sitzt mit seiner Familie am Küchentisch, nachdem sie gemeinsam die nahegelegenen Hühnerställe gezeigt haben. 235 Eier isst ein Deutscher durchschnittlich pro Jahr, erklärt der studierte Landwirt, doch nur 32 Prozent der in Baden-Württemberg verzehrten Eier kommen auch aus dem Bundesland. Viele werden aus den benachbarten Niederlanden importiert und haben viele Kilometer Transport hinter sich, bis sie in deutschen Supermärkten liegen.
Die regionalen Eier aus dem Hegau sollen sowohl auf dem Hof als auch bei Lebensmittelautomaten und in Supermärkten erhältlich sein. Einen Automaten mit anderen regionalen Produkten richten Buchers derzeit in Riedheim im alten Milchhäusle ein. Für den Kernort Hilzingen sind sie noch auf der Suche nach einem Standort.
Von wenigen Hühner für den Eigenbedarf zu zwei Ställen
Die Hühner sollen es gut bei ihnen haben, das betont die Familie mehrfach. Deshalb habe sie sich auch für Freilandhaltung entschieden: „Es gefällt uns ja auch selbst dann zu sehen, wie die Hühner draußen rum rennen.“ In den vergangenen Jahren hielt die Familie nur vereinzelt Hühner für den Eigenbedarf, künftig sollen es 7810 sein. Was viel klingt, sei für eine professionelle Haltung noch wenig, sagt Lukas Bucher: Der Großteil deutscher Hühner, 24 Prozent, wird in Betrieben zwischen 10 000 und 30 000 Tieren gehalten, wie Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung belegen. 19 Prozent leben in riesigen Betrieben mit über 200 000 Artgenossen. Einen Hühnerstall in der Dimension, wie er in Riedheim entstanden ist, erleben nur sechs Prozent der Hühner. Und einen Ausblick auf den Hegau haben wohl nur die der Familie Bucher.

Land fördert den tier- und artgerechten Neubau
Der Stall soll besonders tier- und artgerecht sein, dafür wird er vom Land gefördert. „Es gab viele bauliche Vorschriften“, erinnert sich der Landwirt. Unter anderem deshalb dauerte die Planung so lange: Vor mehr als drei Jahren besuchte die Familie erstmals eine Messe, um sich über professionelle Hühnerhaltung zu informieren. Der Bauantrag war im Dezember 2018 fertig. „Da reden dann viele mit, so haben wir ziemlich viele Ämter kennengelernt“, erklärt Senior Claus Bucher.
Seitdem ist viel geschehen und wo die Hühner künftig leben sollen, ist nach langer Planung alles vorbereitet: In zwei großen Ställen kommen je 3905 Tiere unter. Dort finden sie einen dunklen Bereich, wo sie Eier legen können: „Hühner sind Fluchttiere, deshalb müssen sie sich beim Eierlegen zurückziehen und sicher fühlen können“, erklärt Lukas Bucher. Bei den Legeboxen gibt es nun ein Laufband, das die Eier zur Sortiermaschine bringt, und ein weiteres, das den Kot auf den Misthaufen befördert.

Heutzutage sei viel Technik in so einem Stall verbaut: Es wird beispielsweise überwacht, wie viel die Tiere essen und trinken. Bei Abweichungen können die Landwirte gleich nachsehen, woran das liegt. Zu Freilandhühnern werden sie dank Wintergarten und 16 000 Quadratmetern Auslauffläche – mit Blick auf den Hohentwiel.
Fehlen nur noch die Tiere, doch die werden erst nach dem Tag der offenen Stalltür (siehe Kasten) ankommen. Die ersten sind für Dienstag, 10. März, angekündigt und die restlichen sollen fünf Wochen später kommen. 18 Wochen sind die Tiere dann alt. Sie stammen von einem Familienbetrieb, der sich allein um die Aufzucht von Küken kümmert. So kann die Eierproduktion nach und nach anlaufen, sagt Lukas Bucher – denn alle Beteiligten müssten sich erstmal an den neuen Betrieb gewöhnen.
Anfangs sind die Eier etwas kleiner als sonst
Zwei Wochen Eingewöhnungszeit müsse man rechnen, bevor die ersten Eier gelegt werden. Und die sind anfangs wahrscheinlich noch nicht so groß, wie es in Rezepten üblich ist. Auch wenn ein Huhn alt wird, merkt man das an den Eiern, denn dann wird die Oberfläche teils nicht mehr so glatt und kann verfärbt sein. Was mit den Tieren geschieht, wenn sie zu alt zum Eierlegen sind, mussten Buchers von Anfang an mitdenken: Sie sollen zu Suppenhühnern oder Tierfutter verarbeitet werden.

Für die Familie ist die Umstellung auch ein Risiko: „Wir haben die Tiere schon im September bestellt, da war grad mal die Bodenplatte fertig.“ Selbst die Weihnachtstage hätten sie intensiv auf der Baustelle verbracht, damit alles rechtzeitig fertig wird. Nun sind die Ställe fast fertig, die letzten Arbeiten stehen noch an: Leitungen für Wasser und Strom sind verlegt, müssen aber noch angeschlossen werden. Ein Probelauf ist für Donnerstag geplant, dann wird auch das Futtersilo gefüllt. Bleiben Freitag und Samstag, um das Fest vorzubereiten.
Zwischen 22 und 33 Cent pro Ei wollen sie verlangen, je nach Größe. Im Supermarkt können es drei oder vier Cent mehr sein. „Wir werden sehen, ob die Verbraucher bereit sind, das Geld für ein regionales, tiergerechtes Ei in die Hand zu nehmen“, sagt Marlies Bucher. Die Familie Bucher ist da aber zuversichtlich.
