Krieg und Frieden, das kennt die junge Generation in Bosnien aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Folgen des Kriegs hat auch die Gottmadinger Autorin Ulrike Blatter, einst als Ärztin im Krisengebiet tätig, dort erlebt und fühlt sich bis heute – 22 Jahre nach Kriegsende – verantwortlich für die Menschen am Balkan. Gemeinsam mit der Gottmadinger Arbeiterwohlfahrt organisiert sie die Awo-Bosnienhilfe und macht sich immer wieder auf den Weg in die Region, die die Krise der 90-er Jahre noch längst nicht überwunden hat.

Gerade junge Menschen im Land am Rande Europas erleben, dass auch die Lebensgestaltung in Friedenszeiten eine Herausforderung ist. Für Ulrike Blatter ist das Glas aber nicht halb leer: "Bosnien ist ein Versuchslabor." Mit ihrem Mann Joachim hat sie 1700 Kilometer bis Bosnien durch sechs Länder auf dem Rad zurückgelegt. „Durch die langsame Art voranzukommen, erlebten wir das Land in seiner ganzen Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit. Wir kamen mit vielen Menschen ins Gespräch und bringen unverstellte Eindrücke mit, die uns nachdenklich machten aber auch Anlass für Hoffnung und Optimismus geben“, erklärt Blatter nach ihrer Rückkehr von der teilweise abenteuerlichen Reise bis Sarajevo.

Sturm und Regen waren tagelang treue Begleiter von Joachim und Ulrike Blatter. "Wir haben es mit Humor ertragen – jedenfalls ...
Sturm und Regen waren tagelang treue Begleiter von Joachim und Ulrike Blatter. "Wir haben es mit Humor ertragen – jedenfalls meistens...", berichtet die Gottmadinger Autorin. Ihre Reiseerlebnisse will sie in Buchform veröffentlichen. | Bild: Privat

Grandios sei der Empfang gewesen: "Begleitet von jungen Bosniern radelten wir zum offiziellen Ziel und wurden nicht nur von zwei Fernsehteams empfangen, sondern auch in der deutschen Botschaft", berichtet die engagierte Autorin. Glücklich macht die Initiatorin, dass das Projekt erfolgreich läuft. "Wir haben viel erlebt und müssen doch feststellen, dass die Aktion noch lange nicht beendet ist", so Blatter gegenüber dem SÜDKURIER. Hoffnung mache aber die Resonanz vor Ort. „Ihr macht uns Mut“, zitiert sie die Worte eines bosnischen Studenten, der sich vor Ort ehrenamtlich für die gute Sache einsetzt.

Seit fast zwei Jahrzehnten begleiten die Blatters Projekte, die jungen Menschen eine bessere Zukunft ermöglichen sollen. Das Besondere: die Arbeit wird ausschließlich durch junge Bosnier geleistet, die als Freiwillige durch den Verein ausgebildet werden und so auch erste Berufspraxis erfahren. Damit soll in dem Land, das unter extrem hoher Jugendarbeitslosigkeit leidet, der wachsende Auswanderungswelle etwas entgegengesetzt werden. Stolz macht Blatter, dass der Trägerverein inzwischen komplett in bosnische Hände übergeben werden konnte.

"Dass dies funktionierte, war eine wirkliche Sternstunde nachhaltiger Entwicklungsarbeit." Man könne beobachten, dass nicht nur die Freiwilligen gewachsen sind, sondern auch neue Unterstützer nachwachsen. So könne nicht nur die dringend gebrauchte, gut ausgebildete Generation im Land gehalten werden, sondern es öffnen sich auch Möglichkeiten zum Brückenbau für Heimkehrwillige aus Deutschland, um das Versuchsfeld Bosnien zukunftsfähig zu machen. „Wir zeigen in unseren multiethnischen Projekten, dass Zusammenarbeit möglich ist“, betont Blatter.

Bürgerschaftliches Engagement sei in Bosnien nicht üblich und schon gar nicht in friedlicher Zusammenarbeit der drei ehemals verfeindeten Ethnien, die sich auch heute noch oft mit tiefem Misstrauen gegenüberstehen. "Aber allmählich beobachtet man einen Umschwung", so Blatter. Dies mache deutlich, wie wichtig die Arbeit in der krisengeschüttelten Region sei.

Die Aktion

  • Die AWO-Bosnienhilfe unterstützt das Mentorenprojekt „Ältere Schwester, älterer Bruder“ in dem sich aktuell 186 bosnische Studierende um Kinder in Risikosituationen kümmern, darunter Waisen, Heimkinder und Kinder aus zerrütteten Familien, die teilweise gezwungen werden durch Betteln oder durch Müllsammeln ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
  • Mehr Info im Internet unter www.ulrike-blatter.de/mein-projekt-2 oder direkt bei Ulrike Blatter per E-Mail: ulrikeblatter@aol.com
  • Spendenkonto: AWO-Bosnienhilfe IBAN: DE45 6925 1445 3027 2404 68 BIC (Sparkasse Engen/Gottmadingen): SOLADES1ENG (bie)
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