Freunde der Literatur kamen im Liebenfelsischen Schlösschen auf ihre Kosten: Als eine Lesung des grenzüberschreitenden Literaturfestivals „Erzählzeit ohne Grenzen“ stellte Lukas Maisel dem 50-köpfigen Publikum sein neuestes Werk „Tanners Erde“ vor.

Der 36-jährige Autor, gebürtiger Züricher, hat am Literaturinstitut in Biel studiert. Sein Debut-Roman „Buch der geträumten Inseln“ wurde hochgelobt. Es erhielt den Förderpreis des Kantons Solothurn und den Terra-Nova-Preis der Schweizerischen Schillerstiftung.

Zur Novelle „Tanners Erde“ inspirierten ihn 2009 Meldungen über Einsturz-Dolinen im Kanton Basel-Land. 2011 begann er zu schreiben. Die Geologie war für ihn nicht interessant. In seiner kafkaesken Geschichte vom Bauern Tanner, auf dessen Land sich völlig unerklärlich zwei Löcher auftun, deren Tiefe bis an das andere Ende der Welt zu reichen scheint, verlegt er das Geschehen auf eine metaphysische Ebene. „Nicht eigentlich besonders originell“, wies Maisel auf einen Essay von Kurt Tucholsky als weiteren Ideengeber hin.

Stilistisch beeinflusst habe ihn Alfred Döblin, insbesondere auch dessen Kollagenprinzip. Und so ist auch Maisels Text von Bibelzitaten und Kinderreimen durchsetzt. Als Vorbild für seinen Protagonisten Tanner schilderte er seinen Großvater – ein Bauer mit einem Dutzend Kühen. Um den Alltag auf einem Bauernhof besser kennenzulernen, hat Maisel vier Wochen lang in der Landwirtschaft gearbeitet. Man merkt, er weiß Bescheid: Er beschreibt liebevoll akribisch und in ganzer Fülle Details bis hin zu den angebundenen Kuhschwänzen. Erzählt er von einer Jass-Runde, meint der Zuhörer, das Kartenspiel fast in Echtzeit erleben zu können.

Sehr lebhaft gestaltete sich die abschließende Diskussionsrunde. Die Verlegung auf das Metaphysische forderte die Zuhörer zu einer ganzen Reihe von Interpretationen und Vermutungen über das Ende der Geschichte heraus. Ob eine davon zutraf – das wollte Maisel selbstverständlich nicht verraten.

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