„Nehmt bitte eure Plätze ein. Der Sopran hier“, ruft Siegfried Schmidgall die Chormitglieder im Kirchenraum zur Ruhe auf. Für die einzelnen Stimmlagen im Chor gibt es kleine Schildchen auf den geflochtenen Holzstühlen. Die Minikantorei hatte bereits ihre Probe. Nun stoßen die älteren Sänger des Vokalensembles Gaienhofen und der Kantorei der evangelischen Schlossschule zu einer gemeinsamen Probe mit den Musikern der Philharmonie hinzu.
Wer von den Instrumentalisten auf die Toilette muss, bekommt von dem Dirigenten während der Aufwärmübung der Chöre für fünf Minuten die Gelegenheit. „Wir müssen ein wenig leise sein, damit wir voran kommen.“

Plötzlich herrscht nach dem letzten Aufruf des Dirigenten Stille. In weniger als einer Minute hatte Siegfried Schmidgall den riesigen Chor unter seiner Kontrolle. Während dem Einsingen der Sopranistinnen schrauben sich die Tonleitern bis in schwindelerregende Höhen: „Tie-ja, tie-ja, tie-ja-ha-ha-ha“, schallt es präzise durch die Melanchthon-Kirche. Für das dritte Adventswochenende proben nahezu 250 Sänger und Musiker ein festliches Weihnachtprogramm der Chormusik für die Höri-Halle ein.

Mit Paukenschlägen, Trompeten, Geigen und Glockenklänge beginnt das erste Chorstück bei den Proben. „Die Orchesterprobe war richtig toll. Und die Schüler steigen nun begeistert mit ein“, schwärmt Dirigent Schmidgall während einer Probenpause gegenüber dem SÜDKURIER: Das 60-köpfige Vokalensemble Gaienhofen stemmt in einer musikalischen Kooperation mit den Schülern und Schülerinnen der Kantoreien von der evangelischen Schlossschule an zwei Tagen eine über 15.000 Euro teure Musikproduktion.
Hinter dem Konzert stehen eine enorme Logistik mit verschiedenen technischen Teams für den Aufbau der Podeste in der Höri-Halle sowie für den Ton, die Lichtgestaltung und für die Hallendekoration, aber auch ein durchdachtes Probenmanagement für die insgesamt rund 250 Sänger und Musiker.

„Die Weihnachtskonzerte sind die aufwendigsten Konzerte, die man sich vorstellen kann“, erläuterte Dorothea Fischer. Mit ihrem Ehemann Siegfried Schmidgall koordiniert sie die Konzert-Produktion und die Probenzeiten wie ein präzis laufendes Uhrwerk. Man habe für die Sänger und Musiker kein fertiges Notenheft zur Hand, sondern zig Stücke mit verschiedensten Komponisten aus den unterschiedlichsten Epochen und Verlagen.
Jeder Musiker bekommt sein eigenes Notenpaket mit der zu ihnen passenden Stimmlage. Die Partituren manch klassischer Werke haben die Breite von einer Tapetenrolle und zusammengefaltet nahezu auch deren Länge – untereinander gegliedert für die Stimmen und Instrumente.
Die Zuhörer erwartet ein vielseitiges Programm mit unterschiedlichen und abwechslungsreichen Musikstilen – vom Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach bis hin zu modernen Pop-Liedern und mit einer Reihe neuer Arrangements bekannter Melodien, die man so nur vom Vokalensemble und den beiden Kantoreien zu hören bekommt.
Drei Generationen im Alter von elf bis 80 Jahren singen ein weihnachtliches Repertoire von 27 Liedern aus einem Zeitraum von über vier Jahrhunderten – abwechselnd, gemeinsam und mit Solisten der Chöre. Es bewirtet der Elternbeirat der evangelischen Schlossschule im Foyer der Höri-Halle.